Der Traum des Satyrs
Nebel auflösen würde, nun da sein Körper nicht länger nach ihr verlangte. Noch während er einschlief, fühlte er, wie sie die Bettdecke über ihn hüllte.
»Bleib!«, befahl er und wusste doch, dass sie das nicht tun würde.
2
A ls Vincent am nächsten Morgen erwachte, drangen sofort zwei Dinge in sein Bewusstsein.
Sein Schwanz war steinhart.
Und in seinem Bett lag eine Frau.
Ersteres war alles andere als ungewöhnlich. Letzteres dafür umso mehr.
Bisher hatte er jedes Mal, wenn er ein fremdes Schlafzimmer aufgesucht hatte, peinliche Sorgfalt darauf verwandt, es weit vor Anbruch der Morgendämmerung wieder zu verlassen. Ohne Ausnahme. Und niemals in den siebenundzwanzig Jahren seines Lebens hatte er eine menschliche Frau mit in sein eigenes Bett genommen.
Er wog seine Situation ab.
Sie lag mit dem Rücken an seiner Brust. Der Raum war noch dämmrig, doch die Morgensonne schien bereits durch das vorhanglose Fenster, so als würde sie ihm zugrinsen, amüsiert über seine Zwangslage. Die Asche im Kamin schien bereits erkaltet zu sein. Und sein Bett roch intensiv nach Sex.
Sein linker Arm lag um eine schlanke Taille geschlungen, und seine Hand ruhte zwischen einem Paar üppiger Brüste. Langes blondes Haar umspielte seine Finger. Der Körper neben ihm, von der Taille abwärts mit zerknitterten Laken bedeckt, war eindeutig weiblich.
Sein Verstand arbeitete fieberhaft in dem Versuch, die Ereignisse der vergangenen Nacht zusammenzufügen. Er hatte mit einer Nebelnymphe geschlafen. Aber diese musste in dem Augenblick, als er eingeschlafen war, verschwunden sein, denn ohne seinen bewussten Willen war sie nicht in der Lage, weiter zu existieren.
Also war diese Frau hier jemand anders. Ein Mensch.
Wenn ein Mann seiner gesellschaftlichen Stellung seinen Schwanz durch das Hymen einer ehrbaren Frau stieß, dann war das genauso, als würde er sich gleich einen Ehering an den Finger stecken. Würde er also bald gezwungen sein, eine Ehe einzugehen, ob er wollte oder nicht?
Schuldete er ihr eventuell eine Entschuldigung? Hatte er sie zu irgendetwas gezwungen? Sie verletzt? Oder war sie vielleicht ein Freudenmädchen, das sich mit einem Trick in sein Bett geschlichen hatte?
Wer zum Teufel war sie?
Er stützte sich auf einen Ellbogen, um sie zu betrachten. Die eine Hälfte ihres Gesichts war unter einem üppigen Gewirr heller Haare verborgen, die andere Hälfte in das Kissen vergraben. Das half ihm also nicht weiter.
Egal, wer sie war, sie musste von hier verschwinden, und zwar schnell. Er hatte heute ein wichtiges Treffen in der Anderwelt. Die Verhandlungen waren an einem kritischen Punkt angelangt, und der Druck, zu einem guten Ergebnis zu kommen, bildete eine Last, die er allein zu tragen hatte. Der Verhandlungsprozess hatte schon Jahre zuvor begonnen, eingeleitet von zahlreichen Unterhändlern, die jedoch im Laufe der Zeit einer nach dem anderen auf der Strecke geblieben waren. Genau gesagt, waren die verbliebenen in den letzten Monaten verdächtigen Unfällen zum Opfer gefallen. Womit er, Vincent, als einziger Hoffnungsträger übrig blieb, einen Friedensschluss herbeizuführen.
Die Frau regte sich und schmiegte sich an ihn. Die perlmuttfarbene Haut ihres Rückens streifte die festen Muskeln unter seiner dunkleren Haut, und sein ohnehin schon steifes Glied wurde noch härter. Beinahe unbewusst ließ er seine Hand unter den Laken mit sanft knetenden Bewegungen über ihre samtige warme Haut von der Hüfte über ihren Bauch, ihre Rippen und dann zu ihrem Busen wandern.
Verdammt, wenn er sich doch nur an ihren Namen erinnern könnte! Frauen schätzten es im Allgemeinen nicht, wenn ein Mann ihren Namen vergaß. Sogar Freudenmädchen konnten auf solch einen Fehltritt recht ungnädig reagieren. Aber was das anging, war sein Kopf so leer wie ein unbeschriebenes Blatt.
Inzwischen stand die morgendliche Sonne höher und schien etwas heller, so dass ihre Strahlen den Körper der Frau in einem anderen Winkel als vorher beleuchteten. In ihrem Licht erschien die Blässe ihrer Haut etwas heller, als sie vielleicht hätte sein sollen. Als er sie neugierig näher betrachtete, begriff er, dass ihre Haut nicht einfach nur blass war. Sie
leuchtete.
Er zog die Decke zurück und glitt mit seiner Hand über ihre kurvige Taille. Als er sie berührte, flimmerte ihre Haut unnatürlich auf. Ihre Haut war nicht nur leuchtend – sie war irisierend!
Die Frau räkelte sich träge und schickte dabei eine verführerische Woge
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