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Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Titel: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Niedlich
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ich.
    Tod brauchte einen Moment, um zu antworten.
    „Hör mal … ich könnte dir eine Menge über die Zukunft sagen, aber ich glaube nicht, dass du Dinge, die dich persönlich betreffen, wissen solltest.“
    „Dinge, die mich persönlich betreffen? Du meinst, Anja ist ein Teil meiner Zukunft?“
    In mir drin schien mein Herz gerade einen Satz zu machen und meinem Magen ein High-Five zu geben. Trotzdem spürte ich, dass Thanatos eventuell etwas meinen könnte, was nicht allzu positiv für mich wäre. Er schaute jedenfalls ein wenig unglücklich drein, was mir nicht viel Mut machte.
    „Was? Was ist?“, fragte ich.
    „Es hat mit deinem Tod zu tun.“
    Die Schulglocke läutete das Ende der Pause ein. Ich blieb aber wie angewurzelt stehen.
    „Sie … sie hat mit meinem Tod zu tun?“, fragte ich.
    „Ich sagte dir doch, dass du es nicht wissen willst“, erwiderte Tod und schaute zu Anja hinüber, die sich gerade auf den Weg ins Innere des Gebäudes machte.
    „Ist sie dafür verantwortlich?“
    „Wenn ich dir das sage, dann könntest du daraus schließen, wann du stirbst. Willst du das wirklich wissen?“
    Der Schulhof leerte sich rapide, und ich stand immer noch auf meinem Platz und schwankte von einem Bein auf das andere. Gerade als ich den Mund aufmachte, um laut „Ja!“ zu sagen, streckte mir Tod plötzlich seinen knochigen Finger entgegen und sah mir bestimmt in die Augen.
    „Du wirst von mir nichts erfahren, bevor du nicht genau weißt, was du willst. So, wie du momentan noch kein Freund ohne Bedingungen sein kannst, bist du viel zu unsicher in deinem Drang nach Wissen und der Stärke, mit diesem umzugehen. Würde ich dir jetzt sagen, was ich weiß, würdest du daran zerbrechen. Und zumindest ich bin dir ein zu guter Freund, als dass ich dir das antun würde. Geh.“
    „Aber …“
    Tod schüttelte nur mit dem Kopf. Er ging, und ich rief ihm nach, ob er den Spruch geprobt hätte, aber er war kurz darauf verschwunden, und ein Lehrer schaute mich an, als würde er gleich die Männer in den weißen Kitteln rufen wollen.
    ***
    Als Tod weg war, ging ich zurück ins Gebäude und durfte mir einen Rüffel von meinem Physiklehrer anhören, weil ich zu spät zum Unterricht erschienen war. Es gab einen unangekündigten Test, den ich total versiebte, weil meine Gedanken andauernd abschweiften. Nach der Schule sah ich gerade noch Anja mit ihrem Freund um die Ecke biegen. Ich schaute ihr nach und stand so anderen Mitschülern im Weg, die an mir vorbei wollten. Schließlich schubste mich einer beiseite, und ich fiel hin. Ich rappelte mich wieder auf und wurde andauernd angerempelt, als würde man mich total ignorieren. Langsam lief ich zur Haltestelle und bemerkte nicht, dass der Bus kam. Das letzte Stück rannte ich zwar, aber der Fahrer schloss die Tür vor meiner Nase und fuhr ab.
    Irgendetwas Sonderbares ging vor sich. Ich war es gewohnt, dass ich nicht sonderlich beachtet wurde, aber das ging weit darüber hinaus. Ich wollte Tod darauf ansprechen, wenn ich ihn das nächste Mal sehen würde.
    Ich kam ungewöhnlich spät nach Hause, aber es schien meinem Vater, der Hausmann war, gar nicht weiter aufzufallen. So konnte ich in mein Zimmer gehen, wieder herauskommen und ganz unschuldig fragen, wo denn mein Bürostuhl abgeblieben sei. Am nächsten Wochenende gingen wir einen neuen kaufen.

Kapitel 18
    Mehrere Wochen wartete ich vergeblich auf Thanatos, aber er besuchte mich weder auf dem Schulhof noch zu Hause. Ich begann mich zu fragen, ob ich irgendetwas falsch gemacht hätte. Sicher, er schien aufgebracht gewesen zu sein, aber auch er musste verstehen, was für eine Verlockung es ist, etwas über die eigene Zukunft zu erfahren. Auch wenn es den eigenen Tod betrifft. Es brauchte eine Weile, bis ich auf mein Bauchgefühl hörte, das mir sagte, ich solle das Ganze lieber ruhen lassen. Vorsichtshalber begann ich, mich von Anja fernzuhalten, auch wenn es mir schwerfiel. Sie lächelte mir ab und an mal zu, aber ich tat so, als würde ich es nicht sehen. Wenn wir uns über den Weg liefen, huschte ich an ihr vorbei.
    Das Phänomen, dass mich keiner zu bemerken schien, tauchte in den Wochen, die ich auf Tod wartete, nicht noch einmal auf. Ich vergaß sogar, dass ich Tod danach fragen wollte.
    Mit den länger werdenden Nächten hatte der Bootsführerlehrgang bei der DLRG begonnen. Unterricht gab es an einigen Wochenenden und immer mal wieder auch an Wochentagen. Es richtete sich natürlich danach, wie die Ausbilder Zeit

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