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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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russisches Gesicht: hohe Wangenknochen, scharf geschnittene Züge, sibirischer Augenschnitt; aber es war ein hartes, erbarmungsloses Gesicht. Sein Haar war eine dicke blonde Matte, die Augen waren blassgrau.
    Wo hatte er diesen Mann schon einmal gesehen?
    Dann fiel es ihm plötzlich ein: Metcalfe erinnerte sich, dass er diesen Mann vor dem Hotel Metropol gesehen hatte, wo er mit einem weiteren Mann gesprochen hatte - beide anscheinend so in ihre Unterhaltung vertieft, dass Metcalfe kaum auf sie geachtet hatte. Trotzdem hatte er sich ihre Gesichter rasch angesehen und gemerkt, wie er's oft tat. Keiner der beiden Männer hatte auf Metcalfe geachtet, deshalb hatte er nicht weiter über sie nachgedacht.
    Aber dies war derselbe Mann; das wusste er bestimmt.
    Wie war das möglich? Metcalfe war sich sicher, dass ihm niemand hierher gefolgt war. Die NKWD-Schläger aus der Hotelhalle hatte er abgehängt, auch das stand fest. Sofort nach dem Aussteigen aus der Straßenbahn hatte er sich die Leute angesehen, die mit ihm ausgestiegen waren, und beobachtet, wie alle ihrer Wege gingen. In der näheren Umgebung hatte niemand herumgelungert - das hätte er beschwören können!
    Trotzdem war er sich ebenso sicher, dass der Blonde mit dem erbarmungslosen Gesicht mit dem Mann identisch war, den er, vor dem Metropol stehend, flüchtig wahrgenommen hatte.
    Was bedeutete, dass der Unbekannte ihm nicht hierher gefolgt war. Und das war in der Tat beunruhigend. Metcalfe erinnerte sich an eine alte Weisheit, die Corky immer wieder predigte: Schlimmer, als verfolgt zu werden, ist nur, nicht verfolgt zu werden - weil die andere Seite bereits weiß, wohin man unterwegs ist.
    Der Blonde war vom Metropol aus selbstständig hergekommen, als habe er gewusst, dass Metcalfe hier aufkreuzen würde. Woher? Metcalfe hatte Roger nicht erzählt, wohin er wollte, folglich konnte er in der Hotelhalle nicht belauscht worden sein.
    Offenbar wusste der Blonde - oder sein Führungsoffizier -von Metcalfes Beziehung zu Lana. Im Gegensatz zu den untergeordneten Chargen aus der Hotelhalle musste dieser Agent seine Anweisungen von einem gut informierten Vorgesetzten erhalten, der Zugang zu Metcalfes Dossier hatte. Allein dadurch unterschied dieser Mann sich von gewöhnlichen NKWD-Leuten; er gehörte zu einer anderen Kategorie, zu einer gefährlicheren Kategorie.
    Metcalfe stand im Treppenhaus und beobachtete den Blonden. Er stellte sich seitlich neben das Fenster, damit er nicht entdeckt werden konnte. Seine Gedanken wirbelten durcheinander. Der Agent hatte nicht gesehen, wie er das Haus betreten hatte, dessen war Metcalfe sich sicher. Stattdessen war er hier als Beobachter stationiert: jemand, der wusste, wie die Zielperson aussah, wie sie gekleidet war. Deshalb hatte der Mann vor dem Hotel herumgelungert: Damit er heimlich einen Blick auf Metcalfe werfen und ihn später jederzeit wieder identifizieren konnte.
    Er hat mich nicht hineingehen gesehen, erkannte Metcalfe. Er
    weiß nicht, dass ich Lana besuchen wollte.
    Und er sollte es nicht erfahren, schwor Metcalfe sich. Er war entschlossen, Lana nach besten Kräften zu schützen.
    Statt im Erdgeschoss in Richtung Haustür zu gehen, stieg er weiter die Treppe hinunter, um in den Keller zu gelangen. Dabei wurde der Rauchgeruch stärker: Wie die meisten Moskauer Gebäude wurde auch dieses Haus heutzutage nicht mit Kohle, sondern mit Holz beheizt, weil Kohle knapp war, während es Holz im Überfluss gab. Eine zerschrammte schwere Holztür führte in den düsteren Keller mit einem Boden aus festgestampfter Erde. Metcalfe blieb kurz stehen, bis seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten; dann schlängelte er sich zwischen aufgestapelten Holzscheiten und dem primitiven Heizkessel hindurch weiter.
    An einer Steile war der Kellerboden feucht und glitschig, und Metcalfe erkannte, dass hier für die Hausbewohner eine illegale Dusche eingerichtet worden war. Heiße Wannenbäder waren heutzutage gesetzlich verboten, zumindest für den weitaus größten Teil der Moskauer Einwohnerschaft; vielerorts kam kein heißes Wasser mehr aus der Leitung, sodass man nur baden konnte, wenn man Wasser auf dem Ofen erwärmte. Als Folge war in den Kellern vieler größerer Wohngebäude ein illegaler Dienstleistungssektor entstanden, und Moskauer zahlten exorbitante Summen, um sich dort unter einem dünnen Strahl heißen Wassers im Kreis drehen zu dürfen.
    Das Brennholz musste irgendwie in den Keller hinuntergebracht werden, das war

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