Der Totengräber (Horror-Roman) (German Edition)
können, wenn er daran dachte, dass die coolste Stadt der Welt nur anderthalb Autostunden entfernt lag!
Dad hatte ihm einen Wagen versprochen, wenn er die Fahrlizenz in der Tasche hatte.
Aber für die Walkers hatte sich im Handumdrehen alles geändert. Dad hatte als Anwalt gut verdient, aber er war nie besonders sparsam gewesen. Drei Autos für eine Familie, in der nur zwei Personen einen Führerschein besaßen, waren schon recht üppig. Mit dem Sportflitzer, den er sich selbst zu Weihnachten geschenkt hatte, war Dad dann auf der Küstenstraße Richtung New York State verunglückt. Er war sofort tot gewesen. Man hatte nichts für ihn tun können. Jetzt lag er auf genau jenem Friedhof, in dessen Nachbarschaft Brad und seine Muter notgedrungen gezogen waren, denn die Villa auf der anderen Seite von Willington war nicht mehr zu halten gewesen. Schon zu Dads Lebzeiten war sie eigentlich eine Nummer zu groß und luxuriös im Vergleich zu den finanziellen Möglichkeiten der Familie. Mom hatte zwar neben ihrem Job in einem Steuerberaterbüro noch versucht, i Versicherungen zu verkaufen, aber es war schnell klar geworden, dass es einfach nicht reichte. Das Haus musste verkauft werden.
Die Miete für das alte Haus am Friedhof war nicht einmal halb so hoch wie die Abzahlungsraten für ihr vorhergehendes Zuhause.
„Auf jeden Fall haben wir auch hier Platz genug!“, meinte Mom und versuchte damit etwas positive Stimmung zu verbreiten. Zweckoptimismus! , erkannte Brad und dachte nicht im Traum daran, da mitzuspielen. Wenn etwas der totale Mist ist, sollte man es auch so nennen! Jedenfalls hatte Brad keinesfalls vor, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
„Sieht aus wie das Horror-Haus von Norman Bates in den Psycho-Filmen!“, lautete daher Brads bissiger Kommentar. „Pass auf, dass wir im Keller nicht irgendeine mumifizierte Oma finden oder jemand eine präparierte Leiche im Tiefkühlschrank vergessen hat!“
„Ach, Brad!“
„Jedenfalls riecht es selbst hier draußen schon so. Einmal eingetrocknete Leiche mit Spinnwebenüberzug und einer extragroßen Portion Staub gefällig? Kriegst du wahrscheinlich umsonst, wenn du auf den Boden steigst.“
„Jetzt übertreibst du!“
„Das ist noch nett ausgedrückt.“
Mom verdrehte genervt die Augen.
„Brad! Was redest du da? Gib dem Haus `ne Chance!“
Brad zuckte mit den Schultern.
„Klar!“
„Die Alternative ist nur, dass du im Garten dein Zelt aufschlägst!“
„Sicher! Gras und Unkraut stehen so hoch, dass mich dann nicht mal die Zombies bemerken würden, die hier wahrscheinlich nachts aus den Gräbern steigen!“
„Du bist unmöglich!“
„Nein“, sagte er. „Nicht ich bin unmöglich, sondern dieses Haus. Es ist unmöglich, sich in dieser Bruchbude wohl zu fühlen!“
*
Sie gingen zur Tür. Bislang hatte nur Mom das Haus von innen gesehen. Brad war in der Schule gewesen, als sie es besichtigt hatte. In der Zwischenzeit wäre zwar durchaus noch Gelegenheit genug gewesen, sich das neue Zuhause doch noch anzusehen, aber irgendetwas in Brad hatte sich zutiefst dagegen gesträubt. So als hätte er es so lange wie möglich vermeiden wollen, diesen Ort aufzusuchen.
Jetzt gab es keine Ausflucht mehr.
Und kein Zurück.
Schmerzlich wurde ihm dies bewusst und er fühlte einen dicken Kloß im Hals, sodass er kaum zu schlucken vermochte. Vielleicht hatte er es insgeheim einfach nicht wahrhaben wollen, dass diese Bruchbude demnächst sein Zuhause sein sollte. Mom schloss die Tür auf.
Mit einem Knarren öffnete sie sich.
„Na großartig, wenn jetzt gleich ein Gespenst mit rasselnden Ketten um die Ecke kommt, wundere ich mich über gar nichts mehr!“
„Ein bisschen Öl wird es schon richten, Brad!“
„Wenn man diese Wände zu streng ansieht, fallen sie doch in sich zusammen!“
„Du übertreibst!“
Innen herrschte Halbdunkel. Ein eigenartiger, feuchter und leicht modriger Geruch stieg ihm in die Nase. Wie in einer Gruft!, dachte er. Alles abgestanden und modrig. Wahrscheinlich gammeln irgendwo noch ein paar mumifizierte Ratten vor sich hin…
Es hatte hier seit Jahren niemand mehr gewohnt und das bedeutete, es konnte Wochen dauern, bis dieser Gestank verschwunden war. Brad drückte auf den Lichtschalter. Nichts geschah.
Tot.
„Toll, Mom! Du kannst gleich den Elektriker anrufen – mal vorausgesetzt, die Telefonleitung ist überhaupt noch in Ordnung –
was ich sehr bezweifle.“
„Das Telefon wird erst nächste Woche angeschlossen“,
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