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Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt

Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt

Titel: Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Stromiedel
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ihn an. Simon versetzte es einen Stich, sie so zu sehen. Doch seine Enttäuschung war größer als der Wunsch, auf sie zuzugehen, und so zog er seine Jacke zu und verließ die Hütte.
    »Simon …« Leise rief sie ihm nach.
    Er drehte sich um.
    »Es tut mir leid.«
    Sie sahen sich an. Ira sah bedrückt aus. Simon hätte sie am liebsten in den Arm genommen. Doch er lächelte nur ein wenig.
    Dann blickte er Philja an. »Bitte, nimm sie mit und bring sie zu deiner Familie. Wir kommen so bald zurück, wie wir können.«
    Philja nickte.
    Noch einmal sah er zu Ira, dann drehte er sich um und verließ die Hütte. Ashakida folgte ihm.

[zurück]
40
    Die Tür im Eingangsportal öffnete sich knarrend, sie war schwer, Simon konnte sie kaum halten. Ashakida glitt als Erste durch den Spalt, er folgte ihr. Sie betraten einen Vorraum, an dessen Ende eine breite Treppe in die Tiefe führte. Philja hatte das Innere des Gebäudes richtig beschrieben. Ornamente und abblätternde Malereien schmückten die Wände, ein gewaltiger Kronleuchter hing an einer Kette von der Decke herab. Die Fahrkartenschalter waren verlassen, genau wie die Läden, die früher einmal Reisende mit Proviant und Zeitungen versorgt hatten. Kein Mensch war zu sehen.
    Sie erreichten die Treppe und begannen mit dem Abstieg in die Halle. Die Luft war feucht und drückend, so wie in dem U-Bahnhof, den sie auf ihrem Weg in die verlorene Stadt durchquert hatten. Sonnenstrahlen brachen durch die Fenster und fielen hinab in die Halle, der nasse Hallenboden blinkte auf. Simon sah hinauf zu den Fensterbögen. Zwei Gestalten standen dort oben und schauten zu ihnen herab, es waren Ira und Philja, Simon konnte sie in dem Gegenlicht kaum erkennen. Er hob seine Hand. Eine der Gestalten winkte zurück.
    Ihm fiel sein Handschuh ein. Simon fummelte ihn aus seiner Hosentasche und zog ihn sich über. Er konzentrierte sich und im gleichen Augenblick glitten klickernd die Schuppenglieder zusammen. Das blaue Licht auf dem Handrücken leuchtete auf. Es ging immer besser, je öfter Simon es versuchte.
    Sie stiegen über ein paar von der Decke herabgestürzte Trümmer und erreichten das letzte Drittel der Treppe. Hier waren die Stufen feucht, so wie alles in der Halle nass war ab genau diesem Punkt. Simon vermutete, dass der Stundenfluss bis zu dieser Höhe durch die Halle brandete.
    Überall dort, wo der Boden und die Wände feucht waren, herrschte Chaos. Der Fluss hatte fast alles zerstört, was sich ihm in den Weg gestellt hatte: Bänke, Hinweisschilder, Pavillons, alles war herausgerissen und fortgespült. Sogar ein Loch hatte das Wasser in den Boden gebrochen. Nur eine große Uhr stand unverrückt in der Halle, sie ruhte auf einem Sockel, der aus massiven Steinen gemauert war und der dem Druck des Stundenflusses standgehalten hatte.
    Vorsichtig suchten sie sich einen Weg durch das Treibgut, das den Boden der Halle bedeckte: Holzstücke, rund gescheuerte Steine, dazwischen Papierfetzen, Plastikscherben und Kunststofffolien. Auch ein paar leere Plastiktonnen lagen auf dem Boden, sie waren wie alles andere vom Wasser hierhergespült worden.
    Ashakida war in der Mitte der Halle stehen geblieben. Sie blickte zu dem Schacht, den Philja und die anderen den Stundentunnel genannt hatten, eine feuchte, tropfende Höhle, an dessen Wänden Algen wuchsen. Die Leopardin schnupperte und nahm Witterung auf. Ihre Nackenhaare sträubten sich. Simon spürte, dass sie unruhig war, sie musste so wie er an ihren Kampf gegen den Stundenfluss denken. Noch einmal wollte er so etwas nicht erleben.
    Ein Läuten erklang, ein feiner, heller Ton, der durch die Halle schwebte. Überrascht sah sich Simon um. Der Glockenklang kam von der Uhr, die auf der Säule in der Halle stand. Das Schlagwerk schlug viermal. Simon blickte auf das Ziffernblatt: Der große Zeiger stand auf der vollen Stunde.
    Plötzlich begann der Boden zu zittern. Ein leises Rauschen war zu hören, es wurde lauter und lauter, bis es sich zu einem Dröhnen steigerte. Simon kannte das Geräusch aus dem U-Bahn-Tunnel: Der Stundenfluss kam!
    Er reagierte sofort: »Schnell, zurück!« Er drehte sich um und rannte auf die Treppe zu. Ashakida hetzte ihm nach. Doch das Wasser war schneller: Brüllend schoss es aus dem Tunnel und stürzte in die Halle. Innerhalb von Sekunden war ihnen der Weg zur rettenden Treppe abgeschnitten.
    »Die Uhr!« Simon versuchte vergeblich, mit seiner Stimme das Tosen zu übertönen. Doch Ashakida verstand ihn auch so, sie hatte

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