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Der Todesengel von Florenz

Der Todesengel von Florenz

Titel: Der Todesengel von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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die aufliegenden Unterarme sowie um Brust, Oberschenkel und Fußgelenke gezurrt, so dass er sich, den Kopf ausgenommen, nicht bewegen konnte.
    Und er trug Daumenschrauben.
    Pater Angelico krampfte sich der Magen zusammen.
    »Sag uns deinen Namen und deinen Beruf, damit wir wissen, dass wir es mit dem Richtigen zu tun haben«, begann Scalvetti das Verhör mit sanfter Stimme.
    »Si…Silvio, Herr«, stammelte die abgerissene Gestalt auf dem Eichenstuhl und zitterte am ganzen Leib, soweit die Ledergurte das zuließen. »Silvio Mon… Montini, Herr … Färbergehilfe. Aber ich habe nichts ver… verbrochen, dass Ihr mich … mich auf die Folter spannen müsst. Bei Gott, ich schwöre es!«
    »Das hast du mir schon einmal gesagt, und vielleicht erinnerst du dich, dass ich nicht geneigt war, deine Beteuerung für bare Münze zu nehmen«, erwiderte der Commissario in trügerisch freundschaftlichem Ton. »Aber um dem auf den Grund zu gehen, sind wir schließlich hier, nicht wahr?«
    »Soll ich, Herr?«, fragte Sodino im Rücken von Scalvetti.
    Der nickte. »Zieh sie an, aber mach langsam, Sodino. Wir sind nicht in Eile, und wir wollen dem Färber doch Gelegenheit geben, Gott und meinem Amt die gebotene Ehrfurcht zu erweisen, indem er uns sein verschlossenes Herz öffnet und der Wahrheit zum Durchbruch verhilft.«
    »Allmächtiger, nein! Bitte, lasst ab!«, schrie Silvio Montini in Todesangst, als der Folterknecht zu ihm an den Stuhl trat und den Druck der Schrauben durch eine Drehung verstärkte. Augenblicklich verwandelte sich sein Schrei der Angst in einen des Schmerzes.
    Pater Angelico musste an sich halten, Sodino nicht in den Arm zu fallen. Wenigstens zog dieser die Schrauben nicht so brutal an, dass dem Färbergehilfen die Daumen aufplatzten und Blut herausspritzte.
    »Nun, wie steht es jetzt mit deiner Erinnerung? Fallen dir Untaten ein, die du begangen hast?«, erkundigte sich Tiberio Scalvetti gleichbleibend freundlich. »Gibt es etwas, das du dir von der Seele reden willst?«
    »Ja, Herr, ja!«, stieß der Färber keuchend und mit schmerzverzerrtem Gesicht hervor. Dabei nickte er so heftig, als wollte er seinen Kopf vom Rumpf schütteln. »Ich habe gestohlen, Herr! Ein braccio [2] Tuch, Herr! Dem Färbermeister Sassetti! Letztes Jahr! Und … und … und eine Börse an Lichtmess! Die habe ich einem betrunkenen Kaufmann vom Gürtel geschnitten. Waren nur zwei Soldi und vier Piccioli drin. Mehr war es nicht, bei Gott und allen Heiligen!«
    Tiberio Scalvetti nickte wohlwollend. »Du machst dich prächtig. Wärmt es dir nicht auch das Herz, dass du dir die Last dieser Schurkereien endlich von der Seele gesprochen hast?«, höhnte er. »Aber da die Tore deines dunklen Herzens sich nun endlich dem Licht der Wahrheit geöffnet haben, wollen wir uns nicht länger mit deinen kleinen Gaunereien beschäftigen, sondern zu deinen verruchten Bluttaten kommen. Sie müssen dir doch auf der Seele liegen wie Mühlsteine.«
    Der Färber riss die Augen auf. »Bluttaten? Wovon redet Ihr, Herr? Nie im Leben nicht habe ich Blut vergossen! Ich kann noch nicht einmal den Anblick von Blut vertragen, bei meiner Seele nicht!«
    »Wirklich?« Der Commissario musterte ihn scheinbar verblüfft. »Wie hast du es dann fertiggebracht, den Pater und die Frau des Wachsbildners abzustechen? Mit einer Binde vor den Augen?«
    Der Mönch konnte mit ansehen, wie dem Mann dämmerte, welchem Umstand er seine Verhaftung und die Folter verdankte. »Nein, nein, hochwürdiger Herr! Das war ich nicht!«
    »Aber es gibt Leute, die haben gehört, wie du dich damit gebrüstet hast«, hielt Scalvetti ihm vor.
    »Bei den Leiden des Erlösers, das habe ich doch nur zum Scherz gesagt! Habe auch gelacht!«, stieß der Färber mit schriller, sich überschlagender Stimme hervor. »Ich habe die Morde nicht begangen, Herr. Das war der Gezeichnete! Der Gezeichnete war es, so wahr mir Gott helfe!«
    Sodino gab ein leises, abfälliges Lachen von sich.
    »So, du hast also den Teufel gesehen, und der Leibhaftige hat den Pater und die Wachsbildnerin abgestochen, ja?«, fragte Tiberio Scalvetti ruhig nach, um dann mit einem Seufzen den Kopf zu schütteln. »Du enttäuschst mich, Silvio Montini, du enttäuschst mich über alle Maßen, wo wir doch eben schon auf einem so guten Weg zu den Tiefen der Wahrheit waren. Willst du wirklich auf halbem Weg kehrtmachen und dich wieder verstockt zeigen? Nun, es liegt ganz bei dir, ob wir zusammen den leichten oder den weniger angenehmen Weg

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