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Der Traum des Satyrs

Der Traum des Satyrs

Titel: Der Traum des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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glitzernden Perlmuttglanzes über ihren Körper.
    »Fünfzigtausend Höllen!«, brüllte Vincent schockiert auf.
    Der Moment, in dem die Frau offensichtlich begriff, dass sie nicht allein war, besaß schon fast komische Züge. Ihr Körper erstarrte jäh mitten in der Bewegung. Gleich darauf schoss sie, wie ein Blitz aus Armen und Beinen, von der Matratze hoch, so schnell, dass sie sich mit den Knöcheln in den Laken verhedderte. Hastig krabbelte sie auf allen vieren ans andere Ende des Bettes, wo sie sich am äußersten Rand in klassischer Kampf-oder-Flucht-Stellung zu ihm umdrehte: Ellbogen leicht gebogen, Knie gespreizt, Schultern angespannt.
    Sie starrten sich an, beide mit demselben Ausdruck von Entsetzen im Gesicht.
    »Du!«, platzten beide gleichzeitig heraus.
    »Du bist die Nebelnymphe!«, rief er vorwurfsvoll aus. »Von letzter Nacht!«
    Verwirrung machte sich auf ihrem Gesicht breit, aber sie antwortete nicht.
    Er ließ seinen Blick über ihren Körper schweifen. Dass sie bei ihm geblieben war, nachdem er vergangene Nacht befriedigt eingeschlafen war, hatte es in der gesamten Geschichte der Satyrn noch nicht gegeben. Das war doch nicht möglich!
    Und doch war sie hier. Eine Nebelnymphe.
Seine
Nebelnymphe.
    Eine Welle törichter Freude durchfuhr ihn. Wie oft hatte er sich insgeheim genau das gewünscht?
    Ihre Blicke trafen sich, und er sah, dass ihre purpurnen Augen nicht länger ausdruckslos dreinschauten. In ihrem Blick lag ein Schreck, der so groß wie sein eigener war – und noch etwas anderes. Furcht.
    Sie sah sich hektisch im Raum um, als suchte sie nach einer Fluchtgelegenheit.
    »Ich verstehe das nicht. Wie kannst du immer noch hier sein?« Er streckte eine Hand aus und berührte ihren Arm, nur um sich mit absoluter Gewissheit davon zu überzeugen, dass sie nicht nur ein Produkt seiner Einbildung war.
    Sie zuckte zusammen und wich vor ihm zurück, wobei sie sich die Stelle rieb, die er berührt hatte, als ob sie schmerzte.
    Für einen langen Moment starrten sie sich nur an, wie gebannt.
    »Sag irgendetwas!«, befahl er schließlich.
    Ihre Miene wurde ärgerlich. »Leb wohl«, brachte sie schließlich hervor.
    Damit sprang sie aus dem Bett und flitzte zur Tür, wobei sie noch im Laufen die Laken von sich schleuderte.
    »Bei allen Dämonen, komm zurück, Frau!«, rief Vincent.
    Sein Blick fiel auf die Uhr am Kamin.
    Na wunderbar! Eigentlich brauchte er die zwei Stunden, die ihm bis zu dem Treffen in der Anderwelt noch blieben, um sich vorzubereiten und seine Argumente noch einmal durchzugehen. So wie hier in dieser Welt der Tag angebrochen war, würde jetzt in der Anderwelt die Nacht einsetzen. Da die verschiedenen Parteien, die heute mit ihm dort verhandeln sollten, aus nachtaktiven und tagaktiven Geschöpfen bestanden, waren seine Treffen mit ihnen zu allen möglichen Zeiten angesetzt.
    Und nun sprang da eine nackte Frau in seinem Haus herum.
    Er zog seinen Morgenrock an, machte sich aber nicht die Mühe, sie zu verfolgen. Sie würde zurückkommen. Eine Nebelnymphe gehorchte jedem Befehl eines Satyrs. Immer. Ausnahmslos.
    Die Sekunden verstrichen, doch sie kehrte nicht zurück. Die Erkenntnis, dass sie offenbar nicht die Absicht dazu hatte, drang nur langsam in Vincents Bewusstsein. Und als er es schließlich begriff, war er schlichtweg verblüfft.
    Es war einfach, ihren Duft den Flur entlang zu verfolgen. Sie war in das angrenzende Schlafzimmer gegangen – das Schlafzimmer, das, irgendwann in ferner Zukunft, seine Ehefrau beherbergen würde. Und vielleicht auch die Ehefrau Landons.
    Sein langer Morgenrock flatterte hinter ihm her, als er in den Raum trat. Beim Anblick ihres wohlgeformten nackten Pos blieb er abrupt stehen. Sie hatte das Fenster geöffnet und lehnte sich hinaus, musterte die grüne Landschaft, die sich unter ihr erstreckte.
    »Das würde ich nicht empfehlen. Du könntest dir einen Knöchel brechen oder Schlimmeres«, warnte er sie, in der Annahme, sie erwöge eine Flucht durch das Fenster. Obwohl seine Stimme ruhig klang, fuhr die Frau heftig herum. Im Blick ihrer geweiteten Augen erkannte er Verzweiflung.
    Als er begann, sich möglichst unauffällig in ihre Richtung zu bewegen, sah sie wieder aus dem Fenster und entschied offenbar, es lieber nicht zu versuchen. So vollführten sie einen unbehaglichen Tanz, bei dem er vorrückte und sie zurückwich, und keiner von beiden so recht wusste, was passieren würde, wenn sie zusammentrafen.
    Schließlich ließ sie sich von ihm in eine

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