Der Tod kommt in schwarz-lila
werde mich heute Abend mit ihr unterhalten müssen.«
»Jemand sagte mal zu mir, in diesem Alter sind wohl alle gleich«, antwortete Trevisan.
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
»Hast du schon eine Ahnung, wo der pensionierte Arzt seinen Lebensabend verbringt?«
Monika nickte. »Ich habe gestern mit der Klinikleitung gesprochen. Sie haben mir die Adresse gegeben. Er wohnt in Nordenham. Ich werde später zu ihm hinüberfahren. Mir ist da noch etwas eingefallen.«
»Was denn?«
»Der Wagen, der aus dem Parkhaus gestohlen wurde, war bis zum 17. Juli dort untergestellt. Das könnte dafür sprechen, dass er vor diesem Datum seine nächste Tat ausführen wird.«
Trevisan hörte nachdenklich zu.
»Sicherlich könnte er sich wieder des Wagens entledigen und einen neuen stehlen, aber er hätte dann auch gleich einen anderen nehmen können. Trotzdem hat er sich ausgerechnet für den Kleinwagen entschieden, in dem – gut sichtbar für alle – der Zettel mit dem Ablaufdatum der Parkberechtigung hinter der Windschutzscheibe lag.«
»Damit kämen die Richter und der Arzt in Betracht«, folgerte Trevisan.
»Es sei denn, Dietmar und Tina werden im Krankenhaus fündig und es gibt ein weiteres Datum, das innerhalb dieser Zeitspanne liegt.«
»Ich werde mit der Chefin reden. Wir werden Überwachungstrupps brauchen. Vier Leute mindestens. Sechs sind besser. Morgen ist der 13. Juli. Wenn er es auf Richter Eigenrauch abgesehen hat, dann werden wir es bald wissen.«
Monika nickte.
»Wir treffen uns heute Mittag um drei im Besprechungsraum.«
Als Monika in ihrem Büro verschwand, blickte ihr Trevisan gedankenverloren nach.
*
Maria Dagovica steckte den Schlüssel in das Schloss und drehte ihn vorsichtig um. Sie hatte ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Schon als sie das Grundstück betreten hatte, war ihr aufgefallen, dass das große Tor nur angelehnt war. Das war noch nie vorgekommen. Ihr Chef legte immer großen Wert darauf, dass alles ordentlich verschlossen wurde, wenn er verreiste. War es ein Versehen?
Maria war froh, diese Arbeitsstelle gefunden zu haben. Sie war auf das Geld angewiesen. Als allein erziehende Mutter von drei Kindern musste sie sehen, wo sie blieb. Seit einem Jahr machte sie den Haushalt für den pensionierten Doktor. Und der Doktor war immer großzügig zu ihr gewesen, wenngleich er in manchen Sachen sehr pingelig sein konnte. Sie wusste, dass er reich war. Das Haus lag im Westen von Nordenham. Hier waren die Reichen zu Hause. Das Villenviertel. Ein Haus schöner als das andere. Manchmal, wenn sie mit ihrem altersschwachen Peugeot in die Straße einbog, kam sie sich so fehl am Platz vor wie ein kleiner Sperling unter lauter Paradiesvögeln. Maria war im Osten der kleinen Stadt aufgewachsen. Dort, wo die Mietskasernen standen und die Straßen schmutzig und eintönig waren.
Als sie den Flur betrat, schaute sie sich mit wachen Augen um. Der Doktor war gestern aufgebrochen. Er war mit seinem Boot und der Staffelei auf die Reise gegangen. Er hatte ihr seine Tour penibel aufgeschrieben und darunter seine Handynummer vermerkt. Das machte er immer so, wenn er sich auf eine Exkursion begab.
»Aber nur, wenn die Welt aus den Fugen gerät«, hatte er noch zu ihr gesagt. Sie hatte wie immer gelächelt.
Vorsichtig schlich sie sich durch den Flur. Etwas stimmte hier nicht. Das ungute Gefühl weitete sich aus. Sie überlegte, ob sie einfach umdrehen und die Polizei holen sollte, doch sie verwarf den Gedanken. Die Polizisten würden sie für verrückt halten, wenn sie ihnen von der unverschlossenen Gartentür erzählte. Sie schob die breite Schiebetür auf und betrat den Salon. Ihr Blick fiel auf die Verandatür. Ein Luftzug strich über ihr Gesicht. Der Vorhang bewegte sich im Rhythmus des Windes. Eiskalt lief es ihr über den Rücken. Jemand war hier gewesen – oder war er sogar noch im Haus? Sie lauschte. Nichts war zu hören. Nur die Stimmen der Vögel, die ihr Mittagskonzert durch den geöffneten Spalt in den Salon sangen. Sie verharrte regungslos. Was sollte sie tun?
Ein lautes Krachen ließ sie herumfahren. Mit schreckgeweiteten Augen starrte sie auf den Eingang. Doch es war nur die Haustür, die zugefallen war. Oder hatte sie jemand zugestoßen?
Voller Panik rannte sie zum Telefon und wählte die Nummer der Polizei. Sie blickte hinaus in den Flur. Überall meinte sie Schatten zu sehen. Sie warf den Hörer auf die Gabel und rannte über die Veranda hinaus zu ihrem Wagen. Sie setzte sich ans
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