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Der Tote am Steinkreuz

Der Tote am Steinkreuz

Titel: Der Tote am Steinkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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plötzlich klar, daß das in den fünf Königreichen anders war.
    »Bruder Eadulf meint«, schaltete sich Fidelma ein, »daß Teafas Hütte klein ist und am Rande des rath liegt, während sie doch erwarten konnte, größere Behaglichkeit innerhalb des Wohnbereichs des Fürsten zu genießen.«
    Dubán machte ein gleichgültiges Gesicht.
    »Es war ihr eigener Wunsch. Ich erinnere mich, daß sie sich dafür entschied, kurz nachdem sie Móen zu sich genommen hatte.«
    Teafas Hütte schien nur klein zu sein, doch als Fidelma eintrat, sah sie, daß sie in drei Zimmer unterteilt war. In einem großen Raum hatten Teafa und ihr Schützling offensichtlich gekocht und gegessen und ihn als allgemeinen Wohnraum benutzt. In den meisten Häusern dieser Größe nannte man das tech immácallamae oder »Gesprächsraum«. Es war der übliche Sammelpunkt für die Familie und ihre Freunde. Zwei Türen führten zu Schlafräumen. Es war offenkundig, welcher Móen gehört hatte, denn er besaß kein Fenster, und das Licht, das durch die offene Tür fiel, enthüllte nur eine einfache Matratze auf dem Boden und keine Möbel.
    Fidelma wollte sich schon abwenden, als ihr Blick auf etwas hinter der Tür von Móens Schlafraum fiel.
    »Gibt es hier eine Kerze oder eine Lampe?« fragte sie.
    Dubán holte Feuerstein und Zunder von einem Seitentisch und hatte bald eine hohe Talgkerze entzündet.
    Fidelma nahm die Kerze, ging in Móens Zimmer und untersuchte die Ecke hinter der Tür. Für ein ungeübtes Auge sah es wie Brennholz aus, was dort hoch aufgeschichtet lag, Bündel auf Bündel, mit Lederriemen zusammengebunden.
    »Komm mal her, Eadulf«, rief Fidelma. »Was hältst du davon?«
    Eadulf trat ein, gefolgt von Dubán, der ihm über die Schulter schaute und nur Bündel von Stöcken erblickte.
    »Ein merkwürdiger Platz für Brennholz«, bemerkte Dubán.
    Eadulf nahm ein Bündel in die Hand. Die Stöcke waren auf eine gleichmäßige Länge von etwa einem halben Meter geschnitten. Meist waren es Haselruten, doch gab es auch einige Eibenstöcke darunter. Eadulf untersuchte sie sorgfältig und öffnete ein Bündel, um sich die Stäbe genauer anzusehen. Schließlich wandte er sich mit einem wissenden Lächeln an Fidelma.
    »Solche prachtvollen Exemplare findet man nicht oft außerhalb der großen Bibliotheken.«
    Dubán machte ein verblüfftes Gesicht.
    »Was meint er denn, Schwester?«
    Fidelma sah Eadulf so wohlwollend an wie eine Lehrerin einen klugen Schüler.
    »Er meint, daß diese Stücke Brennholz, wie du es nennst, in Wirklichkeit ›Stäbe der Dichter‹ sind. So nennt man alte Bücher. Schau genau hin. Dann siehst du, daß auf ihnen etwas in der alten Ogham-Schrift eingeritzt ist.«
    Dubán betrachtete sie interessiert. Er hatte sichtlich keine Ahnung von dieser alten Form der Schrift.
    »War Teafa denn eine Gelehrte?« fragte Eadulf.
    Der Krieger schüttelte verwundert den Kopf.
    »Das hat sie nie von sich behauptet, aber ich glaube, sie wußte in den Künsten und in der Dichtung gut Bescheid. Wahrscheinlich kannte sie auch die alte Schrift, deshalb überrascht es mich nicht, daß sie diese Stäbe hier hatte.«
    »Immerhin«, meinte Fidelma, »habe ich außerhalb der Abtei-Bibliotheken noch keine so schöne Sammlung gesehen.«
    Eadulf schnürte das Bündel sorgfältig wieder zu und legte es an seinen Platz, während Fidelma in den Hauptraum zurückging. Sie blickte in den zweiten Schlafraum. Teafas Zimmer war reicher und besser eingerichtet. Es zeugte von vergangenem Wohlstand, über den die Tochter und Schwester eines Fürsten zweifellos verfügte. Da Fidelma die Kerze nun nicht mehr brauchte, blies sie sie rasch aus. Sie wandte sich an Dubán.
    »Als du Crón den Tod Ebers gemeldet hattest und sie dich zu Teafa geschickt hatte, um Móen zu beruhigen, bist du da direkt hierhergegangen?«
    »Ja. Ich kam an die Tür und fand sie ein Stück geöffnet.«
    »Geöffnet?«
    »Sie stand einen Spalt weit offen – genug, um mich spüren zu lassen, daß etwas nicht in Ordnung war.«
    »Warum? Eine leicht offenstehende Tür muß doch nichts Schlimmes bedeuten?«
    »Teafa nahm es sehr genau damit, Türen zu schließen.«
    »Um Móen drinnen zu halten?« vermutete Eadulf.
    »Eigentlich nicht. Móen durfte nach draußen, aber damit er die Grenzen seines Bereichs erkennen konnte, blieben die Türen immer geschlossen, damit er nicht unabsichtlich hindurchging.«
    »Ich verstehe. Sprich weiter. Die Tür stand einen Spalt weit offen.«
    »In der Hütte war

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