Der transparente Mann (German Edition)
Hartnäckigkeit.
Monika Treschniewski prostete ihr wie eine alte Freundin zu. Joe spürte ein leises Rauschen in ihrem Kopf. Es war ihr drittes Glas Rotwein. Weißwein wäre klüger gewesen. Der machte sie nicht so schnell beschwipst. Jetzt war es zu spät.
»Ich schreibe seit Jahren über seine Ausstellungen«, klärte Monika Treschniewski sie auf, um zu betonen, wie wichtig ihre wohlwollenden Artikel für Konstantin waren.
Joes Lächeln war jetzt offen und aufrichtig. Sie hatte es nicht nötig, zickig zu sein. Denn wenige Minuten später spürte sie schon Konstantins Hand heimlich und leicht über ihre Hüfte streichen. Endlich stand er wieder neben ihr.
»Ich sehne mich nach dir«, flüsterte er ihr in einem unbeobachteten Moment ins Ohr. Mit dem für ihn so typischen jungenhaften Lächeln wandte er sich dann wieder der Journalistin zu, um erst mit ihr und dann mit Joe anzustoßen.
In Joes Kopf rauschte es jetzt noch mehr. Nur war der Grund dafür diesmal nicht der Rotwein, sondern Konstantins Atem, den Joe immer noch an ihrem Ohr und ihrem Hals zu spüren meinte.
»Womit beschäftigen Sie sich, wenn Sie nicht gerade auf einer Vernissage sind?«
»Entschuldigung. Was wollten Sie wissen?« Joe war für die erste Frage viel zu abwesend gewesen.
»Ich habe Sie nach Ihrem Beruf gefragt.«
Joe bekam in ihrem schwarzen Rollkragenpullover Hitzewallungen. Sie wünschte diesen Lockenkopf im Stillen zum Mond.
»Ich studiere Architektur.« Joe spülte den Satz mit einem kräftigen Schluck Rotwein nach. Ihr erstes Semester begann in einer Woche. So war es einerseits die Wahrheit, andererseits dennoch eine Lüge.
»Dann sind Sie ja bald mit Ihrem Studium fertig, oder?«
War diese Frau penetrant! Konnte sie nicht endlich den Mund halten?
»Johanna ist nicht nur Studentin«, griff Konstantin unvermittelt ein. »Johanna leitet auch noch eine Firma für Gebäudetechnik.« Stolz und Bewunderung schwangen in seiner Stimme mit.
Joe hätte ihn am liebsten auf der Stelle geküsst. Jetzt war sie vollends überzeugt, dass er sich ihres Handwerksberufes nicht schämte, wie sie insgeheim doch manchmal befürchtet hatte. Und Monika Treschniewski war endlich sprachlos.
Die Nacht war wie für sie gemalt, denn der Himmel sah aus wie Joes Sternchenpyjama. Es war weit nach Mitternacht, als sie mit Konstantin in seinem dunkelgrünen Sportwagen durch die Nacht glitt. Die ganze Szene erinnerte Joe an ein kitschiges Hollywood Movie, in dem Humphrey Bogart neben Audrey Hepburn durch die Dunkelheit rauschte und alle Zuschauer wussten, dass sie füreinander bestimmt waren. Joe liebte solche Filme und konnte dabei leicht eine Familienpackung Chips und auch ein paar Tränen verdrücken, wenn sie in ihrem Bett lag und bis in die frühen Morgenstunden alte Filme schaute, die sie seit Jahren auf Video sammelte.
»Geht es dir gut?« Konstantin legte den Arm um sie, wie Humphrey Bogart das im Film auch getan hätte.
Joe lächelte, nickte nur und sagte nichts, denn diese Stille war nicht beklemmend, sondern schön. Der CD-Player dudelte If you don't know me by now. Konstantin hatte diese CD für sie beide gekauft, damit der Song sie immer an ihr erstes Zusammentreffen erinnern würde.
»Es war schrecklich, dich zu verleugnen«, gestand Konstantin nach einer Weile und legte seine Hand auf ihren Oberschenkel.
Joe verstand gut, was er meinte. »Fand ich auch. War ganz komisch, so zu tun, als würden wir uns kaum kennen. Meinst du, die anderen haben etwas gemerkt?«
»Welche anderen?«
»Na ja, da waren ja schon ganz schön viele Frauen, die dich nicht aus den Augen gelassen haben«, gab Joe zurück, versuchte dabei aber, ihrer Stimme einen scherzenden Klang zu geben.
»Vergiss diese Frauen. Das ist einfach nur mein Job. Für mich gibt es nur dich.«
Als sie viel später eng umschlungen in seinem großen anthrazitfarbenen Bett lagen, hatte Joe tatsächlich alle anderen Frauen vergessen. Sie genoss die Wärme seines Körpers, sog den Geruch von Rosenöl ein, mit dem er sich immer nach dem Duschen einrieb, und war glücklich.
»Ich liebe dich«, flüsterte Konstantin. Sekunden später schlief er bereits. Dabei kräuselte er ein wenig die Oberlippe, durch die er pfiff, wenn er besonders tief und glücklich schlief.
»Ich liebe dich auch.« Sie traute sich noch nicht, solche Worte auszusprechen, wenn er wach war.
Am nächsten Morgen war es kalt im Büro des Firmengebäudes, oder kam es Joe nur so vor? Schon beim Öffnen der Tür sagte ihr ihr
Weitere Kostenlose Bücher