Der Tristan-Betrug
Weg abschneiden wollte?
Aber nein! Die Stimmen kamen nicht von vorn; sie kamen irgendwo von rechts. Wie war das möglich? Rechts von sich hatte er nur Ziegelmauerwerk und ...
Und eine weitere Stahltür, die ihm erst jetzt auffiel: tatsächlich eine Art Einstiegsluke, die ins Mauerwerk eingelassen war. Der Lukendeckel war ihm im Vorbeigehen nicht aufgefallen, weil er sich dicht über dem Boden befand und ebenso rostbraun war wie das Klinkermauerwerk; außerdem war er teilweise durch Stahlträger verdeckt. Metcalfe blieb vor der Luke stehen, kniete nieder und legte sein Ohr an den Stahl.
Eindeutig Stimmen.
Aber keine Rufe, keine gebrüllten Befehle: nicht das Geschrei eines Suchtrupps. Stattdessen nur ruhiger Gesprächston. Was lag auf der anderen Seite dieser Luke? Vielleicht ein Ausweg, hoffte Metcalfe - jedenfalls die einzige Chance, seinen Verfolgern zu entgehen.
Die Luke war nicht gestrichen, das sah er jetzt, sondern mit einer dicken Rostschicht bedeckt. Der stählerne Deckel war mit einem Vorreiber geschlossen, der in einen langen Hebel auslief; er wirkte uralt, viel älter als das ihn umgebende Mauerwerk. Metcalfe drückte mit einiger Mühe den Hebel herunter und zog dann langsam den Lukendeckel auf. Beim ersten rostigen Quietschen hielt er erschrocken inne, machte dann aber weiter -noch etwas langsamer und diesmal lautlos -, bis er durch den entstandenen Spalt sehen konnte. Er spürte einen warmen Luftstrom im Gesicht.
Hier bot sich ihm ein erstaunlicher Anblick.
Der flackernde Schein eines Lagerfeuers zeigte Metcalfe einen riesigen, luxuriös ausgestatteten Saal, dessen Boden und Wände mit grünem Marmor verkleidet waren. Die Öffnung, durch die er spähte, befand sich ungefähr drei Meter über dem Marmorboden; von ihr führte eine Eisenleiter hinunter. Der Saal maß mindestens vierzig mal sechzig Meter und hatte eine als Tonnengewölbe ausgebildete Decke, die wenigstens zehn Meter hoch war. An der Rückwand befand sich ein Podium, hinter dem in einer Wandnische eine große Stalinbüste aus weißem Marmor stand. Mitten im Saal brannte ein kleines Feuer, um das drei verwahrlost aussehende, zerlumpte Männer hockten. Auf dem Fußboden in ihrer Nähe lagen mehrere Wolldecken ausgebreitet.
Waren das Stadtstreicher? Was machten sie hier? Und noch wichtiger: Was war dieser imposante unterirdische Saal?
Einer der Männer sah auf, zeigte auf Metcalfe und brüllte:
»Serjoscha!«
Plötzlich bekam Metcalfe von hinten einen schweren Schlag in den Nacken. Er warf sich herum und sah den Angreifer - einen hageren, vollbärtigen Mann, der mit wildem Blick ein Brecheisen schwang. Aber Metcalfe war schneller: Er stürzte sich auf den Bärtigen, rammte ihn mit seinem ganzen Gewicht zu Boden, entwand ihm dabei das Brecheisen und schlug die Stirn des Angreifers auf die Steine. Der Mann stieß einen gellend lauten Schrei aus, der einem das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte. Metcalfe rammte ihm ein Knie in den Unterleib, setzte das andere Knie auf seine Brust und drückte ihm so die Luft aus der Lunge.
»Wer bist du?«, fragte Metcalfe scharf. »Wie jemand vom NKWD siehst du jedenfalls nicht aus.«
Der Bärtige stöhnte. »NKWD? Ich bin kein gottverdammter Tschekist wie du! Oder bist du ein gottverdammter Polyp?«
Dann war zu hören, wie Schritte die Sprossen der Eisenleiter heraufpolterten. Metcalfe hob den Kopf und sah, wie einer der Vagabunden aus dem Saal mit einem uralten kleinen Revolver auf ihn zielte - mit einem französischen Galand aus dem vorigen Jahrhundert. »Runter von ihm, Tschekist, sonst schieße ich dir den Kopf weg!«, brüllte der Stadtstreicher.
Metcalfe zog seine Coltpistole und zielte nonchalant auf ihn, ohne den Bärtigen loszulassen. »Weg mit der alten Knarre«, sagte er dabei. »Wenn du schießt, explodiert sie, und das kostet dich ein Auge.«
Der auf der Leiter stehende Vagabund ließ seinen Revolver nicht sinken, aber die Hand mit der Waffe zitterte sichtbar. »Lass Serjoscha los!«, verlangte er.
»Ich lasse ihn los, du steckst dieses alberne Spielzeug weg, und wir reden vernünftig miteinander. Ihr müsst mir nämlich helfen. Ich bin kein Tschekist, sonst hätte ich eine Tokarew, keine amerikanische Coltpistole. Und du kannst das verdammte Blut an meiner Schulter sehen.«
Metcalfe sah, dass der Stadtstreicher in seiner Entschlossenheit wankend wurde, und fuhr fort: »Ich bin auf der Flucht vor den verdammten Milizionären, und ich glaube, dass hier noch Platz für einen
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