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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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vorzustellen, was ihm wohl auf dem Weg hierher widerfuhr. Strömten ihm Verbündete in großer Zahl zu? Oder stellten sich ihm Bewaffnete in den Weg, musste er sich blutig durchkämpfen?
    Einen beträchtlichen Teil seines Dienstes auf der Burg verbrachte Lukas in diesen Tagen damit, von den Mauern oder vom Bergfried Ausschau zu halten. Die Wachmannschaft ließ er währenddessen unter der Aufsicht seines Schwiegersohnes üben, was zu heimlichem Murren führte, da dieser riesige Kerl von einem Slawen ja noch weniger Gnade zeigte als der schon unerbittliche Lukas.
    Täuschte er sich, oder näherte sich da ein Haufen dem Donatstor, vorbei an der Siedlung der Bergleute? Lukas kniff die Augen bis auf einen Spalt zusammen, als könnte er dadurch besser sehen.
    Waren das Bewaffnete? Von hier aus ließ sich das nicht erkennen, aber er musste es unbedingt ergründen. Dietrich würde keinesfalls aus dieser Richtung kommen, sondern von Westen, nicht von Osten.
    Ob das etwa die Böhmen waren?
    Rasch stieg er den Turm hinab, rief Christian im Vorbeigehen zu, er solle ihm seinen Hengst satteln lassen, und lief mit großen Schritten zu Vogt Heinrich, der sich an diesem Tag noch sonderbarer als sonst schon benahm.
    »Es nähern sich Berittene dem Donatstor, mindestens hundert Mann. Ich werde mit meinem Sohn und einem Dutzend Sergenten dorthin reiten und herausfinden, wer da kommt und was sie wollen«, informierte er ihn. »Falls wir Verstärkung brauchen, schicke ich einen Reiter. Derweil sollen alle Stadttore geschlossen und die gesamte Mannschaft alarmiert werden – sofern Ihr den Befehl dazu geben wollt«, fügte er der Höflichkeit halber an.
    Vogt Heinrich verlor das letzte bisschen Farbe aus dem Gesicht und stammelte: »Tut das!« Dann ließ er das Signal geben, die Stadttore zu sichern.
    Rasch sammelte Lukas ein Dutzend gerüsteter Kämpfer um sich, unter ihnen Daniel, Kuno und Bertram, setzte den Helm auf und ritt mit ihnen hinaus.
    Seinem Schwiegersohn rief er noch zu, dass er ihn und alle auf der Burg entbehrlichen Männer womöglich gleich am Donatstor brauche. Aber er solle sich zuerst vergewissern, dass nicht noch aus einer anderen Richtung Truppen anrückten.
    Boris von Zbor gab sofort den Befehl aus, für alle Fälle die Pferde zu satteln.
    Die Besatzung des Donatstores erwartete Lukas schon kampfbereit. Von hier konnten sie sehen, dass sich ihnen tatsächlich eine Streitmacht näherte, mindestens hundert Mann; die Hälfte beritten, der Rest zu Fuß. Aber noch waren sie nicht nahe genug, um sie erkennen zu können, sie trugen weder Banner noch Lanzenwimpel.
    Und das zeigte schon, dass sie nicht mit guten Absichten kamen. Doch hundert Mann waren viel zu wenige für eine Belagerung. Was soll das also werden?, fragte sich Lukas.
    »Hole Zbor mit allen Leuten hierher, die im Moment auf der Burg entbehrlich sind!«, sagte er leise zu Kuno, der sofort Richtung Burg verschwand.
    »Wer seid ihr, und was wollt ihr?«, rief Lukas den Fremden von der oberen Mauer des Torhauses entgegen.
    »Wir wollen Freiberg. Lass uns herein!«, schrie der stämmige Ritter herauf, der diesen Trupp anführte.
    An der Stimme erkannte Lukas ihn: Berthold, der Herr eines der Nachbardörfer. Und an seiner Seite ritt – wie nicht anders zu erwarten – sein Freund Conrad. Außerdem konnte er nun noch ein paar der Ritter ausmachen, die früher in Randolfs Diensten gestanden hatten, sowie ein paar einstige Kumpane von Giselbert und Rutger.
    »Freiberg? Für
wen
willst du Freiberg?«, fragte Lukas verblüfft.
    »Für König Otto«, rief Berthold hinauf.
    »Was hast
du
mit den Welfen zu schaffen? Und weshalb sollten wir euch hereinlassen?«, erkundigte sich Lukas, so höflich er konnte. Er hatte Berthold und dessen Gesellschaft noch nie für besonders hell gehalten. Aber wenn sie hier so dreist die Übergabe der Stadt forderten, war etwas Größeres im Gange, das er dringend durchschauen musste. Deshalb würde Hohn ihn jetzt nicht weiterbringen.
    Ein Blick nach hinten sagte ihm, dass sein Schwiegersohn mit der Verstärkung schon unterwegs war. Auf sein Zeichen stellten sich Bogenschützen links und rechts von ihm auf.
    »Also, öffnest du jetzt das Tor?«, forderte Berthold ungeduldig.
    »Weshalb sollte ich das tun?«, fragte Lukas mit gespielter Gelassenheit.
    »Deshalb!«, entgegnete Berthold siegessicher und drehte sich im Sattel um. Er erteilte dem Anführer seines Fußvolkes einen Befehl, den Lukas oben auf der Mauer nicht verstand, und mit dem

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