Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman
sind auf Computern zu finden, die sehr angreifbar sind.
Er wurde vor allem dann verfolgt, wenn er zu Madame Ruth ging. Es war kein Sinn darin zu erkennen, aber so war es. Ein Unbekannter mit hundert Tentakeln wusste genau, was er tat.
Bis sich eines Tages in seiner Sprechstunde dieser große, ziemlich dicke (Lämmchen aus Ávila und Spanferkel aus Segovia), gut gekleidete (auch für die Dicken gibt es Tucci-Modelle) und offenkundig mit seinem Sexualleben zufriedene (Studentinnen, die das, was ihnen die Bücher nicht geben, in einer Agentur suchen) Mann vorstellte. Am Revers trug er noch zwei lange blonde Haare einer tugendhaften jungen Dame. Der Mann, der dafür kämpfte, das Land groß zu machen, sagte zu dem Arzt, der das ewige Leben liebte:
»Ich muss eine Vereinbarung mit Ihnen treffen, Doktor. Es handelt sich um eine einfache Sache, von der Sie schnell überzeugt sein werden, denn die Dinge sind nun mal, wie sie sind.«
Mabel sagte:
»Selbstverständlich könnt ihr hierbleiben, das Haus gehört mir. Hier seid ihr sicher. Aber ihr müsst in einem Zimmer schlafen, wenigstens heute Nacht, ich habe nur noch ein Zimmer frei.«
Mabel hätte auch etwas anderes sagen können: »Du, David, kannst bei mir schlafen.« Aber sie traute sich nicht. Für im Schlafzimmer erzogene Mädchen wie sie war Diskretion die am meisten geschätzte Tugend einer Dame, so viele Tugenden ihr sonst auch verwehrt bleiben mögen. Und für Miralles und Eva, in der Waffenmeisterei erzogen, war Diskretion die Tugend der Bodyguards, und so sagten auch sie nichts.
»Einverstanden«, sagte David Miralles. »Es geht ja auch nur um ein paar Tage.«
»Sie ist deine Assistentin, nicht wahr, David?«
»Ja, meine Assistentin.«
»Wie schön.«
Und dann gingen sie zu dritt durch ein Haus, in dem es keine Hausdiener und keine vertrauenswürdigen Hausmädchen mit ausladendem Hintern gab, die die Hausherrin persönlich ausgewählt hatte. Auch keine zierlichen, absolut nicht vertrauenswürdigen, die der Hausherr an einem regnerischen Abend ausgewählt hatte. Nichts davon war mehr übrig, keine verhätschelten Kinder, keine verhätschelnden Erwachsenen, nicht einmal der Name des Hauses. Aber da waren die Stuckblumenornamente, die Zenitlichter, die von einem republikanischen Zimmermann gefertigten Eichentüren und vor allem das Gefühl, dass sie in dieser alten Welt niemand finden würde. Los, kommt rein, der Marqués hat dieses Haus unter der Maßgabe der Gütertrennung bauen lassen, hier habt ihr zwei Betten zur Trennung der Körper. Das ist euer Schlafzimmer.
39
Der Tucci-Mann, der sich gut kleiden musste, um die Lämmchen aus Ávila zu verbergen, hatte zu dem Arzt, Anhänger des ewigen Lebens, gesagt:
»Die Dinge sind nun mal, wie sie sind.«
Und dann hatte er dem alten Arzt erklärt, was er damit meinte. Er sei ein alter Freund von Madame Ruth, und er wisse, dass sie krank sei und der Arzt sich um sie kümmere, wenngleich ohne allzu viel Hoffnung.
»Und woher wissen Sie, dass ich mich um sie kümmere?«
»Doktor, kommen Sie mir jetzt nicht mit Seminaristenspielchen. Sie haben nicht gerade erst Examen gemacht, Sie sind ein bekannter Mann, der viele Rezepte ausstellt, unter anderem für Betäubungsmittel. Durch die strenge Kontrolle ergeben sich Tausende von Spuren, und ich bin auf eine gestoßen, ohne dass ich gesucht hätte. Ich überwache einige Ausgaben der Krankenkasse, konkret die für die Pensionäre und Rentner, die ihre Medikamente nicht selber zahlen müssen.«
An dieser Stelle könnte es schieflaufen, hatte der Mann gedacht. Der Arzt könnte nachfragen, und er verstand nichts von der Krankenversicherung, das hatte er noch nie. Aber die Erklärung klang plausibel, und außerdem vertraute er auf die berufsmäßige Angst des Arztes. Bei der strengen Kontrolle könnte schließlich jeder glauben, er stelle falsche Rezepte aus, obwohl er das gar nicht tut und eigentlich nur ein friedliches Leben führen will.
Doch der alte Arzt forderte ihn heraus:
»Wenn etwas nicht in Ordnung ist, teilen Sie mir das bitte offiziell mit. Das ist nicht die korrekte Vorgehensweise.«
»Natürlich ist das nicht die korrekte Vorgehensweise. Ich muss es ja wissen! Aber Sie können sich sicher vorstellen, dass ich nicht deswegen hier bin. Ich wollte Ihnen nur erläutern, woher ich weiß, dass Sie der Arzt von Señora Ruth sind. Und weil das die Schweigepflicht nicht berührt, möchte ich Sie etwas fragen.«
»Was?«
»Zunächst möchte ich noch einmal
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