Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)
nie mit einer dieser Personen gesprochen? Sie sind ihnen nie begegnet, beim Einkaufen oder bei einem Spaziergang? Oder haben sich mit jemandem über sie unterhalten, wie man das so macht, beim Ratschen mit dem Obsthändler oder der Bäckerin?«
Frau Kirmeier schüttelte stumm den Kopf.
»Und Sie kennen nicht zufällig einen Mieter in dem Haus dort, der mit diesen Personen gesprochen haben könnte?«
Trauriges Kopfschütteln.
Batzko bewegte sich zur Tür. »Gut, Frau Kirmeier. Ihre Informationen haben uns sehr weitergeholfen. Wir werden nun unsere Arbeit fortsetzen. Vielen Dank.«
»Ach.« Aloysia Kirmeier wirkte enttäuscht und sah Hilfe suchend zu Gerald. »War es das wirklich schon? Muss ich jetzt nicht aufs Präsidium, so ein Protokoll unterschreiben? Oder zu einem Staatsanwalt in sein Büro?« Sie wies auf das Fernglas auf dem Fensterbrett. »Wollen Sie nicht die Fingerabdrücke nehmen, für alle Fälle?«
»Wir kommen wieder auf Sie zu, falls es notwendig sein wird«, sagte Gerald knapp und stand schon im Flur. Aloysia Kirmeier hatte Mühe, ihm und Batzko zu folgen, und war so überrumpelt, dass sie sich nicht einmal von den Kommissaren verabschiedete.
Der ungewöhnliche Dachausbau bewies, dass das Haus in der St.-Martin-Straße vor nicht zu langer Zeit einmal renoviert worden war. Auf der linken und rechten Seite des Daches befand sich ein großer, ovaler Aufbau, ganz verglast, der den Räumen den Charakter einer Atelierwohnung verlieh. In der Mitte zwei ebenfalls ovale, nur viel kleinere Aufbauten desselben Stils. Es war nicht zu erkennen, ob es sich um eine einzige große Wohnung handelte oder um mehrere kleine.
Batzko zog die Schlüssel, die bei Arndt Baumann gefunden worden waren, aus der Tasche. Dann warf er einen Blick über die Schulter. Und, wie nicht anders zu erwarten: Die Sonnenstrahlen spiegelten sich in dem Fernglas, das Aloysia Kirmeier auf sie richtete.
Gerald sah, dass es ein einziges blindes Klingelschild gab. Folgte man der doppelreihigen Anordnung der Schilder, musste die Wohnung im zweiten Stock liegen.
Der kleinere der beiden Schlüssel passte in das Schlüsselloch der Haustür. Die beiden Kommissare betraten den schmalen, dunklen und muffig riechenden Flur. An der rechten Wand befanden sich die Briefkästen. Der Schlitz der einzigen Box ohne Namen war verstopft von Werbesendungen. Unter den Briefkästen lehnte ein altes Fahrrad an der Wand.
Sie stiegen die Treppe hinauf und achteten auf die Namensschilder jeder Klingel. Die Wohnung ohne Namen lag tatsächlich im zweiten Stock und ging zum Innenhof hinaus. Keine Chance also für den Späherblick von Aloysia Kirmeier.
Die Kommissare streiften sich Plastikhandschuhe über und atmeten tief durch. Dann öffnete Batzko die Tür.
Sie hatten nicht einmal daran gedacht zu klingeln.
Batzko ging voran. Gerald atmete vorsichtig ein, in der Hand hatte er ein Taschentuch. Er fürchtete, plötzlich von dramatischen Phantasien heimgesucht, auf Leichen- und Verwesungsgeruch zu treffen, der akute Übelkeit bei ihm auslösen würde. Aber die Wohnung roch lediglich schlecht gelüftet und muffig. Batzko blieb stehen und rief: »Hallo?«
Keine Reaktion.
An der Garderobe im Flur hingen ein blauer Anzug, ein weißes Hemd. Die Strümpfe steckten zu einem Ball zusammengerollt in schwarzen Schuhen. Alles sauber und ordentlich, wie in einem Spind im Schwimmbad. Auf der Ablage fanden sie eine Brieftasche, einen Schlüsselbund, eine Armbanduhr und ein Handy. Batzko klappte die Brieftasche auf und fand Arndt Baumanns Personalausweis.
Der erste Raum links war die Küche, nicht mehr als eine Ansammlung billiger Geräte und Möbel. In der Spüle warteten mehrere Teller und Tassen darauf, abgewaschen zu werden. Gerald öffnete die Schränke und Schubladen. In ihnen befand sich nichts Ungewöhnliches – außer etwa dreißig Flaschen mit Hochprozentigem, Grappa, Wodka und Whiskey. Bei dem Geschirr und dem Besteck passte kein Teil zum anderen, als seien sie über die Jahre zusammengesammelt worden.
Im Kühlschrank lagen ein Rest Butter auf einer Untertasse, eine angebrochene Packung Vollmilch, geriebener Käse, zwei Großpackungen Eier und gekochter Schinken. In einem der Schränke fanden sie außerdem eine Packung Toastbrot, Honig und Dosentomaten.
Es gab drei weitere Zimmer. Zwei Schlafzimmer, eines mit einem klassischen Ehebett, das seine besten Zeiten allerdings schon lange hinter sich hatte, und einem Einbauschrank, der eine ganze Seite einnahm. Im
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