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Der Tote am Steinkreuz

Der Tote am Steinkreuz

Titel: Der Tote am Steinkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Leute haben mir gesagt, Eber sei die Freundlichkeit und Großzügigkeit in Person gewesen und überall in Araglin hochangesehen. Hat man mich falsch unterrichtet?«
    Ein bitteres Lächeln verzog Pater Gormáns Mund.
    »Eber hatte einen Vorzug: Er war ein großzügiger Mensch. Weiter reichten seine Tugenden aber nicht, und sein Leben war eine einzige lange Reihe von Lastern. Was meinst du, weshalb seine Gattin das Ehebett verlassen hat?«
    »Ich habe sie danach gefragt, und sie hat nur gesagt, daß es in gegenseitigem Einvernehmen geschah.«
    Pater Gormán schnaubte skeptisch.
    »Ich habe ihr zugeredet, sie solle sich nach dem Gesetz scheiden lassen. Doch sie ist eine stolze Frau, wie es ihr als Fürstin ihres Stammes auch zukommt.«
    »Warum hast du ihr geraten, sich von Eber scheiden zu lassen?« fragte Fidelma.
    »Weil er ein Mann war, der nicht für die Ehe taugte.«
    »Cranat war nicht der Meinung, so hat sie es mir jedenfalls gesagt. Kannst du dich genauer ausdrücken?«
    »Ich kann weiter nichts sagen, als daß Eber …« Er erschauerte und bekreuzigte sich. »Entschuldige, aber er war sexuell pervers.«
    »Auf welche Art?« fragte Fidelma nach.
    »Meinst du, daß er lieber mit Knaben oder jungen Männern schlief als mit Frauen?« vermutete Eadulf, der plötzlich einen Grund für Móens Mordtat zu erkennen glaubte. »Hat Eber Móen sexuell mißbraucht?«
    Pater Gormán hob die Hände, und in seinem Gesicht malte sich Entsetzen.
    »Nein, das nicht! Nein, Eber liebte das andere Geschlecht sehr, vielleicht zu sehr.«
    »Ach, ich verstehe. Wußte Cranat davon?«
    »Jeder wußte davon. Cranat erfuhr es als letzte. Er war schon immer so, schon seit der Pubertät. Seine Schwestern wußten das sehr gut, und es war Teafa, die es Cranat schließlich sagen mußte. Das hat mir Cranat erzählt. Danach hat sie beschlossen, das eheliche Bett zu verlassen.«
    »Warum hat sich Cranat nicht von ihm getrennt?«
    »Wegen ihrer Tochter Crón. Wegen der Schande, die daraus entstanden wäre. Und dann war es so, daß Cranat, obwohl eine Fürstin ihres Stammes, kein eigenes Geld oder Land besaß. Sie heiratete Eber seines Geldes wegen. Er heiratete sie ihrer hohen Abstammung und ihrer Familienbeziehungen wegen. Das ist wohl keine gute Basis für eine Ehe.«
    »Ich verstehe. Aber nach dem Gesetz hatte doch Cranat die Möglichkeit, sich von ihm zu lösen? Wenn Cranat sich von Eber aus den vor dir erwähnten Gründen scheiden ließ, konnte sie alles behalten, was sie in die Ehe gebracht hatte. Wenn es da nichts gab, hatte sie außerdem Anspruch auf ein Neuntel des Vermögenszuwachses ihres Gatten während der Zeit der Ehe. Wenn sie also bei der Heirat nichts besaß, hätte doch ein Neuntel des Reichtums, den Eber in den ungefähr zwanzig Jahren seiner Ehe mit Cranat angehäuft hatte, ausgereicht, um ihr ein gutes Leben zu sichern.«
    »Das hätte es wohl«, antwortete Pater Gormán ein wenig bitter. »Ich hätte ihr helfen können. Aber sie entschied sich zum Bleiben.«
    Fidelma sah ihn nachdenklich an.
    »Du hegst offensichtlich starke Gefühle für Cranat«, bemerkte sie leise.
    Pater Gormán errötete.
    »Es ist doch nichts Unrechtes dabei, wenn man einem ernsten Übelstand abhelfen will.«
    »Überhaupt nichts«, versicherte ihm Fidelma. »Aber damit hast du dich bestimmt bei Eber nicht beliebt gemacht. Wie ich höre, meinst du, daß Móen mit dem Verlust seines eigenen Lebens bestraft werden sollte.«
    »Ist das Wort Gottes nicht deutlich genug? Wenn ein Mensch einem anderen ein Auge nimmt, dann soll man ihm auch ein Auge nehmen. Ich glaube an das volle Maß der Vergeltung, wie es unser Glaube und die römische Kirche lehren.«
    Fidelma schüttelte den Kopf.
    »Auf die Spitze getriebene Gerechtigkeit ist oft ungerecht.«
    Pater Gormáns Augen verengten sich.
    »Das riecht nach der Weisheit des Pelagius.«
    »Ist es unrecht, die Worte eines weisen Mannes zu zitieren?«
    »Die Kirchen Irlands sind voller pelagianischer Ketzereien«, höhnte der Priester.
    »War Pelagius solch ein Ketzer?« fragte Fidelma milde.
    Pater Gormán verschlug es fast die Sprache vor Empörung.
    »Du zweifelst daran? Kennst du dich nicht in der Geschichte aus?«
    »Ich weiß, daß Papst Zosimus ihn von der Ketzerei freisprach trotz des Drucks von Augustin von Hippo, der den Kaiser Honorius dazu überredete, ein kaiserliches Dekret zu erlassen, mit dem er verurteilt wurde.«
    »Aber Papst Zosimus hat ihn später doch der Ketzerei schuldig befunden.«
    »Nachdem

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