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Der Tod Verhandelt Nicht

Der Tod Verhandelt Nicht

Titel: Der Tod Verhandelt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Morchio
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setzt du dich nicht, Vince’?«, fragte Virgilio.
    »Dann wirke ich so klein, Zi’ Virgi’.«
    »Ich sage dir, du bist genau richtig so, wie du bist. Die Frauen sind alle verrückt nach dir.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Im Dorf wird viel erzählt, mein Junge. Sogar meine Tochter meint, sie würde dich vom Fleck weg heiraten, wenn ich es ihr bloß erlauben würde.«
    »Und, würden Sie es erlauben?«
    »Sie muss erst mal die Schule beenden. Aber in ein paar Jahren – wer weiß … Vielleicht kommst du ja zu Geld und wirst einmal eine richtig gute Partie für meine Kleine.«
    »Reich? Wie soll ich denn das anstellen? Ich bin Halbwaise und lebe nur von meiner Hände Arbeit.«
    »Aber Otello Ganci liebt dich wie einen Sohn.«
    Vincenzos dunkles Gesicht verdüsterte sich vollerSkepsis. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, und die Augen wurden wieder zu schmalen Schlitzen.
    »Was soll das heißen?«
    »Nichts. Nur dass der Alte krank ist und deine treuen Dienste sicher reich belohnen wird.«
    »Ich tue bloß meine Pflicht, Zi’ Virgi’.«
    »Sehr gut, Vince’. Mach weiter so, dann werde ich dir früher oder später vielleicht erlauben, mit meiner Lauretta tanzen zu gehen.«

Das fehlende Tor
    Otello Ganci und seine Frau saßen auf der Veranda ihrer Villa am Ende des langen Tisches. Die Tafel war für zwei Personen gedeckt. Die Teller waren leer, nur in der Salatschüssel lagen noch ein paar Scheiben Tomaten und Gurken. Sie waren offenbar gerade mit dem Mittagessen fertig.
    Der Mistral rüttelte inzwischen wieder an den Weinstöcken und ließ sie ihre schweflige Seele in die Luft hauchen. Virgilio und Vincenzo hatten berichtet, dass die Brände in der Macchia nun schon seit drei Tagen schwelten. Der schlimmste war in der Nacht zwischen Villanova und Villagrande ausgebrochen, man hatte ihn bisher nicht eindämmen können. Der Mistral war ein elender Verräter. Mit dem Feuer brachte er Angst und Zerstörung. Am Morgen schien er sich legen zu wollen, aber das hielt immer nur zu kurz an, denn nunblies er stärker als zuvor. Virgilio hatte es sogleich bemerkt und nach einem Blick auf den Monte Cartucceddu nur gemeint: »Viel zu wenige Wolken am Himmel. Vor heute Abend wird er nicht abflauen.«
    Die Sarden ließen sich nicht so leicht täuschen, und ich fragte mich, ob mein Freund vielleicht auch recht hatte, was Ganci betraf. Ob es nicht tatsächlich der Alte war, der in dieser seltsamen Schachpartie die Figuren bewegte. Der alles dafür tat, mir meinen ersten gemeinsamen Urlaub mit meiner Tochter zu verderben – was mich derartig wütend machte, dass ich auf Gancis lebhafte Begrüßung zynisch erwiderte: »Sie wollten mich sprechen, Majestät?«
    Ganci lachte herzlich. Man hätte meinen können, dass er sich wirklich freute, mich zu sehen. Aber ich war nicht in der Stimmung, seine Höflichkeit wertzuschätzen. Ich fühlte mich auf den Arm genommen und hätte mich nicht gewundert, wenn er mir von einem auf den anderen Moment eine fiese Überraschung offenbart hätte.
    Auf Martines Gesicht hatte sich Verwunderung abgezeichnet. Weder ihr Mann noch ihr Liebhaber hatten es für notwendig erachtet, sie über mein Kommen zu informieren. Heute war sie gekleidet wie eine Dame. Wahrscheinlich war sie am Vormittag im Dorf gewesen. Sie hatte eine weiße Bluse an, und als sie sich mit einem strahlenden Lächeln erhob, um mir die Hand zu geben, fiel mein Blick auf den schwarzen Rock, der sich elegant wie bei einem französischen Model an ihre Hüften schmiegte.
    Ganci, der sie beobachtet hatte, wirkte amüsiert.
    »Haben Sie den Sohn von Sanna gefunden?«, fragte er dann geradeheraus.
    »Nein, aber dafür hat jemand auf mich geschossen.«
    »Machen Sie Scherze?«
    »Nein, ich war noch nie so ernst wie jetzt.«
    »Man hat auf Sie geschossen, Monsieur Pagano?«, schaltete sich Martine ein. Sie wirkte zutiefst beunruhigt, auch wenn ein Rest von Affektiertheit herauszuhören war wie bei manchen Weinen, die im Mund einen leicht korkigen Nachgeschmack hinterlassen.
    »Martine«, sagte ihr Ehemann nun, »Signor Pagano ist gekommen, um mit uns Kaffee zu trinken.«
    Ohne eine Miene zu verziehen, erhob sich Martine von der Bank und ließ uns allein.
    »Wann ist das passiert?«, fragte Ganci, kaum war sie im Haus verschwunden.
    »Gestern Morgen, in Porto Santoru. Ich habe gehört, dass Sie dort einen Weinberg mit Cannonau-Trauben besitzen.«
    »Den besten Wein, den ich habe«, erwiderte er mit einem gewissen Stolz in der Stimme.

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