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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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sie nicht zu widersprechen wagte.
     
    Godwins Haus befand sich im Venezianerviertel, zwischen dem Hospital und dem Hafen gelegen.
    Eschiva sagte kaum ein Wort, als sie dorthin gingen, und auch Thomas mühte sich redlich damit ab, seiner Gefühle Herr zu werden.
    Das gelang ihm schlagartig beim Anblick des Bildes, das sich ihnen bot, als sie das winzige Haus betraten. Da übernahmen die Reflexe eines Kriegers, der sich für einen Kampf anspannte.
    Im Raum saßen drei Kerle, unübersehbar Brüder, mit hochgelegten Beinen, vor sich einen schon zur Neige geleerten Krug Wein. Der älteste von ihnen goss sich gerade die letzten Tropfen in einen Becher, der andere spielte mit einem breiten Damaszenerdolch herum, der dritte legte aufreizend die Hand an seinen Schritt, als er Eschiva sah.
    Der mit dem Dolch sagte etwas in verächtlichem Tonfall in einer Sprache, die Thomas nicht verstand.
    »Sprich deutsch mit ihm!«, fuhr ihn das Mädchen an.
    »Das kannst du haben«, antwortete der Bursche. Er sah grinsend zu seinen Brüdern. »Wie war doch gleich das Wort? Hure! Und, ist der Alte endlich tot? Hast wohl gleich einen Freier aufgelesen? Wie vorausschauend, denn umsonst kriegst du hier nichts mehr zu fressen.«
    Der Jüngere nahm die Hand vom Schritt, stemmte sich hoch und ging zwei Schritte auf Eschiva zu, wobei er provozierend sein Becken vor und zurück bewegte. »Ich hab schon immer gesagt, ich bin der Erste, der sie kriegt. Also, Fremder, du musst dich noch ein wenig gedulden! Du kannst hier warten, bis ich mit ihr fertig bin.«
    Das reichte Thomas, um zum Angriff überzugehen. Er hätte lieber zuerst den mit dem Dolch entwaffnet, aber der andere war ihnen näher und wollte schon nach Eschivas Arm greifen.
    Rasch schob Thomas das Mädchen hinter sich und schlug ihn mit einem Fausthieb gegen das Kinn nieder.
    Der mit dem Dolch war zwar erstaunlich schnell aufgesprungen und wollte mit der Klinge auf ihn einstechen, doch Thomas fing sie ab, drehte ihm den Arm auf den Rücken, warf ihn zu Boden, trat den Dolch in die hinterste Ecke und setzte ihm einen Fuß in den Rücken. Sofort zog er sein Schwert und hielt den Dritten in Schach, der benommen blinzelte, um zu begreifen, was da in einem einzigen Augenblick geschehen war, und langsam die Beine vom Tisch nahm, ohne den überraschend aufgetauchten Gegner aus den Augen zu lassen.
    »Hol, was du brauchst«, rief Thomas Eschiva zu, die ohne Verzug die Treppe hinaufhuschte.
    Der Älteste hatte nun endlich trotz seiner Trunkenheit am helllichten Tag die Lage erfasst.
    »Ich bringe dich vor den Richter, Fremder! Dann wirst du hängen wie die anderen Störenfriede aus dem Lager auf dem Hügel.«
    »Und wofür?«, erkundigte sich Thomas mit vorgetäuschter Gelassenheit. Er fürchtete nicht um sein Leben, aber die Schande, wenn er vor Gericht kam, weil er drei Einheimische angegriffen hatte. Er hatte sich hinreißen lassen. Nur, was sonst hätte er tun sollen?
    »Kein Richter wird mich dafür verurteilen, dass ich die Ehre einer Frau verteidige. Noch dazu in einem Fall von beabsichtigter Blutschande!«, meinte er überzeugter, als ihm zumute war. »Vielleicht sollte
ich
Klage gegen
euch
erheben. Ich weiß zwar nicht genau, wie man so etwas hierzulande bestraft, aber nach allem, was ich gehört habe, setzt man dann eine scharfe Klinge zwischen den Beinen an. Verabschiedet euch schon einmal von euren edelsten Teilen!«
    Der Bursche zu Thomas’ Füßen versuchte knurrend, die Last in seinem Rücken loszuwerden, der Jüngste lag nach dem Hieb aufs Kinn immer noch reglos am Boden, der Ältere dagegen verlegte sich aufs Feilschen.
    »Hör zu, kein Grund zur Aufregung«, sagte er beschwichtigend und breitete die Hände aus. »Sie ist eine Hure, eine Sklavin, und die ganze Aufregung nicht wert. Wenn du darauf bestehst, nimm sie zuerst. Du musst auch nicht zahlen. Es ist ein Geschenk, verstehst du? Ein Geschenk! Dann trinken wir zusammen und gehen als Freunde auseinander.«
    »Was seid ihr für widerliches Pack!«, fuhr Thomas ihn an. »Euer Vater ist noch nicht einmal tot, und ihr wollt schon die künftige Witwe zur Hure machen!«
    Jetzt beugte sich der Mann am Tisch leicht vor, der Schwertspitze entgegen. »Sie hat dich also um den Finger gewickelt, ja?«, fragte er boshaft. »Denkst wohl, du könntest dich hier ins gemachte Nest setzen, Fremder? Da hast du dich geirrt! Wenn der Alte tot ist, bin
ich
das Oberhaupt der Familie, und
ich
entscheide, was aus ihr wird. Ob ich sie davonjage oder

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