Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)
Gesäßtasche trug. Als ihre Hand hineinglitt, packte er zu. Lächeln d zog er sie um sich herum. „Hunger?“ Und wie. Er spendierte ihr Tee mit Sandwiches. Nach dem Dritten gab sie unter Magenkrämpfen auf und ließ sich von ihm die Würmer aus der Nase ziehen. Seit diesem Tag lebte sie bis zu ihrem einundzwanzigsten Lebensjahr sporadisch bei Ethan Scarborough über der Ladengalerie. Ethan hätte ihr Vater sein können. Außerdem hatte er keine Verwendung für Frauen. Egal , ob sie zehn, fünfzehn oder zwanzig waren. Nur, wenn sie ihm bei der Archivarbeit, beim Fälschen seiner Bücher und beim Beschaffen illegaler Ware halfen. Lucy hatte sich schnell unentbehrlich gemacht.
„Setz mich bitte in der Farringdon Road ab. Ich habe Ethan etwas mitgebracht.“ Im Dämmerlicht der Laternen tauchte das Haus mit den weißen Fensterbögen auf. Halbrund schmiegte es sich an den Straßenverlauf. Aus den blank geputzten Schaufenstern strahlte noch Licht.
Peter stieg aus, um ihr die Tür zu öffnen. „Geh sofort zum Arzt, wenn du dich matt fühlen solltest, hörst du?“
Sie wollte ihn umarmen , aber er wich erschrocken zurück. „Die nächsten Tage werde ich viel zu tun haben.“ Seine Hand näherte sich unentschlossen ihrer Wange, tätschelte aber nicht. „Es reicht, wenn wir uns nächste Woche sehen.“
Er stieg wieder ein, winkte und fuhr davon. Lucy schmeckte noch den Kuss des Fremden auf ihren Lippen. Er hatte gesagt, dass sie ihn wiedersehen würde. Ob er Diebinnen mochte? Nein. Nur Ethan mochte Diebe.
Lucy konnte jede Stufe spüren, auf der ihr Gefühl auf dem Weg zum Keller aufschlug. Bevor es unten ankam, brauchte sie was Schönes. Vor ihr leuchtete das Schaufenster von Ethans Laden durch Winterschmuddelwetter. Lucy probierte ein Lächeln. Es fühlte sich steif auf ihren Wangen an, aber es würde gehen. Sie wich den schmutzigen Pfützen aus, und als sich die Ladentür bimmelnd hinter ihr schloss, atmete sie auf.
„Lucy!“ Ethan sah über seinen Zwicker. Es war das erste Geschenk gewesen, das sie für ihn gestohlen hatte.
„Wie war Moskau?“
„Erfolgreich. Die Tage kommt interessante Post für dich.“ Sie fischte den Ring hervor und riss das Lederband vom Hals. „Hier. Nicht schlecht, oder?“
Ethan stutzte, drehte den Ring im Licht hin und her. „Keilschrift?“ Über die verschmierten Gläser musterten sie strenge Augen. „Wo hast du das her?“
„Du fragst nie. Warum jetzt?“ Konnte er sich nicht einfach freuen? Sie hätte das Ding auch behalten können.
„Das hier ist babylonisch oder phönizisch oder was weiß ich was. Jedenfalls steinalt. Kommt das Ding hier nicht aus dem Kaugummi a utomaten, könntest du echte Probleme kriegen.“ Niemand konnte diesem Blick standhalten, der sich ernst und besorgt in ihr diebisches Herz schlich.
„Es kommt von dem Mittelfinger eines Russen, auf dem ich kurzzeitig mal gelegen habe.“
Ethan stützte sich auf dem Tresen ab. „Kurzzeitig?“
„Dafür öfter.“ Plötzlich bekam diese leidenschaftliche Nacht mit Kolja einen unguten Beigeschmack. Es war aufregend gewesen, befremdlich und manchmal unheimlich. Er hatte ihr nicht gestattet, sich fallen zu lassen. Wie ein Tanz auf dem Vulkan, bei dem man keine Sekunde unachtsam sein durfte. Wie würde der Mann mit den schwarzen Haaren lieben? So, wie er küsste? Er würde ihre bedingungslose Kapitulation fordern. Und sie würde es geschehen lassen. Die Vorstellung trieb ihr Hitze in den Körper. Sie hatte nie kapituliert. In keiner Situation ihres Lebens. Unter ihm musste es eine Offenbarung sein.
„Welcher Russe? Die Mafia?“
Nur mit Mühe verdrängte Lucy die Erinnerung an das Gefühl, das sein Kuss ausgelöst hatte. „Nein, ein a ltertumsbegeisterter Idiot wie du. Ein Buch von Fedorov und eine Ikone von Wassilijew hat er auch gehabt. Und eine der ersten Ausgaben der Komödie.“
„Dante?“ Ethan zuckte die Brauen. Für einen Moment blitzte Vorfreude in seinem Blick. Gier wäre ein zu hartes Wort für einen Mann wie ihn gewesen. „Schläfst du heute Nacht hier? Dann muss ich das Gästebett noch beziehen.“
„Kann ich selbst. Ich bin schon groß.“
„Bist du nicht. Du bildest dir das nur ein.“ Gedankenversunken betrachtete er den Ring. „Ein Prachtstück, wenn er echt sein sollte.“ Er kramte seine Digitalkamera aus dem hintersten Winkel einer Schublade und drückte Lucy den Ring in die Hand. „Halte ihn so, dass ich die Zeichen draufkriege.“ Er fotografierte den Schmuck aus allen
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