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Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman

Titel: Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francisco Gonz lez Ledesma
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bis zu einem der Fenster schleichen, das er vorher ausgewählt hatte. Es war nicht sein bester Moment. Und Erasmus wusste das.
    Aber er war immer noch der beste Killer, den er kannte.
    Mit seiner Beretta glitt Erasmus durch die Dunkelheit.
    Man muss die Dinge gut vorbereiten, eiskalt, denn jeder Job ist anders.
    Die Dinge sind nun einmal, wie sie sind.
    Erasmus kam an das ausgewählte Fenster, holte einen Glasschneider aus der Tasche und einen kleinen Saugnapf, um das Glas geräuschlos zu entfernen.
    Im Grunde gefielen Erasmus antike Dinge – und sogar die ein oder andere antike Dame.
    Die vollkommene Stille im Haus lud zur Ruhe ein, aber Mabel konnte keinen Schlaf finden. Sie hatte sich nicht einmal ins Bett gelegt. Mit zusammengepressten Lippen und aufgerissenen Augen starrte sie wie hypnotisiert auf die sich in den Fenstern spiegelnden Scheinwerfer der Autos. Die Deckenlampe, der Stuck an den Rändern, der Spiegel des Frisiertisches, sogar die Zimmertür tauchten auf und verschwanden wieder in der Dunkelheit. Diese grauen Augen, der unergründliche Blick, der sich einst in ihnen festgesetzt hatte, als sie noch ein kleines Mädchen war, hatte schon so manchen Freier erschreckt.
    Leise klingelte neben ihr das Handy. Die Nachschwester entschuldigte sich, sie würde eine Stunde Verspätung haben, da sie die Klinik noch nicht hätte verlassen können.
    »Keine Sorge«, sagte Mabel. »Ich werde ein Auge auf sie haben.«
    Mabel, noch immer angezogen, stand auf. Während sie das Handy beiseitelegte, fragte sie sich, wie viele Stunden die Schwester wohl arbeiten musste, damit das Geld bis zum Monatsende reichte. Sie verzog das Gesicht und richtete mechanisch ihr Haar. Ihre Zeit als Bettarbeiterin war schrecklich gewesen, aber vielleicht hatte sich das Land gar nicht so sehr verändert. Damals hast du Miete gezahlt, heute die Hypothek. Auf dem Boden wurden immer noch Arbeiterinnen gezeugt.
    Sie ging in Ruths Zimmer, das fast neben ihrem lag.
    Stille.
    Absolute Stille. Das Haus schien ein Katzenkloster zu sein.
    »Mabel …«
    Ruth war wach. Sie lag im Nachthemd im Bett, aber sie war wach. Ihr Gesicht glänzte neben der Lampe vor Schweiß. Ihr röchelnder Atem kündete das baldige Ende an.
    Sie schwitzte, aber es musste Angstschweiß sein, denn im Zimmer war es nicht heiß, im Gegenteil. Das Fenster stand auf.
    »Hat Miralles das aufgelassen?«
    »Ich erinnere mich nicht, ob er seinen Namen genannt hat.«
    »Aha.«
    »Aber ich vermute, du wirst es gleich zumachen, Mabel, damit ich weiter leide.«
    Mabel schwieg. Auf dem Weg zum Bett ging sie am Fenster vorbei, um es zu schließen, tat es dann aber doch nicht. Als sie am Bett stand, ließ sie den Blick durch den Raum schweifen, den sie so gut kannte, und dann ließ sie ihn auf dem Gesicht der Kranken ruhen.
    Die Kranke hatte sich ein wenig aufgerichtet. Ihr Blick war sehr bestimmt.
    »Heute Nacht bin ich auch wieder von dir abhängig, Mabel.«
    »Warum sagst du das?«
    »Ich weiß, dass die Krankenschwester nicht kommt.«
    »Nein, sie kommt nicht. Sie hat mich angerufen, um mir zu sagen, dass sie nicht wegkann, auf ihrer Station liegt eine Frau im Sterben, und man hat ihre Schicht verlängert.«
    »Klar … Es wäre ja blöd, eine Sterbende gegen eine andere zu tauschen, nicht? Die in der Klinik hat wahrscheinlich weniger gute Karten.«
    »Es ist auch nicht wichtig. Ich kann so lange bei dir bleiben wie nötig.«
    »Dann genieße die Möglichkeit, mich noch mehr leiden zu lassen, Mabel. Schließ das Fenster. Dann kann ich nicht schlafen. Ich werde ersticken.«
    Mabel rührte sich nicht, sie schloss nicht einmal die Läden. Weiter hinten, über dem dunklen Garten, sah man die wenigen Lichter einer fernen Vorstadt. Alles war von Finsternis eingehüllt.
    »Du hast mich immer gehasst, Mabel.«
    »Ja.«
    »Schon als du noch ein Mädchen warst.«
    »Du irrst dich.«
    »Warum?«
    »Ich war nie ein Mädchen.«
    Man hörte ein Knacken, Ruths Knöchel. In der letzten Zeit knackten ihre Knöchel oft, aber sie bekam es nicht mit.
    »Doch, ich weiß, dass du das warst, Mabel. Als kleines Mädchen durftest du in der Messe nicht dienen, denn nur Jungs durften Messdiener werden, aber du hast mit deiner Mutter die Kirche gekehrt und geschrubbt. Ich sehe dich noch vor mir. Die Böden wurden auf Knien geschrubbt, und die Kirche wollte kein Ende nehmen.«
    »Stimmt. Ich hatte immer rote Knie, obwohl meine Mutter mir eine Matte unterlegte, damit ich nicht so sehr litt. Aber ich litt wegen etwas

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