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Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Lana und ihr Vater keine Haushälterin gehabt, überlegte Metcalfe. Eine Köchin oder Haushälterin beschäftigen zu dürfen, war ein heutzutage seltenes Privileg, das wusste er. War es Lana gewährt worden, seit sie zur Primaballerina des Bolschoitheaters aufgestiegen war?
    Eine Minute später ging die Wohnungstür wieder auf.
    »Sie ist nicht da«, sagte die Alte, deren Stimme jetzt schroff und verdrießlich klang.
    »Ich weiß, dass sie da ist«, widersprach Metcalfe.
    »Sie ist nicht da«, fauchte die babuschka.
    »Gut, wann kommt sie wieder?«, fragte Metcalfe, weil er es für ratsam hielt, mitzuspielen.
    »Sie kommt nie wieder. Nicht für Sie. Niemals! Lassen Sie sich nie wieder hier blicken!«
    Und sie knallte die Tür zu.
    Lana hatte nicht nur Angst; sie hatte schreckliche Angst. Sie hatte ihn nochmals abgewiesen, genau wie sie's gestern Abend getan hatte - aber weshalb? Dies war nicht die impulsive Reaktion einer verlassenen Geliebten, die sich zurückgewiesen, verschmäht fühlte. Nein, dahinter steckten komplexere Motive. Ihre Reaktion hing nicht nur mit der weit verbreiteten Angst vor Kontakten mit Ausländern zusammen. Damit ließ sich die Tatsache, dass sie ihn jetzt weggeschickt hatte, obwohl ihre Haushälterin gemeldet haben musste, dass er allein war, nicht erklären. Einfache Neugier hätte Lana dazu veranlassen müssen, ihn zu empfangen, um ihn zu fragen, was er wolle, weshalb er in Moskau sei, warum er darauf bestehe, sie zu sprechen. Er kannte Lana. Sie war schon immer unersättlich neugierig gewesen und hatte ihn endlos nach Einzelheiten des Lebens in Amerika und seiner Reisen in aller Welt ausgefragt. In dieser Beziehung war sie fast wie ein Kind, das unendlich viele Fragen hat. Nein, unter gewöhnlichen Umständen hätte sie nicht auf die Chance verzichtet, von ihm zu erfahren, weshalb er hier war und sie unbedingt sprechen wollte. Und er wusste auch, dass sie alles andere als nachtragend war; Zorn war bei ihr stets nur eine vorübergehende Gemütsbewegung, die rasch aufwallte und ebenso rasch wieder abklang. Dass sie ihn weiterhin nicht empfangen wollte, ließ sich nicht vernünftig begründen, und er fragte sich, was dahinter stecken mochte.
    Metcalfe musste wieder an das finstere, runzlige Gesicht der Haushälterin denken. Wieso gab es jetzt eine Haushälterin, wenn Lana und ihr Vater früher keine gebraucht hatten? Sie lebten in einem Zweipersonenhaushalt, und Lana hatte immer für ihren verwitweten Vater gekocht.
    War die babuschka tatsächlich eine Haushälterin? Oder war sie in Wirklichkeit eine Art Wärterin, eine Aufpasserin, eine Lana zugewiesene Bewacherin? War die Alte in Lanas Haushalt postiert worden, um sie zu überwachen und gefangen zu halten?
    Aber das klang wenig wahrscheinlich, denn dazu war Lana einfach nicht wichtig genug. Sie war eine Tänzerin, sonst nichts. Für die Anwesenheit dieser Haushälterin musste es eine normale, plausible, rationale Erklärung geben: Die babuschka war lediglich eine Sondervergünstigung, die einer so prominenten Künstlerin von nationalem Rang zugestanden wurde. Das musste die Erklärung sein. Und was Lanas Weigerung anging, ihn zu empfangen? Neunzehnhundertvierzig war eine völlig andere Zeit als die frühen dreißiger Jahre. Die sowjetische Gesellschaft hatte die Periode der großen Säuberungen eben erst hinter sich; Angst und Verfolgungswahn waren weit verbreitet. Drängte sich da nicht die Vermutung auf, der NKWD wisse von Lanas damaliger Affäre mit Metcalfe und habe sie davor gewarnt, erneut Kontakt mit ihm aufzunehmen? Vielleicht steckte dahinter wirklich nicht mehr.
    Er hoffte, dahinter stecke wirklich nicht mehr. Unterdessen begann sich nämlich eine andere Erklärung aufzudrängen, eine beunruhigende Theorie, an die Metcalfe lieber nicht denken wollte. War es vorstellbar, dass die sowjetischen Behörden wussten, weshalb er hier war - dass sie von seinem Geheimauftrag wussten? In diesem Fall war es nur logisch, dass Lana davor gewarnt worden war, mit ihm zu sprechen. Und wenn das der Fall war .
    Darüber wollte er lieber nicht nachdenken. Wäre das der Fall gewesen, wäre er sofort nach seiner Ankunft in Moskau verhaftet worden. Nein, das konnte nicht sein.
    Auf dem Weg die Treppe hinunter warf er einen Blick aus einem der schmalen Fenster und sah etwas, das ihn erstarren ließ. Auf dem Innenhof vor Lanas Haustür stand ein Mann, der eine Zigarette rauchte. Aus irgendeinem Grund kam er Metcalfe bekannt vor. Er hatte ein typisch

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