Der Tod kommt in schwarz-lila
Steuer und verriegelte die Tür. Ängstlich blickte sie zu dem Haus hinüber. Sie sehnte die Polizei herbei wie noch nie in ihrem Leben.
*
Martin Trevisan ärgerte sich über die hochnäsige Art des Richters. Seit einer Viertelstunde saß er ihm gegenüber und versuchte ihm klarzumachen, in welcher Gefahr er sich möglicherweise befand. Doch Richter Kollmann lächelte nur.
»Ich habe in meinem Leben schon so viele Mörder, Vergewaltiger und Räuber ins Gefängnis geschickt, dass ich irgendwann zu zählen aufgehört habe«, antwortete Kollmann und zündete sich eine Zigarre an. »Wenn ich mich von jeder Drohung gleich einschüchtern ließe, dann wäre ich den ganzen Tag nur mit meiner Angst beschäftigt.«
»Es geht hier aber nicht um irgendeinen Verbrecher, es geht um den Wangerland-Mörder. Durch Ihren Beschluss wurde er damals in der Psychiatrie untergebracht. Jetzt ist er wieder frei und rächt sich an all denen, die er für sein Schicksal verantwortlich macht.«
»Und was macht Sie so sicher, dass ausgerechnet mein Name auf seiner Todesliste steht?«
»Ich sagte doch, wir sind uns nicht sicher. Wir wissen nur, dass Sie an dem Verfahren vor zehn Jahren beteiligt waren. Sie sind eines der möglichen Opfer. Er tötet seine Opfer an ganz bestimmten Tagen. In Ihrem Fall tippen wir auf den 18. Juli. Zumindest wurde der Beschluss, den Sie erließen, an diesem Tag ausgefertigt.«
Die Gesichtszüge des Richters verschwammen im blauen Dunst der Zigarre. »Dann habe ich ja noch ein bisschen Zeit«, antwortete er ironisch.
»Sörensen hat bisher sieben Menschen getötet. Er hat sich durch nichts davon abhalten lassen. Er ist gefährlich und rücksichtslos. Sein eigenes Schicksal interessiert ihn nicht. Er sucht offenbar seinen eigenen Tod.«
»Und warum fangen Sie ihn dann nicht?«
Trevisan platzte der Kragen. »Wir tun alles, was wir können, aber wir sind auf Ihre Kooperation angewiesen. Wenn Sie aber der Meinung sind, dass Sie alleine mit der Situation zurechtkommen, dann nur zu. Es wird für Sie auch einen Platz auf dem örtlichen Friedhof geben. Was sollen wir auf Ihren Grabstein schreiben? Hier starb ein Held?« Trevisan rang um seine Fassung.
»Schon gut, schon gut«, beschwichtigte der Richter. »Aber ich kenne den Mann wirklich nicht. In einem solchen Verfahren verfügt ein Richter die Einweisung in die Psychiatrie nach Aktenlage. Ich habe mich am Gutachten orientiert. Ich habe diesen Sörensen kein einziges Mal gesehen. Ich habe nur die Einweisung meines Kollegen bestätigt. Verstehen Sie? Wenn der Kerl sich an jemandem rächen will, dann entweder an meinem Kollegen, der unmittelbar mit ihm in Kontakt stand, oder am Gutachter. Ich bin in dieser Kette nun wirklich nur das letzte Glied.«
»Ich sagte ja auch nur, dass Sie ein mögliches Opfer sein könnten. Es muss nichts heißen. Ich bitte Sie nur, in der nächsten Zeit vorsichtig zu sein und einsame Orte zu meiden. Ich werde die Kollegen anweisen, dass sie verstärkt Streife in Ihrem Wohngebiet fahren. Sollten Sie eine ungewöhnliche Feststellung machen, dann rufen Sie mich bitte sofort an.« Trevisan reichte dem Mann seine Karte und ging.
»Herr Trevisan«, rief ihm der Richter nach. »Entschuldigen Sie meine etwas sorglose Art. Ich danke Ihnen für Ihren Besuch. Sobald ich etwas feststelle, das außerhalb der Norm liegt, rufe ich Sie an.«
Als Trevisan zu seinem Wagen kam, klingelte das Telefon. Ein Kollege von der Bereitschaft war am Apparat. »Soeben kam ein Fax, dass die Kollegen in Bremerhaven einen gestohlenen Wagen sichergestellt haben. Es handelt sich um den hier gestohlenen Renault aus dem Parkhaus am Bahnhof. In der Fahndungsnotierung steht, dass Sie beim Auffinden des Wagens sofort verständigt werden sollen.«
»Wo genau wurde er gefunden?«
»Er stand auf einem Parkplatz in der Nähe des Hafens.«
Trevisan bedankte sich und beendete das Gespräch. Kollmann wohnte in Wilhelmshaven. Richter Eigenrauch wohnte in Schortens und Terberge in Nordenham. Was also wollte der Wangerland-Mörder in Bremerhaven? Er blickte nachdenklich in den Himmel. Hatte er sich getäuscht, gab es noch jemanden, der in Gefahr schwebte und von dem er nichts wusste?
*
Als Monika Sander von der Hauptstraße in Richtung Westen abbog, änderte sich schlagartig das Erscheinungsbild der Stadt. Die kleinen Häuschen verschwanden, große Villen mit ausladenden Grundstücken versteckten sich nur unzureichend hinter Büschen und Sträuchern. Sie schaute auf die
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