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Der Tod wartet

Der Tod wartet

Titel: Der Tod wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Ihr richtiger Name ist Ginevra.»
    «Ist sie – auch unglücklich?»
    Carol schüttelte zweifelnd den Kopf.
    «Jinny ist seit einiger Zeit ziemlich sonderbar. Ich verstehe sie nicht. Wissen Sie, sie war schon immer sehr zart – und – und Mutter macht ein ziemliches Getue darum – was alles nur noch schlimmer macht. Aber in letzter Zeit ist Jinny wirklich sonderbar. Sie – manchmal jagt sie mir direkt Angst ein. Sie weiß bisweilen gar nicht, was sie tut.»
    «War sie schon bei einem Arzt?»
    «Nein. Nadine hat es ihr geraten, aber Mutter war strikt dagegen. Und da ist Jinny ganz hysterisch geworden und hat geschrien und gesagt, dass sie auf keinen Fall zum Arzt geht. Aber ich mache mir Sorgen um sie.»
    Dann stand Carol plötzlich auf.
    «Ich möchte Sie nicht länger aufhalten. Sie wollen sicher zu Bett gehen. Es – es war sehr nett von Ihnen, dass ich herkommen und mit Ihnen reden durfte. Sie müssen uns für eine sehr merkwürdige Familie halten.»
    «Ach, jeder Mensch ist irgendwie merkwürdig», sagte Sarah leichthin. «Kommen Sie doch wieder. Sie dürfen auch gern Ihren Bruder mitbringen.»
    «Wirklich?»
    «Aber ja! Und dann stecken wir die Köpfe zusammen und hecken etwas aus. Ich möchte auch, dass Sie einen Freund von mir kennen lernen, einen Dr. Gérard, einen sehr sympathischen Franzosen.»
    Carols Wangen färbten sich.
    «Ach, das hört sich herrlich an! Wenn nur Mutter nichts davon erfährt.»
    Sarah verbiss sich ihre ursprüngliche Antwort und sagte stattdessen: «Warum sollte sie? Sagen wir, morgen um die gleiche Zeit?»
    «O ja! Es könnte nämlich sein, dass wir übermorgen wegfahren.»
    «Dann bleibt es definitiv bei morgen Abend. Gute Nacht.»
    «Gute Nacht – und vielen Dank.»
    Carol ging hinaus und huschte leise durch den Korridor. Ihr Zimmer lag eine Etage höher. Als sie dort ankam und die Tür aufmachte, blieb sie vor Schreck auf der Schwelle stehen. In einem Sessel neben dem Kamin saß Mrs Boynton, in einen grellroten wollenen Morgenrock gehüllt.
    Carols Lippen entfuhr ein spitzer Schrei.
    Zwei schwarze Augen sahen sie bohrend an. «Wo bist du gewesen, Carol?»
    «Ich – ich – »
    «Wo warst du?», fragte die leise, raue Stimme mit dem eigentümlichen drohenden Unterton, der Carols Herz jedes Mal vor unerklärlicher Angst schneller schlagen ließ.
    «Bei Miss King – bei Sarah King.»
    «Bei der jungen Frau, die gestern Abend Raymond angesprochen hat?»
    «Ja, Mutter.»
    «Hast du vor, dich wieder mit ihr zu treffen?»
    Carols Lippen bewegten sich lautlos. Sie nickte bejahend. Furcht erfasste sie, eine mächtige, entsetzliche Woge der Furcht…
    «Wann?»
    «Morgen Abend.»
    «Du wirst nicht hingehen. Verstanden?»
    «Ja, Mutter.»
    «Versprochen?»
    «Ja. Ja.»
    Mrs Boynton begann sich aus ihrem Sessel zu hieven. Carol trat automatisch näher und half ihr. Mrs Boynton ging langsam, auf ihren Stock gestützt, zur Tür. Dort blieb sie stehen und drehte sich noch einmal nach dem verstörten jungen Mädchen um.
    «Du wirst nichts mehr mit dieser Miss King zu tun haben. Hast du mich verstanden?»
    «Ja, Mutter.»
    «Dann wiederhole es.»
    «Ich werde nichts mehr mit ihr zu tun haben.»
    «Gut.»
    Mrs Boynton verließ das Zimmer und machte die Tür hinter sich zu.
    Carol ging mit steifen Bewegungen hinüber zum Bett. Ihr war übel, ihr ganzer Körper kam ihr hölzern und fremd vor. Sie ließ sich auf das Bett fallen und wurde plötzlich von heftigem Schluchzen geschüttelt.
    Ihr war gewesen, als hätte sich ein Blick vor ihr aufgetan – ein Panorama voller Sonnenschein und Bäumen und Blumen…
    Doch nun hatten sich die schwarzen Mauern um sie herum wieder geschlossen.

Achtes Kapitel
     
    « K ann ich Sie einen Moment sprechen?»
    Nadine Boynton drehte sich überrascht um und blickte in die dunklen, eifrigen Augen einer ihr völlig unbekannten jungen Frau.
    «Gewiss. Natürlich.»
    Aber noch während sie sprach, warf sie, fast unbewusst, einen kurzen nervösen Blick über die Schulter.
    «Mein Name ist Sarah King», fuhr die andere fort.
    «Und Sie wünschen?»
    «Mrs Boynton, ich möchte Ihnen etwas sagen, was Ihnen sicher sehr seltsam vorkommt. Ich habe mich neulich abends ziemlich lange mit Ihrer Schwägerin unterhalten.»
    Über Nadine Boyntons ruhiges Gesicht schien ein leiser Schatten zu huschen.
    «Sie haben mit Ginevra gesprochen?»
    «Nein, nicht mit Ginevra – mit Carol.»
    Der Schatten verschwand. «Ach so – mit Carol.»
    Nadine Boynton schien erfreut, aber auch

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