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Der Todesengel von Florenz

Der Todesengel von Florenz

Titel: Der Todesengel von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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zurück auf den Pfad tugendhafter Offenheit nehmen!«
    Sodino warf dem Commissario einen fragenden Blick zu, doch der bedeutete ihm mit einer knappen Handbewegung, er solle abwarten.
    Grenzenlose Verzweiflung stand in Silvio Montinis Gesicht, als er begriff, dass der Folterknecht ihn so lange martern würde, bis er sagte, was der Commissario hören wollte. Er sah, dass man seinen Beteuerungen keinen Glauben schenken würde und dass sein Schicksal damit besiegelt war. Mit dieser Erkenntnis fiel jegliches Aufbegehren und Beteuern von Unschuld wie ein Strohfeuer in sich zusammen, und er gestand unter hemmungslosem Schluchzen, die Morde begangen zu haben.
    »Ihr könnt doch nicht im Ernst glauben, dass …«, setzte Pater Angelico – empört und von Scalvettis offensichtlicher Verblendung zutiefst erschüttert und abgestoßen – zum Protest an.
    »Bis repetitia non placent«, fiel der Commissario ihm freundlich, aber zurechtweisend ins Wort. Wiederholungen gefallen nicht! Dann wandte er sich wieder dem schluchzenden Färber zu. »Gut, das hätten wir also geklärt. Jetzt gilt es nur noch, einige nebensächliche Einzelheiten zu bestätigen. Erzähl uns, wie du die beiden ermordet hast!«
    »Abgestochen habe ich sie und … und dann verstümmelt«, sagte der Färber eilfertig. »Und Tarotkarten habe ich auf den Leichen zurückgelassen … und dann … dann habe ich ihnen alles abgenommen, was sie an Geld bei sich hatten.«
    Tiberio Scalvetti nickte scheinbar zufrieden. »Du hast ihnen also dein Messer ins Herz gerammt!«
    »Ja, das habe ich, Herr! Mitten ins Herz, damit sie gleich tot sind!« Er ließ den Kopf auf die Brust sinken und fing erneut an zu schluchzen.
    Einen Augenblick stand der Commissario mit ausdrucksloser Miene vor dem Färbergehilfen, der sein Leben verwirkt wähnte und sich schon auf dem Richtplatz sah. Dann wandte er sich ab und trug dem Folterknecht auf: »Verpass ihm eine ordentliche Tracht Prügel, und dann lass ihn laufen. Der Kerl hat die Morde so wenig begangen wie der Teufel!«
    Sodino machte ein überraschtes Gesicht, und genauso schaute auch Pater Angelico drein.
    Ein von Tränen erstickter Schrei der Erlösung entrang sich der Kehle des Färbers. »Seid gesegnet, Herr! Seid gesegnet!«
    Tiberio Scalvetti bedachte den Mönch mit einem dünnen Lächeln. »Ich bin nicht das gefühllose Ungeheuer, für das Ihr mich vermutlich gehalten habt«, sagte er mit gekränktem Unterton. »Habt Ihr tatsächlich geglaubt, ich würde den armen Hund foltern lassen, bis er auch noch gesteht, einen Anschlag auf das Haus Medici zu planen?«
    Verwirrt folgte Pater Angelico ihm aus der Folterkammer. »Aber warum, in Gottes Namen, habt Ihr ihn überhaupt auf den Stuhl binden und ihm Daumenschrauben anlegen lassen?«
    »Weil ich mir sicher war, dass jemand, dessen bevorzugte Schenke die Tre Pupazzi ist, in jedem Fall genügend Dreck am Stecken hat«, erklärte Scalvetti. »Dass er da auf dem Stuhl gesessen hat, mit Daumenschrauben an den Händen, wird ihm hoffentlich eine Lehre sein. Nun können wir hoffen, dass er sich fortan mit ehrlicher Arbeit durchs Leben schlägt.«
    »Er hat mehrere Diebstähle gestanden. Dafür hättet Ihr ihm nach Gesetz und Sitte die Ohren oder die rechte Hand abschneiden lassen müssen, aber Ihr habt es nicht getan«, stellte Pater Angelico fest, während sie die Treppe nach oben stiegen. »Und das wohl kaum, weil Ihr es vergessen hättet.«
    »Ich halte nichts davon, den Leuten zur Strafe für ihre Missetaten Ohren, Nasen oder gar Hände abzuschlagen«, gab Scalvetti unumwunden zu. »Damit brandmarken wir sie als Verbrecher und zwingen sie geradezu, weiterhin gegen die Gesetze zu verstoßen. Denn wer gibt einem, den man so als Dieb gezeichnet hat, noch ehrliche Arbeit? Besser wäre es, man würde Gauner wie den Färber für ein, zwei Jahre zu schwerer Arbeit in einem Steinbruch oder sonst wo verurteilen. Aber dazu bräuchte es Unterkünfte und Wachen und was weiß ich noch alles. Also brandmarkt man sie und verbaut ihnen damit für den Rest ihres Lebens jede Möglichkeit, auf dem Weg der Gesetze zu bleiben.« Er zuckte die Achseln. »Die Dummheit der Menschen ist grenzenlos, und sie macht auch vor den höchsten Regierungsämtern nicht halt.«
    Als sie im Innenhof des Bargello standen und Pater Angelico seinen Umhang vor der Brust zusammenraffte, um sich gegen den frischen Wind zu schützen, fiel ihm ein, dass er dem Commissario bislang etwas unterschlagen hatte, das von Wichtigkeit sein

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