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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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eingesteckt und hielt mit der linken Hand den Oberarm des übriggebliebenen Helfers des Richters umklammert. Dieser starrte mit wilden Augen auf den Leichnam des Richters und auf den bewegungslosen Körper seines Kameraden. Moniwid widmete Jana keinen Blick. Er deutete mit dem Kopf auf den am Boden liegenden Schurken.
    »Was ist mit ihm?« fragte er auf Latein.
    Reckel nickte Konrad zu, und dieser bückte sich erneut und fühlte nach dem Herzschlag des Burschen. Er sah nach oben und sagte: »Er lebt. Es wird nur eine Weile dauern, bis er zu sich kommt.«
    Moniwid schien ihn verstanden zu haben. Er schob mir seinen Gefangenen zu. Er wehrte sich nicht und versuchte auch nicht zu flüchten; sein Widerstand war bis auf weiteres gebrochen.
    »Den werdet Ihr brauchen, damit er die Aussage des Richters bestätigt«, sagte er. »Ihn und seinen Kameraden.«
    Reckel sagte unvermittelt: »Wir werden nun aufbrechen. In Kürze werden die ersten Leute hier eintreffen, die der Lärm geweckt hat.«
    Konrad entgegnete: »Keine Angst, Johannes; die guten Bürger hier kümmern sich um ihre eigenen Angelegenheiten«, gerade wie er es getan hatte, als er und seine Leute mich vor der Stadtmauer überfallen hatten. Ich schüttelte meine Lähmung ab.
    »Wo wollt Ihr hin?«
    »Nach Hause.«
    »Zu Leutgebs Haus?«
    »Nein«, sagte er schlicht. »Nach Hause.«
    »Aber ... Landshut ist Euer Zuhause.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Landshut ist nur eine Erinnerung, die mir mein Leben vergiftet hat«, sagte er.
    Ich deutete auf den Leichnam des Richters und fragte: »Und Euer Geld? Wo hat er es versteckt?«
    Er hob die Schultern.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte er.
    »Er ist tot. Wie wollt Ihr es nun jemals herausfinden?«
    »Ich will es nicht mehr herausfinden«, erklärte er mit ruhiger Stimme.
    »Was!?«
    Er wischte sich die Hände an seinem Wams ab. Es dauerte einen Moment, bis er antwortete:
    »Ihr habt gehört, was der Richter gesagt hat: Es ist Blutgeld. Es hat niemandem jemals Glück gebracht: meiner Mutter nicht, Ebran nicht, dem Richter nicht. Und mir, der ich es nicht einmal besaß, hat es das Leben verdorben. Der Schatten von Gier und Niedertracht liegt darauf. Ich habe erkannt, daß ich nicht anders war als Ebran und nicht anders als Girigel. Ich schäme mich dafür. Ich will es nicht mehr haben; das ist mir heute nacht klargeworden.«
    »Euer ganzes Leben habt Ihr mit der Suche danach verbracht«, sagte ich.
    »Ich weiß. Und ich habe Gott zu danken, daß ich noch am Leben bin. Allen anderen hat es den Tod gebracht. Es soll bleiben, wo es ist – hoffentlich hundert Fuß tief in einem Brunnenschacht vergraben.«
    Ich antwortete nichts mehr darauf. Unwillkürlich sah ich auf Girigels Leiche hinab, die zusammengesunken auf dem hellen Marmorboden des Kirchenportals lag wie eine schwarze Pfütze. Konrad hatte gezielt zugeschlagen; es war kein Blut zu sehen. Als ich aufschaute, stieg Reckel bereits die Treppenstufen hinunter.
    »Bleibt hier!« rief ich. »Ich brauche Euch als Zeugen.«
    Er deutete über die Schulter zurück.
    »Ihr habt zwei Zeugen«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »Außerdem Euch selbst, die Dame und den polnischen Ritter.«
    »Reckel«, sagte ich leise. »Was habt Ihr denn nun vor?«
    Er blieb stehen und drehte sich doch um. Konrad, der ihm bereits vorausgegangen war, kehrte um und stellte sich an seine Seite. Er stieß mit dem Fuß gegen das Messer, das der eine der beiden Schurken verloren hatte, und bückte sich danach. Nach einem Augenblick des Zögerns steckte er es ein.
    Reckel sagte mit fröhlicher Stimme:
    »Ich reite nach Burghausen und befreie meine Männer und den Sohn des Apothekers.« Er faßte hinüber zu Konrad und zog etwas Zerknittertes aus dessen Wams. Er zeigte es mir. Es war der gefälschte Passierschein, den ich ihm ins Gesicht geworfen hatte. Er hatte ihn zu sich genommen und aufbewahrt. Plötzlich mußte ich lächeln.
    »Ihr habt gern eine Hintertür offen«, sagte ich. Er nickte und klopfte Konrad auf die Schulter.
    »Ich rechnete damit, daß der Richter versuchen würde, einen von uns als Geisel zu nehmen. Deshalb postierte ich Konrad schon am frühen Abend vor dem Kirchenportal, um einen Trumpf in der Hinterhand zu haben.«
    »Und das Schreiben?« fragte ich. »In ein paar Tagen wären Eure Männer von alleine freigekommen, und es besteht jetzt keine Gefahr mehr, daß sie weiter gefoltert würden. Habt Ihr mir zuletzt doch nicht vertraut?«
    »Doch«, sagte er ernst und steckte das

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