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Der träumende Diamant 2 - Erdmagie

Titel: Der träumende Diamant 2 - Erdmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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gewesen.
    Er war erst seit einigen Tagen aus Eton zurück. Kim hatte stets gedacht, dass seine jüngste Schwester inzwischen in ihr Erbe hineingewachsen wäre, aber sie erschien ihm noch immer wie ein Wechselbalg, der das Kleid aus rosafarbener Spitze und das Halstuch einer anderen Person trug.
    Sie spürte, wie er sie anstarrte, und von ihrem Platz auf dem Waldboden aus wandte sie ihm den Kopf zu; ihre Blicke trafen sich, und rasch sah sie wieder fort. Ihre Zöpfe hatten sich aus den Spangen gelöst, ihre Wangen schimmerte weich im letzten Glühen des Zwielichts, und sie trug keinen Hut. Sie verzog die Mundwinkel kaum merklich zu einer freudlosen Linie.
    Und da wusste Kim, dass sie das Ritual nicht vollenden würde. Sie schaute wieder zurück zu dem Zaunkönigpaar im verschnörkelten Käfig zu ihren Füßen. Die Vögel hüpften von Stange zu Stange und zwitscherten in leisen, leidenschaftlichen Tönen. Es war der einzige Laut, der die Stille des Waldes durchschnitt. Keine Heuschrecken zirpten, keine Mäuse oder Dachse oder Maulwürfe stromerten durch die herabgefallenen Blätter.
    Schließlich war dies Darkfrith.

    Einer der Zaunkönige flog zu kräftig gegen die Gitterstäbe. Kim bemerkte, wie für den Bruchteil einer Sekunde der Ausdruck eines starken Gefühls über Lias Gesicht huschte, so flüchtig, dass er bezweifelte, einer der anderen könnte ihn ebenfalls bemerkt haben.
    Aber er war der Älteste. Er sollte am erfahrensten darin sein, in den Herzen eines anderen zu lesen. Dieses Aufblitzen war Schmerz oder Mitgefühl gewesen. Sie hatte sich immer nach einem Haustier gesehnt.
    Zur Hölle. Heute Nacht würde sie sich nach alledem als nutzlos erweisen.
    Etwas Dunkles zeichnete sich vor dem Himmel über ihren Köpfen ab, etwas Schlangenhaftes. Niemand machte sich die Mühe, den Blick zu heben. Der höchste Ast der Eichen, der wie ein Finger in den Himmel wies, erzitterte.
    »Tochter des Stammes«, fuhr Kim ungeachtet seiner Erkenntnis fort. Bei Gott, allein die Kutschfahrt nach Hause hatte über eine Woche gedauert; er würde sie nicht so leicht davonkommen lassen. »Was kannst du uns zeigen?«
    Aber seine Schwester war erneut abgelenkt. Dieses Mal hatte sie den Kopf gehoben und das Kinn gereckt, als lausche sie auf etwas, das die anderen nicht hören konnten.
    »Lia«, murmelte Rhys, der Drittälteste, von der gegenüberliegenden Seite des Kreises herüber. »Pass auf. Du bist an der Reihe.«
    »Ich, Tochter des Stammes«, begann Lia, die gehorsam das Kinn gesenkt hatte, »bringe euch … bringe …«
    Die Zaunkönige hüpften in ihrem Gefängnis vor, zurück und vor und wieder zurück.
    »… dieses große Geschenk«, half Joan ihr zischend ein.
    »Dieses große Geschenk.«

    »Um was für ein Geschenk handelt es sich?«, fragte Kim mit höchst würdevoller Stimme, weil sie ein Ritual vollzogen und weil er diese Stimme langer Übung verdankte.
    Lia legte die Hand auf die Gitterstäbe des Käfigs. Die Vögel pressten sich gegen die gegenüberliegende Seite.
    »Herz und Federn«, sagte sie, wandte sich jedoch vom Käfig wieder fort … Und dann durchbrach sie den Kreis, indem sie sich erhob.
    »Li - a«, stieß Audrey atemlos hervor.
    »Hat denn niemand sonst etwas gehört?«
    »Nein«, antwortete Rhys. »Und du auch nicht. Setz dich wieder, damit wir die Sache zu einem Ende bringen können. Verdammt, es hat mich vierzehn Tage gekostet, diese Zaunkönige zu fangen.«
    »Warte«, sagte sie. »Hört doch. Es ist eine Kutsche.«
    »Es ist keine …«, setzte Kim an, brach dann jedoch ab, weil er sie nun tatsächlich ebenfalls hörte. Nicht ein gewöhnliches Gespann, sondern eine Postkutsche, die über die Kieseinfahrt vom entfernt gelegenen Herrenhaus ratterte. Er warf seiner Schwester einen veränderten, aufmerksameren Blick zu. »Das hast du von hier aus gehört? Es ist mindestens eine Meile entfernt.«
    Auch Audrey war aufgesprungen und bürstete ihren Rock ab. »Wer wird erwartet?«
    »Niemand.« Rhys zuckte mit den Achseln. »Nur Zane reist gerade ab.«
    Alle drei Schwestern wirbelten herum, um ihn anzustarren, und in diesem Augenblick sahen sie bemerkenswert gleich aus.
    »Was ist denn?«, fragte er stirnrunzelnd.
    »Zane?«, wiederholte Joan. »Zane ist hier?«

    »Offenkundig inzwischen nicht mehr.«
    »Warum hast du uns das nicht erzählt?«
    »Ich bitte um Entschuldigung. Ich wusste nicht, dass ich als euer Haushofmeister angestellt bin.«
    Lia ließ ihr Umhängetuch fallen. Beinahe geräuschlos glitt es

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