Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tote am Steinkreuz

Der Tote am Steinkreuz

Titel: Der Tote am Steinkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
Vom Netzwerk:
eingesperrt ist und von wem. Wenn du dich nicht mit ihm verständigen kannst, wie kann er dann wissen, was er getan haben soll? Hat er versucht, sich mit dir zu verständigen?«
    Dubán vermochte ihre Frage nicht ernst zu nehmen.
    »Vermutlich hat er es versucht, auf seine tierhafte Art.«
    »Wie sieht das aus?«
    »Er bemüht sich, unsere Hände zu erfassen, und macht Bewegungen mit seinen Händen, als wolle er Aufmerksamkeit erregen. Aber er weiß doch, daß nur Teafa ihn verstehen kann.«
    »Genau«, sagte Fidelma grimmig. »Bist du nicht auf den Gedanken gekommen, daß Móen annehmen könnte, Teafa sei noch am Leben, und daß er versucht, sie holen zu lassen, damit er sich verständlich machen kann?«
    Dubán schüttelte den Kopf.
    »Er hat Teafa umgebracht, was du auch dagegen sagst, Schwester.«
    »Dubán, du bist ein Starrkopf.«
    »Und du bist anscheinend ebenso stur.«
    »Warum probieren wir nicht aus, ob wir uns mit dem Geschöpf verständigen können?« brachte Eadulf als Kompromiß vor.
    »Ein guter Vorschlag, Eadulf«, stimmte ihm Fidelma bei und ging ihnen voran.
    Móen war immer noch im Stall angekettet, hatte sich aber sehr verändert. Eine Box war gesäubert worden. In einer Ecke lag ein Strohsack, und daneben standen ein Krug Wasser und ein Nachtstuhl. Móen saß im Schneidersitz auf dem Strohsack, war allerdings noch an einem Knöchel angekettet.
    Fidelma sah sofort, daß ihre Anweisungen befolgt worden waren. Man hatte ihn gewaschen, ihm Haar und Bart gestutzt und ihn gekämmt. Nur seine leer starrenden weißen Augen und sein schief gehaltener Kopf ließen erkennen, daß er nicht wie andere Menschen war. Eigentlich, stellte Fidelma traurig fest, sah der junge Mann recht gut aus.
    Als sie eintraten, vibrierten seine Nüstern leicht. Er wandte den Kopf in ihre Richtung, und man konnte kaum glauben, daß er sie nicht sehen konnte.
    »Na«, fragte Dubán spöttisch, »wie willst du dich nun mit ihm verständigen, Schwester?«
    Fidelma ignorierte ihn.
    Sie winkte Eadulf, zurückzubleiben, trat auf den jungen Mann zu und blieb vor ihm stehen.
    Er fuhr unruhig zurück und hob wieder die Hand, wie um seinen Kopf zu schützen.
    Fidelma wandte sich um und sah Dubán finster an.
    »Daran erkenne ich, wie man den Unglücklichen behandelt hat.«
    Dubán wurde rot.
    »Ich aber nicht!« erwiderte er. »Und bedenke, daß dieses Geschöpf getötet hat – zweimal!«
    »Das ist immer noch kein Grund, ihn zu schlagen. Würdest du ein stummes Tier schlagen?«
    Sie wandte sich wieder Móen zu, ergriff dessen erhobene Hand und schob sie sanft zur Seite.
    Die Wirkung war faszinierend. Das Geschöpf machte eine eifrige Miene, seine Nüstern blähten sich, und es schien Fidelmas Geruch aufzunehmen.
    Fidelma setzte sich vorsichtig neben Móen.
    Dubán wollte vortreten, die Hand am Schwertgriff.
    »Das darf ich nicht zulassen …«, protestierte er.
    Eadulf packte Dubán und hielt ihn zurück. Dubán wunderte sich, wie fest sein Griff war.
    »Warte«, sagte Eadulf leise zu ihm.
    Móen streckte die Hand aus und berührte forschend Fidelmas Gesicht mit den Fingerspitzen. Fidelma blieb still sitzen und ließ Móen ihre Züge betasten. Dann hob sie ihr Kruzifix an und legte es ihm in die Hand. Plötzlich lächelte er freudig und nickte.
    »Das versteht er«, erklärte sie ihnen. »Er begreift, daß ich eine Nonne bin.«
    Dubán schnaubte verächtlich.
    »Jedes Tier reagiert auf Freundlichkeit.«
    Móen hatte die Hand ausgestreckt und Fidelmas Hände ergriffen.
    »Was macht er?« fragte Eadulf.
    »Er klopft mir auf die Hand und zeichnet Symbole …«, murmelte Fidelma nachdenklich. »Merkwürdig, ich glaube, sie bedeuten etwas. Aber was?«
    Mit einem kurzen resignierten Seufzer nahm sie Móens Hand und schrieb einige Worte in großen lateinischen Buchstaben darauf.
    »Ich bin Fidelma«, sprach sie dazu.
    Móen runzelte die Stirn bei ihrer Berührung.
    Er knurrte, schüttelte den Kopf, ergriff wieder ihre Hand und fuhr fort mit seinen seltsamen klopfenden und streichenden Bewegungen.
    »Das hat offensichtlich einen Sinn«, meinte Fidelma enttäuscht. »Das muß die Art sein, in der sich Teafa mit ihm verständigt hat. Aber was heißt es?«
    »Vielleicht ist es ein Code, den nur Teafa und Móen kannten«, vermutete Eadulf.
    »Das könnte sein.«
    Fidelma unterbrach die raschen Bewegungen von Móens Fingern auf ihrer Hand.
    Móen schien zu begreifen, daß sie seine Verständigungsweise nicht erfaßte, denn er ließ die Hände in

Weitere Kostenlose Bücher