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Der tote Raumfahrer

Der tote Raumfahrer

Titel: Der tote Raumfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James P. Hogan
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mit der Zeit, um von der sterbenden Welt zu entkommen; und währenddessen war seine Geschichte eine lange Aneinanderreihung von Kriegen und Mühsal. Ihre Schwierigkeiten wurden von einem chroni-schen Mangel an Mineralien verstärkt, vielleicht deshalb, weil der Planet von Natur aus rohstoffarm war, oder deshalb, weil er von den Ganymedern vollkommen ausge-beutet worden war. Jedenfalls kristallisierten sich aus den kriegführenden Parteien zwei Supermächte heraus, und in der folgenden Kraftprobe vernichteten sie ihren Planeten und sich selbst.«
    An diesem Punkt legte Hunt erneut eine Pause ein, um seinem Publikum eine zweite Möglichkeit zum Nachdenken zu geben. Diesmal jedoch blieb es vollkommen still.
    Nichts von dem, was er bisher gesagt hatte, war neu. Aber er hatte aus den tausend Theorien und Spekulationen, über die man sich bei Navkomm bereits so lange stritt, wie man sich zurückerinnern konnte, ein einheitliches Bild entwor-

    fen. Die schweigenden Zuschauer im Saal spürten, daß jetzt die wirklichen Neuigkeiten kamen.
    »Lassen Sie uns einen Augenblick innehalten und prüfen, wie gut diese Erklärung zu dem vorhandenen Tatsa-chenmaterial paßt. Erstens: das ursprüngliche Problem von Charlies menschlichem Äußeren. Nun, das ist gelöst: Er war menschlich – er stammte von den gleichen Vorfahren wie wir selbst ab. Etwas so Unwahrscheinliches wie eine parallele Evolutionslinie ist für die Erklärung nicht notwen-dig. Zweitens: das Fehlen irgendwelcher Spuren der Lunarier auf der Erde. Nun, der Grund ist vollkommen klar: Sie waren niemals auf der Erde. Drittens: Alle Versuche, die Oberflächengeographie von Charlies Welt mit der der Erde in Einklang zu bringen, werden durch diese Erklärung überflüssig, da es tatsächlich zwei verschiedene Planeten waren.
    So weit, so gut. Dies allein erklärt jedoch nicht alle Fakten. Es gibt einige zusätzliche Punkte, die in die Erklärung jeder Theorie eingefügt werden müssen, die den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Sie können durch die folgenden Fragen kurz umrissen werden:
    Eins: Wie war es möglich, daß Charlies Reise von Minerva zu unserem Mond nur zwei Tage dauerte?
    Zwei: Wie erklären wir unter Berücksichtigung des Standes der lunarischen Technik die Existenz eines Waf-fensystems, das über die Entfernung von unserem Mond bis zu Minerva exakt auf ein Ziel ausgerichtet werden konnte?
    Drei: Wie konnte die Treffer-Bestätigungsmeldung an das Feuerleitsystem in wesentlich weniger als dem Minimum von sechsundzwanzig Minuten erfolgen, das über eine solche Entfernung nötig gewesen wäre?
    Vier: Wie konnte Charlie Oberflächenstrukturen auf Minerva erkennen, wenn er auf unserem Mond stand?«
    Hunt sah vom Schirm herunter und gab seinem Publikum reichlich Zeit, über diese Fragen nachzudenken. Er drückte seine Zigarette aus, lehnte sich in Richtung der Kamera vor und stützte seine Ellenbogen auf den Schreibtisch.
    »Meiner Ansicht nach gibt es nur eine Erklärung, die in der Lage ist, eine befriedigende Antwort auf diese offensichtlich unsinnigen Umstände zu geben. Und die nenne ich Ihnen jetzt. Der Mond, der Minerva seit unvorstellbaren Zeiten bis zu diesen Ereignissen vor fünfzigtausend Jahren umkreiste... und der Mond, der heute am Himmel der Erde glänzt... ist ein und derselbe!«
    Etwa drei Sekunden lang regte sich gar nichts.
    Dann erhoben sich ungläubige Rufe in dem verdunkelten Raum. Einige Leute gestikulierten in Richtung ihrer Nachbarn, während sich andere der Reihe hinter ihnen zuwandten und Meinungsäußerungen einholten. Plötzlich herrschte im ganzen Saal ein Tohuwabohu aus gemurmelten Bemer-kungen.
    »Unmöglich!«
    »Himmel – er hat recht!«
    »Natürlich... natürlich...«
    »Es muß so sein...«
    »Quatsch!«
    Hunt starrte ruhig vom Bildschirm herunter, als betrachte er die Szenerie. Die Pause für die zu erwartende Reaktion auf seine Worte war zeitlich gut gewählt. Er begann in dem Moment wieder zu sprechen, als das Durcheinander aus Stimmen erstarb.
    »Wir wissen , daß der Mond, auf dem sich Charlie befand, unser Mond war – weil wir ihn dort gefunden haben, weil wir die von ihm beschriebenen Abschnitte des Terrains identifizieren können, weil wir genügend Beweise für eine umfangreiche lunarische Präsenz dort haben und weil wir nachgewiesen haben, daß auf ihm ein ausgedehnter Einsatz von nukleonischen und nuklearen Waffen stattfand. Aber der gleiche Ort muß auch der Satellit Minervas gewesen sein. Vom Planeten aus

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