Der Tod kommt in schwarz-lila
und kleine Motorboote, Segelyachten und einfache Ruderboote dümpelten im dunklen Wasser. Sie zerrten und zogen an ihren Fesseln, doch die starken Taue lagen fest an den Pollern an. Gallwitz ging voraus. In Höhe eines Pollers blieb er stehen. Der Platz war leer.
»Hier lag das Boot des Doktors«, sagte er zu Trevisan.
Gallwitz ging weiter. Als er am Ende des Steges ankam, verharrte er vor einem weiteren Pfahl, an dem kein Boot anlag. »Das gibt’s doch gar nicht«, murmelte er. »Hier müsste eigentlich das Boot der Fergusons liegen. Aber es ist weg. Das darf doch wohl nicht wahr sein!«
»War das Boot heute Morgen noch hier?«
»Aber natürlich«, erwiderte der Alte aufgeregt.
»Kann es nicht sein, dass die Besitzer zu einer Spritztour aufgebrochen sind?«
»Die Fergusons wohnen in der Schweiz und sind nur in den Ferienzeiten hier. Es kann nicht sein. Ich habe den Schlüssel zu Hause.«
»Kann man ein solches Boot stehlen, ich meine, kriegt man den Motor zum Laufen?«
»Eigentlich nicht«, erwiderte Gallwitz. »Das Boot war ohne Sprit. Ich habe die Tanks geleert.«
Trevisan dachte an den Benzingeruch im Renault. »Ich brauche eine detaillierte Beschreibung des Bootes und natürlich auch eine von Terberges Yacht«, forderte Trevisan scharf, dann ging er zum Wagen zurück.
Monika sah an seinem Blick, dass etwas nicht stimmte. Fragend blickte sie ihn an.
»Er hat ein Boot gestohlen«, sagte Trevisan.
*
Tief sog Terberge die Luft in seine Lungen. Er blickte auf die untergehende Sonne und fühlte sich entspannt und glücklich. Er hatte noch genügend Zeit. Eine Stunde würde es dauern, ehe es dunkel wurde. Er lag auf seiner Decke und wartete geduldig, bis der glühend rote Ball in das Wasser tauchte. Das friedvolle Rauschen des Wassers hatte etwas Beruhigendes. Er genoss diese Augenblicke aus vollen Zügen.
Der alte Westturm war ein imposantes Gebäude. Er war zufrieden mit seinem Gemälde. Er wusste nicht, wie oft er das alte Wahrzeichen von Wangerooge schon gemalt hatte. Aber immer wieder fand er eine neue Perspektive. Eine neue Art der Darstellung.
Eine halbe Stunde später erhob er sich und packte seine Staffelei zusammen. Bis zum Westanleger, wo er einen ruhigen Liegeplatz für seine Yacht gefunden hatte, hatte er noch ein Stückchen zu gehen. Er genoss den Spaziergang durch die hohen Dünen und den Blick auf das silbrig schimmernde, weite Watt.
Nachdem er seine Utensilien an Bord verstaut hatte, verschloss er die Kajüte, zog eine Windjacke über und verließ das Boot in Richtung des Dorfes. Langsam wurde es dunkel. Er holte seine Taschenlampe hervor. Eine Viertelstunde später erreichte er die ersten Häuser. In einem kleinen Restaurant am Dorfrand aß er zu Abend. Zwei Stunden später kehrte er zu seinem Boot zurück.
Es war stockdunkel, als er auf den Liegeplatz zuging. Einen Augenblick lang meinte er etwas gehört zu haben. Ein Geräusch. Ein Schaben oder Knarren. Er verharrte und leuchtete mit seiner Taschenlampe hinaus in die Nacht. Nichts war zu erkennen. Ein Schaudern lief über seinen Rücken. Er schüttelte den Kopf und ging weiter.
Auf dem Boot fand er alles unverändert vor. Er öffnete die Kajüte und schaltete das Licht ein. Die Helligkeit beruhigte ihn. Trotz der fortgeschrittenen Stunde war es noch warm. Er setzte sich an Deck und blätterte in einer Zeitschrift. Insekten umschwirrten die Bootsbeleuchtung. Er fasste sich an den Hals. Etwas hatte ihn gestochen. Er hatte genug für diesen Tag. Er war müde. Bevor er hinunter in die Kajüte ging, leuchtete er nochmals mit der Taschenlampe die Umgebung ab. Es war still geblieben. Das Geräusch hatte er nicht mehr gehört. Dennoch hatte er ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Er fühlte sich beobachtet.
*
»Wenn wir mit einem großen Aufgebot suchen, dann verscheuchen wir ihn nur«, sagte Trevisan entschlossen. »Wir müssen es anders versuchen.«
Monika nickte. »Wenn sich Terberge an seine Tour hält, dann ist er am 16. auf Borkum. Dort können wir ihn in Empfang nehmen.«
»Aber da kann es schon längst zu spät sein«, erwiderte Trevisan. »Terberge hat vor, sich dort um drei Uhr mittags mit seinen Töchtern zu treffen. Aber der 16. beginnt bereits um Mitternacht.«
»Norderney. Wir fliegen nach Norderney, dort warten wir auf ihn«, schlug Till Schreier vor. »Es ist die letzte Station auf seiner Reise. Also wird er sich bestimmt am 15. dort aufhalten.«
»Wir sollten mit ihm Kontakt aufnehmen«, warf Dietmar Petermann
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