Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Traum des Wolfs

Der Traum des Wolfs

Titel: Der Traum des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan , Brandon Sanderson
Vom Netzwerk:
an.
    »Nein«, fuhr Almen fort. »Verdammt, Jungs, aber das wäre falsch. Wir können nicht gehen. Wir müssen weiterarbeiten. Das ist nicht schlimmer, als ich damals vor zwanzig Jahren mein ganzes Hirsefeld an einen späten Frosteinbruch verlor. Wir überstehen das, beim Licht, das werden wir.«
    Die Bäume selbst sahen gut aus. Da waren keine Insektenschäden, die Blätter waren etwas angegilbt, aber noch immer gut. Sicher, die Frühlingsknospen waren spät gekommen, und die Äpfel waren langsam gewachsen. Aber sie waren gewachsen.
    »Hahn«, hörte sich Almen sagen. »Du kennst die Axt deines Vaters, die mit den Scharten? Warum sorgst du nicht dafür, dass sie geschärft wird? Adim, geh und hol Uso und Moor und ihre Karren. Wir sehen uns die abgefallenen Äpfel an und schauen, ob es welche gibt, die nicht zu verfault sind. Vielleicht fressen die Schweine sie ja.« Wenigstens hatten sie noch zwei davon. Aber diesen Frühling hatte es keine Ferkel gegeben.
    Die Jungen zögerten.
    »Geht schon«, sagte Almen. »Es bringt nichts, hier Däumchen zu drehen, nur weil es einen Rückschlag gab.«
    Gehorsam eilten die Jungen los. Müßiggang war aller Laster Anfang. Arbeit würde sie davon abhalten, zu viel über das nachzudenken, was auf sie zukam.
    Daran war nichts zu ändern. Er stützte sich auf den Zaun und fühlte die groben Furchen der ungeschliffenen Latten unter den Armen. Der Wind zupfte wieder an seinem Hemdsaum; Adrinne hatte ihn immer gezwungen, ihn in die Hose zu stecken, aber jetzt, wo es sie nicht mehr gab … nun, er hat es nie gemocht, sie auf diese Weise zu tragen.
    Er schob das Hemd trotzdem in den Hosenbund.
    Irgendwie roch die Luft falsch. Abgestanden, wie Stadtluft. Fliegen fingen an, um die verschrumpelten Überreste dessen zu summen, was einmal Äpfel gewesen waren.
    Almen lebte schon eine lange Zeit. Er hatte nie mitgezählt; das hatte Adrinne für ihn getan. Es war nicht wichtig. Er wusste, dass er viele Jahre erlebt hatte, und das war’s.
    Er hatte erlebt, wie Insekten eine Ernte angriffen; er hatte erlebt, wie Getreide Flut, Dürre oder Vernachlässigung zum Opfer gefallen war. Aber so etwas hatte er in all seinen Jahren noch nicht gesehen. Das war etwas Böses. Das Dorf hungerte bereits. Man sprach nicht darüber, nicht wenn Kinder oder Jugendliche in der Nähe waren. Stillschweigend gaben die Erwachsenen das, was sie hatten, an die Jungen und die Frauen, die gerade stillten. Aber die Kühe erzeugten keine Milch mehr, alle Vorräte verdarben, das Getreide verfaulte.
    Der Brief in seiner Tasche teilte ihm mit, dass sein Hof Söldnern zum Opfer gefallen war. Sie hatten niemandem etwas angetan, aber sie hatten sämtliche Lebensmittel mitgenommen. Seine Söhne überlebten nur, indem sie unreife Kartoffeln aus dem Boden gruben und sie kochten. Neunzehn von zwanzig fanden sie verfault vor; sie waren unerklärlicherweise von Würmern befallen.
    Dutzende von Dörfern in der Nähe litten genauso. Es gab nichts zu essen. Tar Valon hatte selbst Probleme, seine Bevölkerung zu ernähren.
    Almen starrte auf die ordentlichen, perfekten Reihen nutzloser Apfelbäume und fühlte die erdrückende Last von allem. Der Versuch, optimistisch zu bleiben. Mit ansehen zu müssen, wie alles, wofür seine Schwester gearbeitet hatte, zerfiel und verfaulte. Diese Äpfel… sie hätten das Dorf retten sollen. Und seine Söhne.
    Sein Magen knurrte. Das tat er oft in letzter Zeit.
    Also das ist es?, dachte er, den Blick auf das viel zu gelbe Gras am Boden gerichtet. Der Kampf ist einfach vorbei.
    Almen sackte zusammen, fühlte die Last auf den Schultern. Adrinne, dachte er. Es hatte Zeiten gegeben, da hatte er schnell gelacht, hatte schnell geredet. Jetzt fühlte er sich ausgelaugt, wie ein Pfosten, den man so lange abgeschliffen hatte, dass nur noch ein Splitter übrig war. Vielleicht war die Zeit gekommen, um loszulassen.
    Er fühlte etwas im Nacken. Wärme.
    Er zögerte, dann richtete er die müden Augen zum Himmel. Sonnenlicht badete sein Gesicht. Er keuchte; es schien so lange her zu sein, dass er richtiges Sonnenlicht gesehen hatte. Es leuchtete durch einen langen Riss in den Wolken, war tröstend wie die Wärme eines Ofens, in dem einer von Adrinnes dicken Sauerbrotlaiben buk.
    Almen richtete sich auf und hob eine Hand, um die Augen zu beschatten. Tief holte er Luft und roch … Apfelblüten? Er fuhr herum.
    Die Apfelbäume blühten.
    Das war völlig lächerlich. Er rieb sich die Augen, aber das verscheuchte das Bild

Weitere Kostenlose Bücher