Der Tod Verhandelt Nicht
Sturmtruppen zu fristen: Truppenführerin Clara Sciutto aus dem Val d’Orba. Und der selbst dann nicht desertiert war, als sie mehrere Jahre einen zermürbenden Krieg mit meiner Wenigkeit führte, der auf die tragischste aller Arten geendet hatte: mit einer Niederlage auf beiden Seiten und einem bitteren Nachgeschmack im Mund, der vermutlich nie mehr verschwinden würde, mit einer lange Zeit glücklichen Vergangenheit, die danach nur noch aus zerstörten Erinnerungen bestand. Das alles hatte sie zustande gebracht, die Strategin meiner schlimmsten Träume. Was hatte sie diesmal wieder ausgeheckt?
»Komm endlich zur Sache, Giovanni. Worauf willst du hinaus?«, fragte ich mit verändertem Tonfall.
Das war ihm sicher nicht entgangen, und er wusste jetzt offensichtlich nicht, was er darauf antworten sollte. Vermutlich war er bis zu den Haarwurzeln errötet.
»Versteh mich bitte nicht falsch, Bacci … Aber wenn die Kleine zu mir ins Bett kriecht, gefällt das Clara … auch nicht.«
Rums! Jetzt brach gleich ein Gewitter los. Zum Glück traf es diesmal meinen armen Geschlechtsgenossen. Ich hörte, wie Clara eine ganze Salve an Beschimpfungen abfeuerte. Ihre verdammte Besessenheit, Ordnung in das Chaos bringen zu wollen. Militärische Ordnung. Wie in ihrer ganzen Existenz.
»Hör zu, Giovanni …«
Es war zwecklos. Der Ärmste konnte mir gar nicht zuhören, da er nun mit Beleidigungen und Vorwürfen überhäuft wurde, in die sich immer wieder Verwünschungen meiner Person stahlen. Ich rechnete jeden Moment damit, dass er den Hörer an die Herrin des Hauses aushändigen musste, und bereitete mich seelisch und moralisch auf die x-te verbale Auseinandersetzung mit meiner Ex vor, die sich damit wohl zum hundertsten Male wiederholen würde, nach dem uns zwangsverordneten Drehbuch unseres Wahnsinns.
Dieses Mal war es jedoch Giovanni, der regelrecht aus der Haut fuhr und mich anbrüllte: »Also, hast du es jetzt kapiert oder nicht? Du setzt Aglaja auf die nächstbeste Fähre nach Hause!«
»Kommt doch her und holt sie«, brach es aus mir heraus – und ich legte auf.
Schlimmer als so konnte es nicht ausgehen.
Virgilio hob den Kopf und bedachte mich mit einem verständnisvollen Lächeln. In seinen Augen funkelte die gleiche animalische Lebensfreude wie bei dem kleinen Hund.
»Gute Idee«, murmelte er ironisch. »Hier ist Platz genug für alle.«
»Du kannst mich mal!«
Es folgte ein langes Schweigen, während dessen sich auch der Mistral zu beruhigen schien. Nur das Rauschen der Äste in der vom Strand aufsteigenden Brise war noch zu hören, die den Geruch nach Harz und Schwefel und den salzigen Atemhauch des Meeres mit sich brachte. Sicher, das Gespräch mit Giovanni hatte mir gehörig die Laune verdorben, aber diese unverhoffte Stille flößte mir ebenfalls eine gewisse Unruhe ein. Als ob etwas Unheilvolles bevorstünde. Als wäre dies die Ruhe vor dem Sturm.
Kaum hatte ich den Gedanken beendet, schoss der Hund aus dem Haus und begann zu knurren. Offensichtlich hatte er etwas gehört. Auch ich vernahm nun Schritte auf dem Kies, und kurz darauf sahen wir Gancis
attendente
zögerlich auf uns zukommen. Er war wie immer ganz in Schwarz gekleidet und hatte beide Daumen in den Hosentaschen versenkt. Der Ärmste, er hatte bestimmt genug von Tollwut- und Tetanusspritzen. Seine Jeans sahen nagelneu aus, er hatte ganz sicher keine Lust, sie sich ebenfalls zerreißen zu lassen. Um ein erneutes Blutvergießen zu vermeiden, packte ich den zähnefletschenden Hund im Genick, trug ihn in den Flur und schloss die Haustür hinter ihm, während Virgilio Vincenzo einlud, sich zu uns auf die Veranda zu gesellen.
»Es ist noch ein bisschen Kaffee da«, sagte er.
Vincenzo lehnte höflich ab und wandte sich dann direkt an mich. »Ich komme im Auftrag von SignorGanci. Er würde gern mit Ihnen über eine wichtige Angelegenheit sprechen.«
»Schon wieder?«, blaffte ich verärgert.
Er hob abwehrend die Hände, als hätte ich eine Pistole auf ihn gerichtet. »Warum brüllen Sie mich so an? Ich führe nur seine Befehle aus.«
Ich fragte mich, ob er auch Gancis Befehle ausführte, wenn er die Französin besprang. Er war auf der obersten Stufe der Veranda stehen geblieben und hatte die Daumen immer noch in den Taschen. Die Taucheruhr und das goldene Armband prangten an seinem Handgelenk mit der Arroganz einer Jagdtrophäe.
»Er würde Sie gern nach dem Mittagessen zum Kaffee empfangen«, sagte er nun mit monotoner Stimme.
»Wieso
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