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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
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hervor.
    »Bisher kann ich noch nicht viel berichten. Die gute Nachricht ist, dass wir nicht annehmen, dass Asa in irgendwelche kriminellen Machenschaften verstrickt gewesen sein könnte.«
    »Das wusste ich. Ich habe den Jungen dazu erzogen, keine krummen Sachen zu machen.«
    »Hatte er eigentlich ein Handy? Ich würde mir gern mal die letzten Anrufe ansehen.«
    »Nein. Ich habe schon zu Detective Wilkins gesagt, wir fanden nicht, dass Asa reif für die Verantwortung war.«
    »Regina und ich haben Diego ein Handy gekauft, damit wir ihn immer erreichen können und wissen, wo er sich herumtreibt.«
    »Ich brauchte nicht hinter meinem Sohn herzutelefonieren. Ich habe ihm nicht erlaubt, auf Partys zu gehen, bei Freunden zu übernachten oder so was. Ich wusste, wo er war: Er war abends zu Hause.«
    Ramone lockerte seine Krawatte. »Anscheinend hat Asa Tagebuch geführt. Es sieht wahrscheinlich aus wie ein Notizbuch oder auch wie ein normales gebundenes Buch ohne Titelaufdruck. Dieses Tagebuch könnte uns vielleicht wichtige Hinweise liefern, wenn wir es finden würden.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, so was gesehen zu haben. Aber er hat gern geschrieben. Und gelesen hat er auch viel.«
    »Das sind ganz schön viele Bücher in seinem Zimmer.«
    »Zu viele, wenn Sie mich fragen.«
    Wie kann ein Teenager zu viele Bücher in seinem Zimmer haben?, dachte Ramone. Er selbst wäre froh gewesen, wenn Diego sich auch nur für ein einziges interessiert hätte.
    »Verstehen Sie mich nicht falsch, ich hatte ja nichts dagegen, dass der Junge liest«, sagte Johnson. »Aber ich hatte ein bisschen Sorge um ihn, weil er so gar nichts anderes gemacht hat. Ein junger Mann sollte nicht so einseitig sein, es gehört schließlich mehr zum Leben als Bücherwissen und gute Schulnoten.«
    »Sie sprechen von Sport.«
    »Ja.«
    »Ich habe gehört, dass er das Footballtraining aufgegeben hat.«
    »Ich war wirklich sauer, als er nicht mehr hingegangen ist, das will ich nicht leugnen. Wer auf dem Spielfeld ehrgeizig ist, packt auch sein Leben mit Ehrgeiz an. Außerdem ist das da draußen eine harte Welt heutzutage. Ich wollte nicht, dass der Junge verweichlicht. Sie haben selbst einen Sohn; Sie verstehen sicher, was ich meine.«
    »Ich nehme an, Sie waren doppelt enttäuscht. Sie haben doch selbst in Ihrer Jugend viel Football gespielt, nicht wahr?«
    »Als ich noch ein Junge war. Damals habe ich hier in der Stadt gespielt. Aber dann habe ich mir einen Knöchel gebrochen, und der ist nie wieder richtig geheilt. Als ich auf die Highschool kam, konnte ich nicht mehr mithalten. Dabei wäre ein guter Spieler aus mir geworden. Mein Körper hat mich im Stich gelassen, ja, so war es.«
    Ramone erinnerte sich an Johnsons Auftreten bei den Footballspielen ihrer Söhne. Er war einer dieser Väter, die dauernd die Entscheidungen der Trainer in Zweifel zogen und lauthals auf die Schiedsrichter schimpften. Ramone hatte oft beobachtet, wie Johnson am Spielfeldrand Asa aufforderte, forscher ranzugehen, es den anderen zu zeigen. Ständig hielt er seinem Sohn seine Fehler vor. Ramone hatte in Asas Augen gesehen, wie ihn das verletzte. Kein Wunder, dass der Junge die Lust am Spielen verloren hatte. Sein Vater war einer dieser Typen, die von ihren Söhnen verlangten, das zu erreichen, wozu ihnen selbst die Möglichkeiten oder die Fähigkeiten gefehlt hatten.
    »Ich habe ihm diese neue North-Face-Jacke gekauft, die er anhatte«, sagte Johnson. Dabei starrte er auf das unkrautdurchsetzte Fleckchen Gras zu seinen Füßen, und seine Stimme war sehr leise. »Zweihundertfünfundsiebzig Dollar. Wir hatten eine Abmachung: Ich hab ihm gesagt, wenn ich ihm diese Jacke kaufe, muss er in der nächsten Saison zum Football gehen. Dann kam die Auswahl für den Sommer, und er hatte wieder irgendeine Ausrede, weshalb er nicht spielen konnte. Zu heiß, ihm war nicht gut … lauter solche Sachen. Junge, ich hab ihm Dampf gemacht. Hab ihm gesagt, wie sehr ich mich für ihn schäme.« Johnsons Unterlippe zitterte leicht. »Ich hab zu ihm gesagt, willst du da oben in deinem Zimmer hocken wie eine Schwuchtel, während die anderen Jungs draußen auf dem Footballfeld zu Männern werden?«
    Ramone, peinlich berührt und auch etwas verärgert, sah Johnson nicht an.
    »Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«, fragte er.
    »Ich arbeite von sieben bis drei, also bin ich ungefähr um die Zeit wieder hier, wenn der Junge aus der Schule kommt. Er wollte gerade rausgehen, und ich habe ihn

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