Der Traum & Das Spiel der MacKenzies (German Edition)
zu töten.
Maris tat sich schwer, den beiden etwas Derartiges zu unterstellen. Joan und Ronald Stonicher hatten immer einen anständigen Eindruck auf sie gemacht, auch wenn sie nicht die Art Menschen waren, mit denen Maris je eine enge Freundschaft verbinden würde. Sie gehörten zum alten Geldadel in Kentucky, und Ronald schien das Gestüt nur deshalb zu behalten, weil er es geerbt hatte. Joan verstand hingegen mehr von Pferden und war auch eine bessere Reiterin als ihr Mann. Doch sie war eine kühle, distanzierte Frau, die schicke Partys und gesellschaftliche Anlässe den eher erdverbundenen Pflichten in einem Stall vorzog. Die Frage blieb: Waren die beiden dazu fähig, ihren Champion zu töten, um die Versicherungssumme einzuheimsen?
Da niemand sonst profitieren konnte, schien das der einzige logische Schluss zu sein.
Sie würden es natürlich nicht selbst machen, das konnte Maris sich bei keinem der beiden vorstellen. Also hatten sie jemanden angeheuert, aber wen? Es musste jemand sein, dertagtäglich bei den Pferden war und dessen Anwesenheit in den Ställen keinen Verdacht erregte. Wahrscheinlich jemand von den Zeitarbeitskräften, aber Festangestellte konnten auch nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Zweihunderttausend Dollar stellten eine große Versuchung dar, wenn es jemandem gleichgültig war, wie er das Geld verdiente.
In Gedanken immer noch mit ihren Theorien beschäftigt, drehte Maris das Wasser ab und stieg aus der Duschkabine. Während sie sich anzog, wurde ihr eines immer klarer: MacNeil wusste, wer das Pferd ermorden wollte.
Sie zog die Tür auf und trat über die Schwelle. Fast wäre sie über MacNeils lang ausgestreckte Beine gestolpert. Mit vor der Brust verschränkten Armen lehnte er an der Kommode in dem kleinen Ankleidebereich und wartete, für den Fall, dass sie seine Hilfe brauchen sollte. Er hatte sich ebenfalls angezogen. Auch wenn ihr Pulsschlag sich bei seinem Anblick beschleunigte, bedauerte sie es doch, ihn nicht mehr nur mit diesen sexy Boxershorts vor sich stehen zu sehen, sondern in Jeans, Flanellhemd und Stiefeln.
Ohne Vorwarnung tippte sie ihm mit dem Zeigefinger hart auf die Brust. „Du weißt, wer es ist, stimmt’s?“
Er rührte sich nicht, zog nur amüsiert eine Augenbraue hoch und sah auf die schmale Hand, die ihn piekste. Garantiert war er es nicht gewöhnt, dass jemand, der ihm körperlich offensichtlich unterlegen war, so gebieterisch eine Antwort verlangte.
„Wie kommst du darauf?“, fragte er sanft, richtete sich zu seiner vollen beeindruckenden Größe auf und blickte auf sie herab.
Dass er sie deutlich überragte, hätte vielleicht einschüchternd gewirkt, wäre Maris nicht in einem Haushalt voller großer Männer aufgewachsen. Wie ihre Mutter alle unter ihr Regiment gebracht hatte, bewunderte Maris noch heute. Aber siewar ihrer Mutter sehr ähnlich und hatte vieles von ihr gelernt. Ihr käme es nie in den Sinn, sich von irgendjemandem einschüchtern zu lassen. Sie stieß nur noch härter zu.
„Du hast gesagt, dass ein Tipp dich nach Solomon Green geführt hat. Das FBI muss schon länger an dieser Sache arbeiten, also habt ihr auch eine Liste von Verdächtigen, die ihr überwacht. Einer von diesen Verdächtigen arbeitet jetzt auf der Ranch, nicht wahr? Deshalb bist du gekommen.“ Böse funkelte sie ihn an. „Warum hast du behauptet, ich stünde ebenfalls auf der Liste, wenn du doch ganz genau weißt …“
„Stopp!“ Er hob abwehrend eine Hand. „Du warst tatsächlich eine der Verdächtigen. Natürlich muss ich jedem misstrauen. Ich kenne meinen Hauptverdächtigen, aber er arbeitet nicht allein. An dieser Sache müssen viele beteiligt sein. Sicher profitieren die Eigentümer in diesem Fall am meisten. Aber jeder von den Arbeitern kann ebenfalls dazugehören.“
Die Vorstellung, einer ihrer Leute könne sich an einer so schmutzigen Sache beteiligen, behagte Maris ganz und gar nicht. Ausschließen konnten sie es dennoch nicht. „Also bist du ihm gefolgt, um ihn beobachten zu können, und wolltest ihn auf frischer Tat ertappen.“ Ihre dunklen Augen begannen Funken zu sprühen. „Wolltest du zusehen, wie er ein Pferd abschlachtet, damit ihr unumstößliche Beweise habt?“
„Das war nie beabsichtigt“, antwortete er vorsichtig. „Aber es war ein Szenario, das wir in Kauf genommen hätten.“
Sie kniff die Augen zusammen. Von seiner Bürokratensprache ließ sie sich nicht beeindrucken. Ohrfeigen würde sie ihn nicht, sie war wütend,
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