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Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman

Titel: Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francisco Gonz lez Ledesma
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die womöglich eine der Geliebten des Marqués darstellt, und ein glatzköpfiger Kavalier mit einem Notizbuch, in das er die Geschichte Barcelonas zu schreiben scheint.
    Früher, als die Häuser noch nicht in Quadratmillimetern abgemessen wurden, gab es noch Gärten wie diesen, mit Statuen und Bäumen, Großbürgern, die hin und wieder ein Buch kauften, und Vögeln, die Nester für die Poeten bauten.
    Und das brachte Miralles sofort auf einen anderen Gedanken. Da sich offenbar niemand um den Garten kümmerte, könnte man leicht hineingelangen. Es gab zu viele Fenster im Erdgeschoss, alle ungeschützt. Es gab kein Alarmsystem, und es würde unmöglich sein, alle Winkel des Hauses zu überwachen, die er ja zudem gar nicht alle kannte. Es wäre besser gewesen, ganz aus der Stadt zu verschwinden. Erasmus war das schließlich auch gelungen.
    Es war ein Fehler gewesen, diesen Ort zu wählen. Aber jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als die Nacht dort zu verbringen. Er wollte niemanden in seiner Intimsphäre verletzen, also wartete er, dass Eva die Tür öffnete.
    Und Eva öffnete die Tür und trat auf den Flur hinaus, damit auch David sich umziehen konnte. Das Mädchen trug ein fremdes Nachthemd, das vielleicht schon seit Jahren in einem der Schränke lag. Wenigen Frauen hätte es gestanden, aber an ihr sah es hübsch aus. Eva hatte sich zwei Zöpfe geflochten, die ihr etwas Kindliches, fast Naives verliehen. Sie ging barfuß, und Miralles dachte – als sähe er sie zum ersten Mal –, dass sie trotzdem sehr groß war.
    Vielleicht hatte er sie tatsächlich noch nie wirklich gesehen. Obwohl sie seit Jahren die Wohnung teilten, lebte jeder in seinem Zimmer, Intimität ließen sie nicht zu. In der Küche und den anderen Gemeinschaftsräumen waren sie immer angezogen. Seit der alte Andrade sie ihm ans Herz gelegt hatte, war Eva für ihn nicht eine Frau, sondern ein Teil seiner Existenz. Sie war der einzige Mensch, dem er auf der Welt trauen konnte, aber er ließ sie nicht in seine Welt hinein.
    »Es gibt ein Bad und zwei getrennt stehende Betten«, sagte sie. »Ich glaube, das hast du schon gesehen.«
    »Ich brauche nicht lange.«
    Als er das Zimmer betrat, sah David Miralles die zwei getrennt stehenden Betten, und er sah ein Fenster zum Garten, das alles andere als sicher war. Jeder könnte es aufbrechen und einsteigen. Wenn er die Vorhänge zuzöge, wäre das sogar noch weit weniger sicher, denn dann könnte man nicht einmal mehr sehen, wer kommt. Hinter dem zerbrechlichen Fenster, ein schwarzer Raum, der Garten, wo alle Klauen der Stadt lauern konnten.
    Aus diesem Grund beschloss Miralles, angezogen zu schlafen, er zog nur die Schuhe aus. Sowieso hatte er nichts anderes zum Anziehen als das, was er am Leib trug, und im Schrank gab es keine Pyjamas oder Ähnliches. Nur Frauennachtwäsche gab es, die in ihren Falten die geheime Geschichte des Hauses verbarg.
    »Du kannst hereinkommen, Eva.«
    Sie sahen sich an wie zwei Fremde, er angezogen und die Pistole am Gürtel, sie mit einem Nachthemd bekleidet, das schon andere Frauen vor ihr trugen. Es mochte unglaublich scheinen, aber zum ersten Mal sah Miralles Eva fast nackt. Seit dem Tag, an dem man versuchte, sie zu vergewaltigen, seit dem Abend auf dem Friedhof, ist Eva sein Schützling gewesen, seine Schülerin, seine Tochter, denn Evas Schicksal wäre vielleicht das Schicksal seines Sohnes gewesen.
    Miralles schloss für einen Moment die Augen.
    Er war da, um sie zu schützen. Ein Großteil der Geschichte seines Lebens ruhte in Eva, auch wenn sie das nicht wusste. Eva wusste nur, dass er ihr Beschützer war, der Revolverheld, der Mann, der tötet.
    »Du willst doch nicht die ganze Nacht wach bleiben«, flüsterte Eva.
    »Ich weiß es nicht, ehrlich gesagt, erscheint mir der Ort nicht sicher.«
    »Mir auch nicht.«
    »Jedenfalls weiß niemand, dass wir hier sind.«
    »Nein, sicher nicht.«
    Wahrscheinlich wusste es nur der Mann, der gerade das Haus betrat.

40
    Erasmus war problemlos in den Garten gelangt. Das Eisengitter war nicht hoch, sondern eines dieser Gitter aus alten Zeiten, als Zäune noch dazu dienten, den Garten zu begrenzen und nicht vor Einbrechern zu schützen. Es waren die Eisenstangen, die ihm als Halt dienten, um sich hochzuziehen und dann auf der anderen Seite herunterzuspringen. Zuvor hatte er nur noch den Hund erledigen müssen.
    Erasmus war zu fett für die direkte Aktion, aber bis dahin war alles wie am Schnürchen gelaufen. Er musste nur im Dunkeln

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