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Der Tod kommt wie gerufen

Der Tod kommt wie gerufen

Titel: Der Tod kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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unbekannte Nummer mit einer 704-Vorwahl.
    Ich war neugierig und schaltete ein.
    »Go Mustangs« , sagte eine Männerstimme.
    Ich war müde, abgelenkt und, um ehrlich zu sein, enttäuscht, weil der Anruf aus der Gegend und deshalb nicht von Ryan kam. Meine Antwort war deshalb nicht allzu höflich.
    »Wer dran?«
    Seine Erwiderung war die erste Zeile des Schlachtgesangs der Myers Park Highschool.
    »Hallo, Charlie.«
    »Bereit für diesen Kaffee?«
    »Ist gerade ein schlechter Zeitpunkt.«
    »Um sechs? Sieben? Acht? Du musst es nur sagen.«
    »Ich habe den ganzen Tag in Dreck gewühlt. Ich bin müde und schmutzig.«
    »Wenn ich mich recht erinnere, bist du im Saubermachen richtig gut.« So etwas hörte man im Süden öfters.

    Ich bin leistungsfähig. Ich spiele hart. Ich arbeite hart. Manche Leute schaffen das alles und sehen trotzdem immer aus wie aus dem Ei gepellt. Ich gehöre nicht dazu. Nach unseren Tennismatches sah Charlie immer noch aus wie ein GQ -Model. Ich meistens wie eine getaufte Maus.
    »Danke. Glaube ich.«
    »Von Katy weiß ich, dass du Lammkoteletts magst.«
    Der plötzliche Schwenk traf mich unvorbereitet.
    »Ich –«
    »Meine Spezialität. Wie wär’s damit? Du duscht, während ich auf den Markt gehe. Wir treffen uns um sieben bei mir. Du entspannst dich, während ich den Salat mache und die Koteletts auf den Grill werfe?«
    Holla, mein Bester!
    »Katy ist natürlich auch eingeladen. Ich fange sie ab, bevor sie hier weggeht.«
    Ich nahm an, dass seine Mitverschwörerin direkt neben ihm stand.
    »Es war ein langer Tag«, sagte ich.
    »Eine Dusche macht eine neue Frau aus dir.«
    »Aber die alte hat morgen früh immer noch einiges an Arbeit zu erledigen.« Das klang sogar in meinen Ohren lahm.
    »Hör zu. Du magst Lammkoteletts, ich mag Lammkoteletts. Du hast keine Lust auf Kochen. Ich schon.«
    Ertappt.
    »Ich muss noch ins ME-Gebäude und ein paar Insekten verschicken. «
    »Schneckenpost?«
    »Vorwiegend Fliegen.« Ich musste einfach grinsen. »Schnecken sind Weichtiere.«
    »Also Luftpost«, sagte Charlie.
    »Ich kann aber nicht lange bleiben.«
    »Lass ich dich auch gar nicht.«
    Ein Auto scherte vor mir in meine Spur und zwang mich zum
Bremsen. Das Handy fiel mir auf den Schoß. Mit einer Hand lenkend, tastete ich danach und hielt es mir wieder ans Ohr.
    »Bist du noch dran?«
    »Dachte schon, du hättest aufgelegt«, sagte Charlie.
    Rückblickend betrachtet, hätte ich es wahrscheinlich tun sollen.
     
    Meine Kleidung kam direkt in die Wäsche. Und mein Körper direkt unter die Dusche.
    Als ich aus der Wanne stieg, jagte Birdie eine Schmeißfliege über den Badezimmerboden. Bevor ich reagieren konnte, hatte er sie gefressen.
    »Igitt, Bird.«
    Der Kater sah stolz aus. Oder gerissen. Oder in sich versunken, weil er über die Geschmacksnuancen von Fliegen nachdachte.
    Lächelnd verteilte ich Orangenblütencreme auf meiner Haut.
    Charlie hatte recht. Ich fühlte mich wirklich erfrischt. Sogar fröhlich. Ausgehen war eine gute Idee. Und neue Freunde kennenlernen konnte durchaus bekömmlich sein.
    Einige Gedächtniszellen präsentierten eine Collage von Bildern, die meisten verschwommen wie Schnappschüsse, die man im Regen vergessen hatte.
    Der Skylark.
    Charlie in abgeschnittenen Jeans. Und nichts anderem.
    Ich in Shorts und einem Tank-Top mit Pailletten vorne drauf. Ein glitzernder Schmetterling. Oder war es ein Vogel? Haare, wie man sie in den Siebzigern eben hatte.
    Die Polsterung, die mir in den sonnenverbrannten Rücken stach.
    Vielleicht war das doch keine so gute Idee.
    Alten Freund neu kennenlernen, verbesserte ich mich. Freunde. Nur Freunde.
    Aha, sagten die Gedächtniszellen.

    Im Schlafzimmer schaltete ich die Nachrichten ein und ging zur Kommode.
    »– die Zauberer und die Unzüchtigen und die Mörder und die Götzendiener und alle, die die Lüge lieben und üben. Diese Worte der Offenbarung waren noch nie wahrer. Luzifer ist hier, vor der Toren unserer Stadt.«
    Ich erstarrte, den Slip halb aus der Schublade gezogen.

12
    Boyce Lingo stand auf den Stufen des neuen Gerichtsgebäudes, und Kameras und Mikrofone reckten sich ihm entgegen. Hinter ihm stand ein Mann mittleren Alters mit kurz geschorenen Haaren, Brad-Pitt-Wangen und einem markanten Kinn. Dem konservativen Anzug nach zu urteilen, war er sein Assistent. Marineblaues Sakko, weißes Hemd, graue Hose. Er und Lingo sahen aus wie Modeklone.
    Der Commissioner schaute genau ins Objektiv.
    »Heute wurde eine weitere Leiche

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