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Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)

Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)

Titel: Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)
Autoren: Swantje Berndt
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trocken. Warum hatte sie plötzlich solche Angst? Der Mann trat einen Schritt näher. Er sah über die Köpfe der Menschen hinweg zu Peter, der einen Fächer Heftromane mit konzentriertem Blick begutachtete.
    „Er sollte Sie lieben.“ Das Bedauern verlieh seiner Stimme eine dunkle, weiche Note. „Jeden Moment seines Daseins sollte er Ihnen zu Füßen legen.“
    Die Bücherstapel um sie herum begannen zu schwanken. Oder war sie es? Der Mann neigte den Kopf und beobachtete sie. Und wenn seine Augen noch so wundervoll waren, und diese Strähnen, die sie gern zurückgestreichelt hätte, und dieser Mund, der eine unheimliche Anziehungskraft auf ihre Lippen ausübte, er hatte kein Recht, sie derart aus der Fassung zu bringen.
    „Woher wollen Sie wissen, was mein Freund mit mir zu tun und zu lassen hat? Sie kennen mich nicht.“
    Sein Schmunzeln verschlug ihr den Atem. „Möchten Sie das ändern?“
    Wie er sie ansah. Dieser Blick, der in ihre Seele glitt und nicht mehr hinaus wollte. Als ob er Widerhaken hätte. Lucy zwang sich zu einem hochnäsigen Augenaufschlag.
    „Ich wüsste nicht , warum.“
    Der Fremde zog eine schwarz glänzende Braue hoch. Ein dunkler Halbmond. Lucy träumte sich in eine verwunschene Nacht, in der sie auf feuchtem Sand lag und warme Meerwasserwellen über sie hinwegrollten. Als eine besonders mächtige Welle den Fremden nackt auf sie spülte, brach sie den Tagtraum ab. Es war zu spät. Ihre Wangen glühten bereits.
    Er zahlte eine Packung Benson & Hedges und steckte sie in die Manteltasche. Ein Raucher. Wie schade. Doch es gab mehr Stellen als nur den Mund, die sie an seinem Körper gern geküsst hätte.
    „Was denken Sie im Moment über mich?“ Ein amüsiertes Lächeln zuckte über seinen Mund und machte ihn noch verführerischer.
    Lucy biss sich auf die Lippen. Unmöglich würde sie auch nur einen Bruchteil dessen sagen können, was ihr Hirn flutete. „Ich denke, dass Sie beim Küssen nach altem Aschenbecher schmecken.“ Dumm! Dämlich! Sie quälte sich ein überhebliches Lächeln ab, während sie sich geistig ohrfeigte.
    Diesmal zuckte die andere Braue nach oben. „Sie stellen sich vor, mich zu küssen?“
    Lucy schloss die Augen. Diese Stimme war nicht auszuhalten, ebenso wenig wie dieser Blick. Beides schlich sich in sie hinein und weckte Sehnsüchte, die sich mitten in der Empfangshalle eines Flughafens noch weniger aushalten ließen.
    „Die Augen zu schließen, hindert die Realität nur in den seltensten Fällen daran, weiterhin stattzufinden.“
    Er wisperte direkt in ihr Ohr. Nur mit Mühe unterdrückte sie ein Seufzen. Oh dieses fantastische, verführerische Timbre. Schwer und samtig und im Hintergrund klang es nach einer Melancholie, die Lucy nicht empfinden, doch immer wieder hören wollte.
    Ein dumpfer Druck breitete sich in ihrem Kopf aus. Er sammelte sich in den Schläfen und wurde zu einem Stechen. Die innere Unruhe sprang sie an, wie im Flugzeug. Sie wollte nach der Zeitung greifen, aber ihre Hände zitterten zu stark. Sie fiel hin unter, Lucy bückte sich, doch der Fremde war schneller. Nur für einen Moment streifen ihre Finger über seine Hand. Es war wie ein Schlag. Etwas Heißes, Brennendes verließ sie und strömte in den Mann vor ihr.
    Sein Blick weitete sich, er nahm ihre Hand. Lucy wollte sie wegziehen. Er sollte sich nicht an ihr verletzen. Doch er führte sie mit eisernem Griff an seine Brust und drückte sie darauf. Unter dem Stoff fühlte sie etwas Hartes, Rundes. Der Mann biss die Zähne zusammen. Er atmete tief, hielt ihre Hand weiter fest. Die Spannung wich. Es tat unendlich gut. Vor Erleichterung traten ihr Tränen in die Augen. Der Mann im Flugzeug war unter diesem, was auch immer es sein mochte, zusammengebrochen. Dieser hier hielt es mit ihr zusammen durch. Er hörte nicht auf, sie anzusehen. Erst nach einer gefühlten Unendlichkeit ließ er sie los.
    „Was für ein außergewöhnliches Erlebnis.“
    Seine Stimme klang belegt, sonst schien es ihm gut zu gehen. Lucys Handfläche brannte wie beim ersten Mal. Der Kopfschmerz war weg. Ebenso die Nervosität.
    Jemand nahm sie am Ellbogen. Peter. Er zog sie ungeduldig mit sich. Der Mann sah ihr nach, auf eine Weise, dass sie sich am liebsten losgerissen und zu ihm zurück gerannt wäre.
    „Musst du dich von jedem abgerissenen Kerl in ein Gespräch verwickeln lassen?“ Er sah zurück und schüttelte sich. „Unheimlich, wie der dir hinterherstarrt.“
    Der Mann stand vor dem Buchladen und sah ihnen nach.
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