Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Traum des Wolfs

Der Traum des Wolfs

Titel: Der Traum des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan , Brandon Sanderson
Vom Netzwerk:
nicht. Sie blühten, sie alle, weiße Blüten brachen zwischen den Blättern hervor. Die Fliegen erhoben sich in die Luft und verschwanden vom Wind getragen. Die dunklen Apfelstücke auf dem Boden zerschmolzen wie Wachs vor einer Flamme. Sekunden später war nichts mehr von ihnen übrig, nicht einmal mehr Saft. Der Boden hatte sie aufgesogen.
    Was geschah hier bloß? Apfelbäume blühten nicht zweimal. Verlor er den Verstand?
    Leise Schritte ertönten auf dem Pfad, der an der Plantage vorbeiführte. Almen fuhr herum und entdeckte einen jungen Mann, der aus der Richtung der Hügel kam. Er hatte dunkelrotes Haar und trug zerlumpte Kleidung: einen braunen Umhang mit Armschlitzen, darunter ein schlichtes Leinenhemd. Die Hosen waren teurer, schwarz mit kunstvollen goldenen Stickereien am Aufschlag.
    »Hallo, Fremder«, sagte Almen und hob die Hand. Er wusste nicht, was er sonst hätte sagen sollen, war sich nicht einmal sicher, ob er tatsächlich gesehen hatte, was er zu sehen geglaubt hatte. »Habt Ihr … habt Ihr Euch in den Hügeln verirrt?«
    Der Mann blieb stehen, drehte sich schnell um. Er schien verblüfft, Almen dort vorzufinden. Überrascht sah Almen, dass der linke Arm des Mannes in einem Stumpf endete.
    Der Fremde schaute sich um, dann atmete er tief ein. » Nein. Ich habe mich nicht verirrt. Endlich. Es scheint lange her zu sein, dass ich wusste, welcher Weg vor mir liegt.«
    Almen kratzte sich an der Wange. Sollte man ihn doch zu Asche verbrennen, noch eine Stelle, an der er sich nicht richtig rasiert hatte. Seine Hand hatte so sehr gezittert, dass er auch gleich ganz auf die Rasur hätte verzichten können. »Nicht verirrt? Mein Sohn, dieser Pfad führt nur zu den Ausläufern des Drachenberges. Falls Ihr gehofft hattet, dort Wild zu finden, die ganze Gegend ist leer gejagt. Dort gibt es nichts mehr, das von Nutzen sein könnte.«
    »Das würde ich so nicht sagen«, erwiderte der Fremde und schaute über die Schulter. »Es finden sich immer nützliche Dinge, wenn man nur richtig hinschaut. Man darf sie nur nicht zu lange anstarren. Zu lernen, sich nicht überwältigen zu lassen, das macht das Gleichgewicht aus.«
    Almen verschränkte die Arme. Die Worte des Mannes … es erweckte den Anschein, als würden sie über zwei völlig verschiedene Dinge sprechen. Vielleicht war der Junge nicht ganz richtig im Kopf. Aber etwas an dem Mann war besonders. Seine Haltung, wie seine Augen mit dieser ruhigen Intensität blickten. Almen verspürte das Bedürfnis, sich aufzurichten und das Hemd auszuklopfen, um sich präsentabler zu machen.
    »Kenne ich Euch?«, fragte er. Etwas an dem jungen Mann kam ihm bekannt vor.
    »Ja«, antwortete der Junge. Dann deutete er mit dem Kopf auf die Obstplantage. »Holt Eure Leute zusammen und sammelt diese Äpfel ein. Man wird sie in den kommenden Tagen brauchen.«
    »Die Äpfel?« Almen drehte sich um. »Aber…« Er erstarrte. An den Bäumen hingen neue reife rote Äpfel. Die Blüten, die er zuvor gesehen hatte, waren abgefallen und überzogen den Boden wie eine Schneedecke.
    Diese Äpfel schienen zu glänzen. An jedem Baum hingen nicht nur Dutzende, sondern Hunderte. Mehr als ein Baum jemals hätte tragen dürfen, und jeder davon perfekt gereift.
    »Ich verliere den Verstand«, stammelte Almen, als er sich wieder dem Mann zuwandte.
    »Nicht Ihr seid es, der verrückt ist, Freund«, sagte der Fremde. »Sondern die ganze Welt. Sammelt diese Äpfel schnell ein. Meine Gegenwart wird ihn vermutlich noch eine Weile zurückhalten, glaube ich, und was Ihr jetzt nehmt, sollte vor seiner Berührung sicher sein.«
    Diese Stimme… Diese Augen, wie graue Edelsteine, die man in dieses Gesicht eingesetzt hatte. »Ich kenne Euch«, sagte Almen und erinnerte sich an die beiden seltsamen jungen Männer, die er vor Jahren ein Stück in seinem Karren mitgenommen hatte. »Beim Licht! Ihr seid das, nicht wahr? Der, über den alle reden?«
    Der Mann sah Almen an. Almen erwiderte den Blick und verspürte einen seltsamen Frieden. »Das ist schon möglich«, sagte der Fremde. »Man spricht oft von mir.« Er lächelte, dann wandte er sich ab und setzte sich wieder auf dem Pfad in Bewegung.
    »Wartet«, sagte Almen und streckte die Hand nach dem Mann aus, bei dem es sich nur um den Wiedergeborenen Drachen handeln konnte. »Wo geht Ihr hin?«
    Der Mann sah mit leicht gequälter Miene zurück. »Etwas erledigen, das ich lange Zeit aufgeschoben habe. Ich bezweifle, dass ihr gefallen wird, was ich ihr zu sagen

Weitere Kostenlose Bücher