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Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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seine Schulter, als müsse sie es vor ihm verbergen. Die Kostbarkeit der Gewänder, das Klimpern des Schmucks an ihren Ohren und um ihren Hals warnten ihn.
    »Haben sie dir etwas getan?«
    Während sie den Kopf schüttelte, krochen ihre Finger seine Schultern hinauf zu seinem Nacken, gruben sich in sein Haar, sie hob den Kopf, und ehe er in ihr Gesicht blicken konnte, presste sie ihre Lippen auf seine, bahnte sich ihre Zunge einen Weg in seinen Mund. Blinzelnd nahm er wahr, dass ihre Augen dunkel umrandet waren, ihre Wimpern geschwärzt und die Haut gebleicht. Der Mantel glitt von dem kunstvoll geflochtenen und aufgesteckten Haar, den bloßen Schultern, zwei schmale Bänder wurden sichtbar, die ein dünnes Kleid hielten, einen Chiton. Der Umhang glitt über seine Arme, und ein betäubender Duft nach Rosen und Narde umschwebte ihn.
    Ein solches Geschenk war nicht für einen Heimkehrer aus der Gefangenschaft gedacht, der bestenfalls in den Stand eines armseligen Plebeius gelangen konnte.
    Der Raum hallte wider, als die Türflügel zuklappten, und er drehte sich um. Hinter ihm war ein Mann in einfach geschlungener Toga eingetreten, ein Mann mit breiter Stirn und hohen Wangenknochen, den er sogleich erkannte, Tiberius Caesar, den Caesar Augustus zu seinem Nachfolger bestimmt hatte und der die Heere am Rhenus befehligte. Bei ihm standen zwei grimmige Offiziere und ein Mann in leicht gebeugter Haltung, dessen griechische Tracht ihn als Freigelassenen kennzeichnete, die Schreibutensilien in seiner Hand wiesen ihn als Sekretär aus. Tiberius’ auffallend große, schwarze Augen hefteten sich auf Cinna und das Mädchen mit dem stummen Befehl, sie unverzüglich loszulassen. Doch Cinna war nicht willens, umso weniger, da sie sich eng an ihn schmiegte und den Mantel verloren hätte, wenn er den Griff auch nur ein bisschen gelockert hätte.
    Es bedurfte nur einer raschen Kopfbewegung, und die beiden Offiziere zogen sich in den Nebenraum zurück, während der Sekretär auf der Stelle verharrte.
    »Ein sonderbares Geschenk haben mir die Befehlshaber der hier stationierten Legionen gemacht«, begann Tiberius heiter. »Ein Mädchen, das seit seiner Übergabe stumm geblieben ist, schön, wundervoll herausgeputzt und geschmückt, aber trübsinnig. Sie hat sich nicht trösten lassen, hat Speisen und Wein abgelehnt, den Blick gemieden, ohne eine Träne zu vergießen oder zu klagen.«
    Sklaven huschten herein, stellten ein dreifüßiges Tischgestell auf, darauf ein Tablett mit Bechern, Schalen und Tellern. Vorsichtig zupfte Cinna Sunjas Mantel zurecht und schob sie ein wenig von sich, ließ ihr jedoch seinen Arm.
    »Manche finden Gefallen daran, solchen Trotz zu brechen.« Er sah Cinna an, doch der Zorn, der auf dessen Wangen brannte, schien ihn nicht im Mindesten zu beeindrucken. »Aber auch das verliert mit der Zeit seinen Reiz. Mir wurde berichtet, dass sie mit dir hier eintraf, und deshalb wollte ich dich in Augenschein nehmen, um herauszufinden, was der Grund für diese Verstocktheit ist.«
    Sunjas Finger krampften sich um Cinnas Arm, die messerscharf gefeilten Nägel bohrten sich in seine Haut. Einer der Sklaven trat zu Tiberius und bot ihm mit unterwürfig gebeugtem Nacken einen Becher an, wurde aber nicht beachtet, ein blasser Knabe, der Cinna an Damon erinnerte.
    »Glaube mir, es ärgert mich, wenn ich verliere«, scherzte Tiberius, und dennoch klang es krampfhaft. »Erst recht gegen jemanden, der geringer ist als ich. Zugleich bin ich enttäuscht, dass kein Adonis –«
    »Lass die Geplänkel, Tiberius Caesar!«, fauchte Cinna. »Was willst du wirklich?«
    Er nahm ein kurzes Zucken der Wangen wahr, ein Beben der Nasenflügel; dann hob Tiberius eine Augenbraue, neigte den Kopf wie zum Zeichen der Anerkennung, und wieder zog ein Lächeln seine Mundwinkel nach oben.
    »Ich habe einen Blick in die Akten geworfen, habe Offiziere gefragt, die dich kannten, und sie schilderten dich als einen ehrgeizigen, aber hochmütigen und leichtfertigen Mann ohne Sinn für die Sitten der Vorfahren und ohne echtes Pflichtbewusstsein. Das widerspricht dem, was der Barbar, der Bruder dieses Mädchens, über dich zu berichten wusste. Doch auf die Worte eines Barbaren kann man nicht viel geben – erst recht nicht, wenn es sich um einen Feind handelt.«
    Endlich nahm er den Becher aus der Hand des Sklaven, führte ihn zum Mund und trank davon, nickte zustimmend. Der andere Sklave füllte einen weiteren Becher, übergab ihn dem ersten, der sich Cinna

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