Der Trost von Fremden
Worte drangen von überall auf sie ein, schwere, sinnlose, purzelnde Gegenstände, die Mary die Beine taub machten. Dann schlug ihr Caroline ins Gesicht, und sie erwachte wie in einer anderen Geschichtsepoche. »Sie haben geschlafen«, sagte sie, »Sie haben geschlafen. Sie haben geschlafen. Robert und Colin sind zurück. Sie warten schon auf uns. Kommen Sie jetzt.« Sie zog sie in den Stand hoch, hängte sich Marys hilflosen Arm über die Schulter und führte sie aus dem Zimmer.
Zehn
Die drei Fenster waren weit offen, und die Galerie glühte im Nachmittagssonnenlicht. Robert stand mit dem Rücken vor einem Fenster und entfernte geduldig den kleinen Drahtkäfig vom Hals der Champagnerflasche in seiner Hand. Zu seinen Füßen lag die zerknüllte Goldfolie, und neben ihm war, mit zwei bereitgehaltenen Gläsern, Colin, der die höhlenartige Leere des Raums noch immer auf sich wirken ließ. Beide Männer wandten sich um und nickten, als die zwei Frauen aus der Küche hereinkamen. Mary hatte sich gefangen und ging jetzt mit kurzen, tappenden Schritten, eine Hand auf Carolines Schulter gelegt.
Mit qualvollem Hinken, mit schlafwandlerischem Schlurfen, näherten sie sich langsam dem provisorischen Tisch, als Colin ein paar Schritte auf sie zu trat und rief: »Was hast du, Mary?« Sofort knallte der Korken, und Robert verlangte mit scharfer Stimme nach den Gläsern. Colin wich zurück, hielt sie ihm hin und sah beunruhigt über die Schulter. Caroline plazierte Mary auf einem der beiden verbliebenen Holzstühle, den sie so hinrückte, daß sie den Männern gegenüber saß.
Mary öffnete die Lippen und sah Colin an. Er kam wie in Zeitlupe mit einem vollen Glas in der Hand auf sie zu. Das strahlende Licht hinter ihm entflammte lose Haarsträhnen, und sein Gesicht, ihr vertrauter als das eigene, drückte tiefe Besorgnis aus. Robert stellte die Flasche auf seiner Kredenz ab und folgte Colin durch den Raum. Caroline stand bolzengerade neben Marys Stuhl, wie eine Pflegerin. »Mary«, sagte Colin, »was ist los?«
Sie scharten sich um sie. Caroline preßte die Handfläche auf Marys Stirn. »Sie hat einen klitzekleinen Hitzschlag«, sagte sie ruhig. »Kein Grund zur Besorgnis. Sie erzählte mir, daß Sie lange geschwommen sind und sich in die Sonne gelegt haben.«
Marys Lippen bewegten sich. Colin nahm ihre Hand. »Sie fühlt sich nicht heiß an«, sagte er. Robert glitt hinter den Stuhl und legte Caroline den Arm um die Schultern. Colin drückte Marys Hand und forschte in ihrem Gesicht. Ihre vor Sehnsucht oder Verzweiflung geweiteten Augen fixierten seine; plötzlich quoll eine Träne und tropfte auf den Grat ihres Wangenknochens. Colin wischte sie mit dem Zeigefinger fort. »Bist du krank?« flüsterte er. »Ist es ein Hitzschlag?« Sie schloß für einen Moment die Augen, und ihr Kopf bewegte sich einmal hin und her. Ein ganz leises Geräusch, kaum mehr als ein Hauch, kam ihr von den Lippen. Colin beugte sich dicht zu ihr und hielt das Ohr an ihren Mund. »Erzähls mir«, drängte er, »versuch mirs zu erzählen.« Sie atmete heftig ein und hielt einige Sekunden die Luft an, dann artikulierte sie tief in der Kehle ein erdrosseltes, hartes »C«. »Sagst du meinen Namen?« Mary klappte den Mund weiter auf, sie atmete rasch, fast keuchend. Sie hielt Colins Hand festgepackt. Wieder das scharfe Luftholen, das Atemanhalten, und wieder das undeutliche, harte »C«. Sie wiederholte es weicher, »ch ... ch«. Colin drängte sein Ohr dichter zu ihren Lippen. Auch Robert beugte sich vor. Sie unternahm noch eine gewaltige Anstrengung und schaffte ein »G ... G«, und flüsterte dann: »Geh.«
»Kälte«, sagte Robert. »Ihr ist kalt.«
Caroline stieß Colin energisch an der Schulter: »Wir sollten Sie nicht so bedrängen. Davon wird ihr nicht besser.«
Robert hatte sein weißes Jackett geholt und hängte es Mary um die Schultern. Sie umklammerte noch immer Colins Hand, ihr Gesicht war zu seinem gehoben, und ihr Blick suchte in seinem Gesicht nach Verstehen. »Sie möchte gehen«, sagte Colin verzweifelt. »Sie braucht einen Arzt.« Er wand seine Hand aus Marys Griff und tätschelte ihr das Handgelenk. Sie sah zu, wie er ziellos die Galerie entlang wanderte. »Wo ist Ihr Telefon. Sie werden doch wohl ein Telefon haben.« Es lag Panik in seiner Stimme. Robert und Caroline, die sich noch immer dicht zusammen hielten, folgten ihm, versperrten ihr die Sicht auf ihn. Sie versuchte noch einmal, einen Ton von sich zu geben; ihre Kehle war
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