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Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Bellin
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abgestiegen. Hatte sich als ›Paul und Britta Hugendübel‹ eingetragen. Keine weiteren Hinweise. Wahrscheinlich ein illegales Pärchen, ein Fantasiename. Vielleicht aber auch nicht. Es gab keine verbindlichen Kriterien in Mordfällen.
    Er war abgereist. Sie war geblieben. Es hatte zwei Anrufe für sie gegeben, einen spät am Abend der Mordnacht, den zweiten am Morgen danach. Der erste war durchgestellt worden. Beim zweiten hatte sich niemand in 316 gemeldet. Der Angestellte hinter dem Tresen meinte den Herrn Hugendübel wenig später gesehen zu haben, wie er die Hotelhalle durchquerte und zum Fahrstuhl ging. Aber ganz sicher war er sich nicht.
    Großer Mist: Der Tote ohne Gesicht war nicht der Hugendübel. Das sagten die Hotelbediensteten jedenfalls einstimmig aus. Er hätte eine ganz andere Statur gehabt. Kleiner und stämmiger. Auch sein Outfit sei völlig anders gewesen. Eindeutig elegant, sportlich elegant. Der Tote sehe ja auch wie ›Knaaks Monatsgarderobe‹, nee, niemals. Und die junge Frau … jetzt wird mir schlecht … ach Gott, ach Gott.
    Wedel wußte, was man von Zeugenaussagen zu halten hatte. Gar nichts. Bis auf einzelne Glücksfälle, bei denen mit einem präzisen Wahrnehmungsvermögen begabte Personen selbst Kleinigkeiten registriert hatten.
    Aber Bernd Wedel hatte nicht soviel Glück. War kein Glückskind. Würde auch nie in die lichten Höhen eines Direktorenpostens oder so aufsteigen. Na, wenn schon.
    Die Frau war weg. Spurlos verschwunden. Ihre Kleider hingen im Schrank, die Schuhe standen unten, von High Heels bis Sportlatschen. In einer Schublade lagen erstklassige Dessous. Im Bad waren verschwenderisch Cremetiegel und Parfümflaschen aufgestellt. Auf dem Nachttisch lag Modeschmuck. Und dann waren da auch Gepäckstücke, nachempfundenes Vuitton-Design.
    Eine Luxuslady mit kleinen Fehlern also. Portiers ordneten, wie Wedel wußte, Gäste sofort nach der Qualität ihres Gepäcks ein. Tcha, das wußten viele Neureiche und Gernegroße nicht.
    Die dachten, der dicke Schlitten draußen und das reiche Trinkgeld würden's bringen. Doch sie waren längst taxiert und zu billig befunden. Ab ins Stockwerk für die zweite Garnitur! Diese Lady hier, offenbar ein schnuckliger Käfer, nach der Kleidung zu urteilen, war also weg. Und nun kam die Kardinalfrage: die nach dem Motiv.
    Sie könnte es einerseits gewesen sein. Vielleicht wollte der Tote sie erpressen, mit etwas, das ihr Hugendübel nicht wissen durfte? Aber nein, sie schied beinahe zuverlässig aus.
    Wenn Frauen überhaupt schossen, machten sie nicht derartig Hackfleisch aus ihrem Opfer. Das war keine zierliche Waffe gewesen, sondern der Ballermann eines Profis. Mit Sprengwirkung. Zu laut? Nun, es war in Hotels an vielen Stellen laut, da wurde gehämmert, Staub gesaugt, Lautsprechermusik voll aufgedröhnt, Gäste lärmten auf Gängen und in Zimmern. Eine Frau konnte schließlich nicht gleichzeitig schießen und zustechen. Nicht einmal ein Mann hatte das drauf. Aber er konnte es vielleicht nacheinander tun.
    Angenommen, Hugendübel hatte seine Gefährtin mit dem Toten, damals natürlich noch Lebendigen, haha, überrascht, hatte schon so etwas geahnt, Totmacher eingesteckt, schoß und stach dann in wilder Wut auf ihn ein, während sie flüchtete?
    So ein Quatsch!
    Also, die zierliche Kleine wäre gar nicht in der Lage gewesen, den sehnigen, muskulösen, offenbar durchtrainierten Kerl zu töten. Hugendübel kam für das Motiv ›Eifersucht‹ in Frage. Hatte sich möglicherweise als Hotelbediensteter ausgegeben und gerufen: »Telegramm für …« Der Nebenbuhler öffnet. Vollständig angekleidet. Das sah ja nun nicht nach heißer Liebe aus. Aber vielleicht ist der Kerl gerade erst angekommen? Oder will gerade gehen und hat sich schon wieder angepellt?
    Es konnte so gewesen sein, aber Wedel wußte: So war es bestimmt nicht gewesen! Da sei meine Spürnase vor, dachte er. Etwas Wichtiges liegt in der Luft, ich rieche: Schwerkaliber-Kriminalität.
    Wenn die Kleine geflohen wäre, hätte sie sich ja wohl inzwischen gemeldet. Ist sie entführt worden? Ach, warum sollte man sie entführt haben?
    Wer ist der Tote? Er hatte weder Papiere noch eine Waffe. Man konnte ihm aber beides abgenommen haben. Fingerabdrücke gab es natürlich nicht. Selbst Laien hinterlassen heutzutage keine mehr, und das hier sieht verdammt nach Profiarbeit aus.
    Die Theorie, der zurückkehrende Hugendübel habe einen Einbrecher überrascht und getötet und sei dann mit seiner

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