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Der Tod kommt in schwarz-lila

Titel: Der Tod kommt in schwarz-lila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefne
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ab und drängten die Schaulustigen zurück. Die alte Frau überlegte, ob sie weitergehen sollte, doch sie verwarf den Gedanken. Es war ihre Pflicht, hier zu warten. Vor ihr standen ein paar Teenager. Sie scherzten und lachten, als wäre alles nur ein großer Spaß. Die alte Frau schüttelte den Kopf und schob sich langsam durch die Menge. Plötzlich tauchte vor ihr ein großer und kräftiger Polizist auf.
    »Wer hat uns angerufen?«, schrie er in die Menge. Das Gemurmel der Menschen verstummte, um dann kurz darauf nur noch heftiger aufzuflammen. Der Beamte wiederholte seine Frage.
    »Ich … ich … habe ihn gefunden«, kam es schüchtern über ihre Lippen. »Den anderen Mann habe ich auch gesehen. Er ist in Richtung Kirche gelaufen.« Der Polizist schaute skeptisch auf sie herab. »Sie waren das?« Die alte Frau nickte.
    Der Beamte bahnte ihr einen Weg zum Wagen und öffnete ihr die Beifahrertür. Zögerlich nahm die Frau Platz.
    »Können Sie den Flüchtigen beschreiben?«, fragte der Polizist, nachdem er sich auf die Fahrerseite gesetzt und einen Schreibblock gezückt hatte.
    »Ich habe ihn genau gesehen«, antwortete die Frau bestimmt. Der Polizist lächelte freundlich.
    Sie beschrieb den Flüchtigen mit aller Akribie und vergaß auch nicht die große Kreole im linken Ohr zu erwähnen. Eine Kreole mit einem Stein besetzt. Ein auffälliges Schmuckstück für einen Mann.
    *
    Trevisan schenkte sich einen Kaffee ein und sah aus dem Fenster. Klein wie Ameisen wirkten die Menschen, die unten auf der Straße vorübergingen.
    »Ich bin mir zu hundert Prozent sicher«, sagte Dr. Mühlbauer bestimmt. »Ein Pfeil mit einer Schaftbreite von etwa fünf Zentimetern. Die gleichen roten Farbpartikel wie bei dem Rentner auf Wangerooge. Mittlerweile wissen wir, dass es eine Art Kunstharzlack ist.«
    »Konnte der Mann sich wehren, schreien oder sonst etwas?« Doktor Mühlbauer schüttelte den Kopf. »Der Holländer ist innerhalb kürzester Zeit ausgeblutet. Nicht viel länger als ein paar Minuten. Der Pfeil trat unterhalb des Ringknorpels in die linke Halshälfte ein und durchtrennte nicht nur die Schlagader, sondern auch Teile des Rückenmarks. Der Wundkanal verlief um fast fünfundvierzig Grad schräg nach oben. Keine Spuren eines Kampfes. Ich würde fast sagen, er wurde vom Tod überrascht.«
    Trevisan schlug die Akte der Spurensicherung auf und betrachtete die Bilder von Mijboers Leiche. »Wahrscheinlich hat sich der Täter irgendwo hinter dem Beiboot versteckt und auf seine Chance gewartet. Könnte als Tatwaffe eine Harpune …«
    »Das habe ich mir auch schon überlegt«, fiel ihm der Pathologe ins Wort, »aber ich will Ihren Ermittlungen nicht vorgreifen. Im letzten Urlaub auf den Malediven habe ich einen Tauchkurs gemacht. Wenn Sie mich fragen, Trevisan, kommt das der Sache am nächsten.«
    »Und Willemsen?«
    »Mit dem Stauerhaken erschlagen. Die Schädeldecke wies mehrere Trümmerbrüche auf. Gehirnverletzungen waren die Folge. Er hat vermutlich noch eine halbe Stunde gelebt, doch zur Gegenwehr oder zu einer Bewegung war er nicht mehr fähig.«
    Trevisan überlegte. Willemsen war ein großer und kräftiger Mann gewesen, aber auch er war ohne jeglichen Widerstand gestorben. Es gab nicht einmal eine Abwehrverletzung an den Armen. Das ließ nur den Schluss zu, dass der Täter auf dem Ruderhaus auf sein Opfer gelauert hatte. Willemsen hatte keine Chance gehabt.
    »Wer von den beiden ist zuerst gestorben?«, murmelte Trevisan nachdenklich.
    Der Doktor zuckte mit den Schultern. »Das, verehrter Trevisan, müssen Sie herausfinden. Dafür liegt der Todeszeitpunkt beider Leichen zu nahe beieinander. Der einzige Unterschied zwischen den drei Leichen ist wohl, dass der Täter für Willemsen und den Holländer einen relativ schnellen Tod beabsichtigt hat, während der alte Hansen zuerst niedergeschlagen und dann wie die Katze im Sack ertränkt wurde.«
    Trevisan nickte.
    »Noch etwas ist sehr bemerkenswert«, fuhr Doktor Mühlbauer fort. »Der abgeschnittene Finger der linken Hand stammt nicht von einer Abwehrreaktion wie anfangs gedacht. Er wurde oberhalb des zweiten Gliedes sauber abgetrennt. Die Prellungen und Hautabschürfungen stammen von dem Sturz und dem Einwickeln in das Fischernetz.«
    Trevisan wurde hellhörig. »Sie wollen damit sagen, Hansen wurde niedergeschlagen, dann schnitt ihm der Täter den Finger ab, wickelte den Mann in ein Netz und warf ihn über Bord?«
    »Etwa in dieser Reihenfolge. Der Schlag gegen seinen

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