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Der Tod wartet

Der Tod wartet

Titel: Der Tod wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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hat wirklich Hervorragendes geleistet. Ich hoffe nur, dass er mich ernst nimmt… Vielleicht klappt es – falls er nach Petra mitkommt.
    Dann dachte sie wieder an den merkwürdigen ungehobelten jungen Amerikaner.
    Für sie bestand nicht der geringste Zweifel, dass die Anwesenheit seiner Familie ihn zu der seltsamen Reaktion veranlasst hatte, aber sie verachtete ihn trotzdem ein klein wenig. Derart unter der Fuchtel der eigenen Familie zu stehen war doch wirklich grotesk – insbesondere für einen Mann!
    Und doch…
    Sie wurde von einem eigenartigen Gefühl beschlichen. Irgendetwas an der ganzen Sache konnte einfach nicht normal sein!
    Plötzlich sagte sie laut: «Der junge Mann muss gerettet werden! Dafür werde ich sorgen!»

Drittes Kapitel
     
    N achdem Sarah den Salon verlassen hatte, blieb Dr. Gérard noch einige Minuten an seinem Platz sitzen. Dann ging er gemächlich zu den ausliegenden Zeitungen hinüber, griff nach der neuesten Ausgabe von Le Matin und schlenderte damit zu einem Sessel in der Nähe der Boyntons. Seine Neugierde war geweckt.
    Zunächst hatte er sich über das Interesse der jungen Engländerin an der amerikanischen Familie amüsiert und haarscharf den Schluss gezogen, dass dies auf ihr Interesse an einem bestimmten Mitglied der Familie zurückzuführen war. Doch nun erregte etwas Ungewöhnliches an dieser Familie das tiefer gehende, unparteiischere Interesse des Wissenschaftlers in ihm. Er spürte, dass er es hier mit einem psychologisch interessanten Fall zu tun hatte.
    Hinter seiner Zeitung versteckt, nahm er die Gruppe diskret in Augenschein. Zunächst den jungen Mann, für den sich die attraktive Engländerin so offenkundig interessierte. Ja, dachte Gérard, eindeutig der Typ, der von Natur aus anziehend auf sie wirken musste. Sarah King war eine starke Persönlichkeit – sie besaß innere Ausgeglichenheit, einen klaren Verstand und einen eisernen Willen. Den jungen Mann schätzte Dr. Gérard als sensibel, scharfsichtig, unsicher und leicht beeinflussbar ein. Dem sachkundigen Blick des Arztes entging nicht, dass der junge Mann sich in einem Zustand höchster nervlicher Anspannung befand. Dr. Gérard fragte sich, warum. Es war ihm ein Rätsel. Aus welchem Grund sollte ein junger Mann, der sich allem Anschein nach bester Gesundheit erfreute, der doch angeblich zum Vergnügen im Ausland war, in einer Verfassung sein, die auf einen unmittelbar bevorstehenden Nervenzusammenbruch schließen ließ?
    Der Arzt wandte seine Aufmerksamkeit den anderen Mitgliedern der Familie zu. Das junge Mädchen mit den kastanienbraunen Haaren war offensichtlich Raymonds Schwester. Die beiden waren sich vom Typ her sehr ähnlich – zartgliedrig, gut gewachsen, aristokratische Gesichtszüge. Sie hatten die gleichen schmalen, wohlgeformten Hände, die gleiche klare Kinnlinie und Kopfhaltung, den gleichen langen, schlanken Hals. Aber auch das Mädchen war nervös… Sie machte ständig unwillkürliche fahrige Bewegungen, und unter ihren unnatürlich glänzenden Augen lagen tiefe Schatten. Wenn sie sprach, klang ihre Stimme hektisch und eine Spur atemlos. Sie war wachsam – auf der Hut – unfähig, sich zu entspannen.
    «Und sie hat Angst», schloss Dr. Gérard. «Ja, sie hat Angst!»
    Er schnappte Gesprächsfetzen auf, Bruchstücke einer ganz alltäglichen, normalen Unterhaltung.
    «Wollen wir nicht Salomos Ställe besuchen?» – «Wird das Mutter auch nicht zu viel werden?» – «Und morgen Vormittag vielleicht die Klagemauer?» – «Und natürlich den Tempel – vielmehr die Omar-Moschee, wie er jetzt heißt. Warum eigentlich?» – «Weil er in eine moslemische Moschee umgewandelt wurde, Lennox, darum.»
    Die üblichen, ganz alltäglichen Touristengespräche. Und doch hatte Dr. Gérard das merkwürdige Gefühl, dass die aufgeschnappten Gesprächsfetzen allesamt etwas Irrationales hatten. Sie waren Tarnung – eine Maske für etwas, das dahinter wogte und brodelte, zu abgründig und formlos, um es in Worte zu fassen… Wieder warf er, im Schutze von Le Matin, einen verstohlenen Blick hinüber.
    Lennox? Das musste der ältere Bruder sein. Eine gewisse Ähnlichkeit mit seinen Geschwistern war nicht zu verkennen, aber es bestand ein wesentlicher Unterschied: Lennox war nicht so unruhig wie die anderen. Dr. Gérard kam zu dem Schluss, dass er ein stabileres Nervenkostüm besaß. Aber auch er hatte etwas Merkwürdiges. Er wies keinerlei Anzeichen körperlicher Angespanntheit auf, wie dies bei seinen Geschwistern

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