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Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Titel: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Niedlich
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Schlamm aufgewühlt, dass, selbst wenn man vorher etwas sehen könnte, innerhalb von wenigen Sekunden alles zur trüben Brühe wird. In diesem ersten Jahr habe ich dann auch sehr schnell gelernt, dass Taucherhandschuhe eine lohnende Investition sind, denn nach dem Wühlen im Havelschlamm hatte ich mir so viele Schnitte von Muscheln an den Händen zugezogen, dass ich dachte, Edward mit den Scherenhänden hätte sich daran zu schaffen gemacht.
    Im zweiten Jahr verbrachte ich fast jede freie Minute auf der Rettungsstation. Während der Sommerferien sogar zwei Wochen am Stück, nachdem wir doch genug Leute gefunden hatten, um den Dienst aufrechtzuerhalten. Die Grenzboote, die uns im Jahr zuvor noch so misstrauisch beäugt hatten, schienen das Interesse komplett verloren zu haben. Es war mittlerweile ohnehin klar, dass die Wiedervereinigung nur noch eine Frage der Zeit wäre.
    Im dritten Jahr war ich schon ein alter Hase auf der Station, der dem Nachwuchs zeigte, wie man richtige Seemannsknoten macht oder sich auf dem Boot verhält. Ich war zwar noch zu jung, aber zum Teil wurde mir schon das Steuer des Bootes überlassen, damit ich Übung bekäme, um im übernächsten Jahr meinen Bootsführerschein machen zu können. Fast ständig gehörte ich zur Mannschaft. Und irgendwann im August wurde dann wieder mal eine PiW ausgerufen. Wir waren gerade auf dem Weg zur Nachbarstation Hakenfelde, als die Nachricht durchgegeben wurde. Ich zwängte mich in den Neoprenanzug, der, obwohl ich mittlerweile viel schlanker war, mich immer noch wie eine Wurst in Pelle aussehen ließ. Als wir an der Unglücksstelle ankamen, waren einige Schwimmer schon im Wasser und machten sich für die Taucherkette bereit. Ich wollte gerade selber hineinspringen, als ich ihn sah.
    In etwa zehn Meter Entfernung von der sich gerade bildenden Kette wandelte Tod über das Wasser und summte „Ob-La-Di, Ob-La-Da“ vor sich hin.

Kapitel 8
    Die Erinnerungen an den Vorfall mit Gerrit waren an diesem Tag nur noch ein dunkler Punkt in meiner Historie. An Tod hatte ich schon seit Jahren nicht mehr gedacht. Bis ich ihn über das Wasser laufen sah.
    Ich saß auf der Bootskante und brauchte mich nur noch ins Wasser fallen zu lassen, aber ich war wie gelähmt. Das Gefühl ist vermutlich schlecht zu beschreiben und noch schlechter nachzuvollziehen. Es war ungefähr so, als hätte ein Kind ganz fest daran geglaubt, dass der Weihnachtsmann existiert. Dann kriegt es gesagt, dass kein übergewichtiger, bärtiger Mann Hausfriedensbruch begeht, um Geschenke unter den Baum zu legen, sondern dass die Geschenke von den eigenen Eltern und Großeltern stammen. Und schließlich steht es mit 17 plötzlich vor dem echten Weihnachtsmann, der gerade seinen von Rentieren gezogenen Schlitten gelandet hat. Ich war mir in dem Moment fast sicher, dass ich gerade den Verstand verlor.
    Andreas, der schon zwei Jahre länger als ich auf der Station seinen Dienst tat, saß hinter dem Lenkrad und starrte mich ungeduldig an. „Springst du heute noch rein oder muss ich dich schubsen?“
    Ich saß nur fassungslos da. Vom 40er, dem Boot des Einsatzleiters der Oberhavel, rief ebendieser herüber, ob ich eine Einladung bräuchte. Andreas hob nur die Hände zum Himmel und zuckte mit den Schultern.
    Tod blieb unweit der Taucherkette stehen, die es mittlerweile aufgegeben hatte, auf mich zu warten. Das Signal zum Abtauchen wurde gegeben, und dann verschwand eine der Reihen. Sie tauchten von Tod aus weg, was bedeutete, dass sie in der falschen Richtung suchten. Tod schien arg gestresst zu sein und starrte so konzentriert auf das Wasser unter seinen Füßen, dass er mich gar nicht bemerkte. Ich löste mich aus meiner Starre und ließ mich ins Wasser fallen. Andreas, der gerade neben mir stand, fluchte, weil er dabei nassgespritzt wurde.
    Ich schwamm zu der Stelle, an der Tod stand. Als er mich sah, machte er große Augen und lächelte. Offensichtlich freute er sich, mich wiederzusehen. Ich konnte das Gefühl nicht erwidern.
    „Hallo, alter Knabe! Lange nicht gesehen. Wie ist dein Befinden?“
    „Sag mir bitte, dass ich mir das nur einbilde. Du bist nur ein Hirngespinst von mir, oder?“
    „Du beliebst zu scherzen?“
    „Bitte sei ein Hirngespinst.“
    Tod stutzte. „Da ziehen ein paar Jahre ins Land, und schon denkst du, du hättest den Verstand verloren?“
    Ich paddelte im Wasser, während die Taucherkette weitersuchte. Einige der Bootsführer von den anderen Stationen sahen zu mir herüber und

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