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Der transparente Mann (German Edition)

Der transparente Mann (German Edition)

Titel: Der transparente Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Sixt , Barbara Wilde
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nicht? Ich fände das gut.« Joe wünschte sich, er würde sie endlich küssen.
    »Heute in einem Jahr werde ich dich in diesem Restaurant fragen, ob ich deine Antworten lesen darf.«
    Verwirrt verstaute Joe das Buch in ihrer Handtasche. Dann stand sie hektisch auf und steuerte auf die diskrete Tür für »Damen« zu. Als Profi hatte sie diesen Ort schon gleich beim Hereinkommen ausgekundschaftet. Nervosität drückte ihr stets auf die Blase.
    Im Vorraum waren flauschige Handtücher neben den breiten, kantigen Waschtischen aus weißem Porzellan auf mattierten Edelstahlgittern gestapelt. Die Waschtische, feinstes italienisches Design. Die Armaturen, Klassiker von Vola. Joes Blick entging nicht, dass die Einrichtungsgegenstände perfekt montiert waren. Alles, auch die Warm- und Kaltwasser-Anschlüsse unter den Waschbecken, befanden sich auf einer Linie. Was jede einzelne dieser von Philippe Stark wie ein Trog geformten Toiletten kosteten, das wusste Joe auf den Cent genau. Angesichts dieses Luxus wunderte sie sich nicht mehr, dass die Portionen so klein und die Preise so hoch waren. Joe ließ kaltes Wasser über ihre Handgelenke laufen. Sie brauchte dringend eine Abkühlung.
    Im Restaurant hatte Konstantin inzwischen zum dritten Gang, Tagliolini mit weißen Trüffeln, einen ZweiundneunzigerBarolo bestellt. Der Wein war rubinrot und verwirrte Joes Sinne gänzlich. Konstantin schwärmte von meisterhaften Schwarz-Weiß-Fotografien von Rom, die zurzeit in seiner Galerie ausgestellt wurden.
    »Rom! Da war ich noch nie.« Joes Blick war verträumt.
    »Du musst unbedingt dorthin.«
    Joe seufzte. Spontan wünschte sie sich, mit Konstantin nach Rom reisen zu können. Es ärgerte sie, wie wenig sie bisher von der Welt gesehen hatte. Sie erzählte ihm, dass sie seit Jahren keinen richtigen Urlaub gemacht hatte, und auch als Kind war sie nur selten mit ihren Eltern verreist. Die Belange der Firma hatten stets Vorrang gehabt. Und wenn sie doch mal weggefahren waren, dann höchstens ins Allgäu. Ihr Vater gab die Urlaubskasse aus Prinzip nur im eigenen Land aus.
    Während Konstantin daraufhin sehr anschaulich vom Kolosseum, dem Vatikan und dem Petersdom erzählte, kam es Joe plötzlich so vor, als verweilte sie gerade selbst dort.
    »Wenn du willst, könnten wir noch einen Abstecher in meine Galerie machen«, unterbrach er ihre Gedanken, nachdem Joe den letzten Rest einer Crème brûlée auf ihrer Zunge hatte zergehen lassen. Dabei berührte seine Hand ganz zärtlich die ihre.
    »Ja. Gern«, gab Joe schlicht zurück, denn sie wollte unbedingt mit ihm Rom sehen, auch wenn Rom vorerst nur in seiner Galerie lag.
    Das Licht war gedämpft. Die Galerie hatte ein klassisch spartanisches Ambiente. Die Bilder an den weißen Wänden wurden punktuell beleuchtet, sodass das Spiel des Lichtes dem Raum eine besondere Note verlieh. Der Blick durch die großen Fensterflächen, die von der Decke bis zum Boden reichten, war durch weiße Jalousien versperrt.
    »Soll ich die Nacht hereinlassen?«, fragte Konstantin. Er spürte, dass Joe sich erst daran gewöhnen musste, wirklich ganz allein mit ihm zu sein.
    Sie nickte.
    Per Knopfdruck beförderte Konstantin die Jalousien nach oben. Nur noch wenige Autos fuhren auf der nachtdunklen Straße. Schweigend und irgendwie feierlich betrachteten sie die Fotos, die Rom mit seinen Straßen, Plätzen und Menschen so fantastisch darstellten, dass sie sogar Joe, die von Fotografie null Ahnung hatte, in ihren Bann zogen. Sie hatten sich auf eine asiatische Bank aus Teakholz gesetzt, die in der Mitte des Raumes stand. Eng nebeneinander saßen sie da und spürten die Hitze ihrer Körper. Joe roch Konstantins Rasierwasser, dem eine Note aus Moschus und Tabak anhaftete. Sie lauschte seinen Ausführungen über frühere Zeiten, in denen er kaum Geld gehabt hatte. Aber dennoch war er sich immer sicher gewesen, mit einer Fotogalerie erfolgreich zu werden. »Mit Fotokunst konnte man damals noch kein Geld verdienen. Aber ich habe meinem Gefühl vertraut.« Sein Blick war so vielsagend, dass es Joe ganz flau im Magen wurde. »Vertraust du auch immer auf dein Gefühl?«
    Joe schwieg, denn ihr Mund war trocken. Sie verlor sich in seinen Augen, diesen Grübchen, diesem Lächeln, während er von Künstlern erzählte, die er entdeckt hatte. Heute gehörte seine Galerie zu den bekanntesten Ausstellungsstätten für Fotokunst in Deutschland, schloss er seine Ausführungen. »Na ja, vielleicht sogar in Europa«, fügte er nicht

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