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Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman

Titel: Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francisco Gonz lez Ledesma
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ich an den Wänden aufgehängt hatte, ländliche Szenen, wie sie die Mädchen so gerne hatten. Sie liebten das Grün, weil sie fast alle aus halb verdorrten Dörfern kamen. Eine schleppte sogar eine Urkunde für Chorgesang und Tanz an, Abteilung C, Mädchen. Die hatte man ihr verliehen, weil sie bei dem Fest des Schutzheiligen vor dem Bischof ein Solo getanzt hatte. Mal sehen, was für Erinnerungen ich, Madame Ruth, Spezialistin bei der Suche nach Freiern, sonst noch habe.
    Von diesem ersten Etablissement und seinen Frauen ist nichts mehr übrig, nichts, nur die Sonne … Die Sonne hat die armen Zimmer mehr und mehr erstickt, seit Barcelona erfunden wurde. Sie hat die Männer dazu gebracht, an den Fenstern nach einem kühlen Lufthauch zu suchen, und die Frauen dazu, dass sie sich breitbeinig auf die Stühle setzten, im einzig schattigen Winkel des Hauses, nur um festzustellen, dass mit der Hitze ihr Schoß zu riechen begann. Und ich muss sagen, es rochen auch die Küchen und die Betten. Obwohl all das – ich erinnere mich noch gut – in meinem Haus längst nicht so schlimm war wie anderswo im Viertel, denn ich hatte überall Ventilatoren aufgestellt, und nach jeder Benutzung wurde die Bettwäsche gewechselt. Außerdem aßen die Mädchen nicht dort, und die Küche war immer blitzblank, auch wenn sie in einem Arbeiterviertel lag.
    Diese Etage mit den Spiegeln in den Zimmern wurde in jener Zeit bereits verändert, und sie wird bald ganz verschwunden sein, denn das Haus wird abgerissen. Das Haus, in dem ich jetzt lebe, diese Luxusbehausung, das alte Landhaus, das dem Marqués gehörte, wird ebenfalls von der Sonne durchflutet. Klar, wenn die Reichen früher in die Sommerfrische gingen, suchten sie die Sonne. Ich würde sogar sagen, es ist schlimmer als in Francia Chica, denn das jetzige Haus liegt in einer schmaleren Straße, und es gibt keine anderen Gebäude als Schutzschild gegen die Sonnenstrahlen. Von meinem Fenster aus sehe ich Bäume, ich höre das Geschrei der Kinder, die in einem Vorgarten spielen. Auch damals, in dem alten Haus, habe ich sie gern gehört. Und weil ich früher noch laufen konnte, lehnte ich mich aus dem Fenster und vertrieb mir die Zeit damit, ihnen zuzuschauen, obwohl ich den Müttern, die mich kannten, ein Dorn im Auge war. Jetzt kann ich das nicht mehr, jetzt kostet es mich schon enorme Anstrengung, aus dem Sessel aufzustehen, und manchmal denke ich, wenn mich niemand sieht, hasst mich auch niemand.
    Aber weit gefehlt.
    Mabel hasst mich, und Mabel ist ausgerechnet die Person, die mich pflegen soll. Sie hat kein Mitleid, auch jetzt nicht, da sie weiß, dass ich sterben werde, dass der Krebs mich auffressen wird, bis keine Brüste und keine Lippen, kein Fleisch und kein Blut mehr übrig sind. Ich weiß das nur zu gut, und das Einzige, was ich mir wünsche, ist ein barmherziger, schneller Tod. Ich habe den Arzt schon hundertmal darauf angesprochen, aber der kommt immer wieder mit der alten Leier von der Wissenschaft: Heutzutage würden wahre Wunder vollbracht, das Gewebe regeneriert sich, es gibt Transplantationen, so starke und wirkungsvolle Bestrahlungen, dass sie am Kopf ein- und am Hintern wieder austreten.
    Und weil ich weiß, dass es bei dem Arzt zwecklos ist, habe ich an jemand anderen gedacht. Mal sehen, ob eine Frau, die Geld hat – und die darüber hinaus Marquesa ist und schon zweimal in der Hola abgelichtet war – nicht auf würdige Art zu sterben versteht.
    Doch meine Gedanken – die keine Gedanken sind, sondern Erinnerungen – reißen plötzlich ab, und ich fühle mich auf einmal wieder entsetzlich gefangen.
    Mabel ist gerade hereingekommen.
    Mabel schaut mich an wie immer, voller Genugtuung und Hass.
    Aber sie hat ihre Geschichte.
    Ich muss es ja wissen.
    Als ich das Haus in Francia Chica hatte, mit einer fast schon zur Familie gehörenden Handwerker-Klientel, wo sich Bettgenossen und -genossinnen gegenseitig die Bilder ihrer Kinder zeigten, tauchte dort der Marqués de Solange auf, der die Luxushuren satthatte und dem es nach Arbeiterhintern gelüstete. Und als er zufällig durch die Straße ging, fiel ihm eines meiner Mädchen auf, er folgte ihr und sah sie hineingehen. Aber er vergaß Nati sogleich, als er mich sah, damals war ich jung, groß, stark und ich hatte das Gesicht einer Jungfrau aus römischer Zeit. Ich gebe zu, ich hatte damals schon mehrere Freunde gehabt – einer davon hatte mir das Etablissement eingerichtet –, aber das sah man mir nicht an. Vielmehr sah

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