Der tote Raumfahrer
durchgeführt hat.« Im unteren Bereich des Bildschirms erschienen Textzeilen, die Details über Titel und Zugangscodes der betreffenden Veröffentlichungen Professor Fullers angaben.
»Kurz gesagt, Fuller hat ein Modell über den Gleichge-wichtszustand verschiedener atmosphärischer Gase und vulkanisch hinzugefügtem Wasserdampf entwickelt, das mit den bekannten Daten übereinstimmt. Wenn die Atmosphäre den Stand von ungebundenem Kohlendioxyd und Wasserdampf aufrechterhalten soll und zudem die Existenz großer Mengen von Wasser im flüssigen Zustand postuliert wird, ist nach dem Modell eine sehr starke vulkanische Aktivität auf dem Planeten vorauszusetzen, zumindest in seiner jüngeren Vergangenheit. Da dies offensichtlich der Fall war, könnte man darauf schließen, daß die Kruste Minervas im Vergleich zur Größe des Planeten außergewöhnlich dünn und die Struktur dieser Kruste instabil war. Dies ist später noch von Bedeutung. Fullers Modell entspricht zudem den neuesten Ergebnissen der Asteroiden-Untersuchungen. Die dünne Kruste könnte das Resultat einer durch die große Entfernung zur Sonne relativ rasch erfolgten Oberflächenabkühlung gewesen sein, wobei der glutflüssige Zustand des Inneren durch Hitzequellen unter der Oberfläche verlängert wurde. Nach den Berichten der Asteroiden-Untersuchungen sind viele Proben analysiert worden, die reich an radioaktiven, Hitze produzierenden Substanzen sind.
Minerva kühlte also zu einer durchschnittlichen Oberflä-
chentemperatur ab, die ein wenig unter der der Erde lag, aber nicht so kalt war, wie Sie vielleicht glauben. Mit der Abkühlung ging die Entstehung von immer komplexeren Molekülen einher, und schließlich entwickelte sich Leben.
Mit dem Leben kam Veränderung, gefolgt von Wettbewerb, gefolgt von Auslese – Evolution also. Nach vielen Millionen Jahren gipfelte die Evolution in der Entstehung einer Rasse intelligenter Wesen, die zur dominierenden Lebensform auf dem Planeten wurden. Dies waren die Lebewesen, die wir Ganymeder genannt haben.
Die Ganymeder errichteten eine fortgeschrittene technologische Zivilisation. Vor ungefähr fünfundzwanzig Millionen Jahren erreichten sie dann ein Entwicklungsstadium, das nach unseren Schätzungen dem unsrigen um hundert Jahre voraus war. Diese Schätzung basiert auf der Konstruktion des ganymedischen Schiffes, das sich hier befindet, sowie der Geräteausstattung, auf die wir im Innern gestoßen sind.
Irgendwann zu dieser Zeit kam es auf Minerva zu einer großen Krise. Irgend etwas brachte den empfindlichen Mechanismus durcheinander, der das Gleichgewicht zwischen den Mengen des im Gestein gebundenen Kohlendioxyds und dem im ungebundenen Stadium kontrollierte.
Der Kohlendioxydbestandteil der Atmosphäre begann sich zu erhöhen. Über die Ursachen können wir nur spekulieren.
Eine Möglichkeit ist die, daß irgend etwas die in Minervas Struktur inhärente Tendenz zu hoher vulkanischer Aktivität verstärkte – vielleicht natürliche Ursachen, vielleicht etwas, was die Ganymeder anstellten. Eine andere Möglichkeit ist die, daß die Ganymeder ein ehrgeiziges Programm zur Kontrolle des Klimas begannen, die ganze Angelegen-
heit aber völlig danebenging. Bis jetzt haben wir keine befriedigende Antwort auf diese Frage. Aber unsere Untersuchungen hinsichtlich der Ganymeder haben gerade erst begonnen. Allein, was den Inhalt des Schiffes betrifft, warten noch Jahre voller Arbeit auf uns. Und ich bin ziemlich sicher, daß unter dem Eis hier noch weitaus mehr zu entdecken ist.
Nun ja, im Augenblick ist nur wichtig, daß irgend etwas geschah. Chris Danchekker hat nachgewiesen«, ein anderes Aktenzeichen leuchtete am unteren Bildschirmrand auf,
»daß alle höherentwickelten, luftatmenden minervianischen Lebensformen mit ziemlicher Sicherheit eine sehr niedrige Toleranzgrenze gegenüber einer Zunahme der Kohlendi-oxydkonzentration besessen haben. Das ergibt sich aus dem grundlegenden mikrochemischen System, das sie von den frühesten Vorfahren dieser genetischen Linie erbten.
Dies bedeutet natürlich, daß die Veränderung der Oberflä-chenbedingungen Minervas die Existenz der meisten Land-lebewesenarten bedrohte, einschließlich die der Ganymeder. Wenn wir diese Situation akzeptieren, haben wir auch einen plausiblen Grund für die Annahme, daß die Ganymeder eine Zeitlang im großen Maßstab ein ausgewogenes Ökosystem aus pflanzlichem und tierischem Leben von der Erde importierten. Vielleicht verfügte
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