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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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gehört, nehme ich an.«
    Ich nickte wieder. Er nickte ebenfalls. Dann trat er einen Schritt auf mich zu.
    »Wenn ich der Schurke wäre, als den Euer Freund hier mich hingestellt hätte, müßte ich Euch alle drei auf der Stelle töten«, knirschte er so leise, daß nur ich es hören konnte. Er atmete so schwer, daß seine Stimme beinahe erstickte. Ich konnte sehen, daß seine Unterlippe, ja sein ganzes Gesicht vor Wut zitterte. Plötzlich schwang er seinen Stock in die Höhe.
    »Vielleicht tue ich es noch«, krächzte er.
    Seine Bewegung war ein weiteres Stichwort. Ich hörte einen lauten Aufschrei: »Nein!«, und jemand sprang hinter einem anderen Bretterstapel im Hintergrund der Kirche hervor und hastete auf uns zu. Ich fuhr herum; selbst der Richter wirbelte verblüfft um seine eigene Achse, den Stock noch immer erhoben, und verlor beinahe das Gleichgewicht.
    Moniwid fluchte laut in seiner eigenen Sprache. Ich rief: »Jana, nicht!«
    Der zweite der beiden Totschläger fing sie ohne Mühe ab und preßte ihr die Arme gegen den Leib. Sie trat um sich.
    »Ist dir etwas passiert?« rief sie mir zu.
    Ich hatte das Gefühl, als würde mir der Boden unter den Füßen weggezogen. Ich taumelte. Auf das Gesicht des Richters stahl sich ein breites Grinsen.
    »Nein«, sagte ich schwach. »Ach, Jana, warum bist du mir nachgekommen?«
    »Ich hatte das Gefühl, daß dieses eine Mal doch jemand anders auf dich aufpassen sollte«, murmelte sie. Sie trat noch einmal gegen das Schienbein des Mannes, der sie festhielt. Sie sah sich um, und ich erkannte, daß ihr die Situation klar wurde. Ihr Körper erschlaffte, ohne daß ihr Überwältiger seinen Griff gelockert hätte. Reckel betrachtete sie interessiert und richtete dann seinen Blick auf mich. Er sagte kein Wort.
    »Wenn hier noch jemand versteckt ist«, schrie der Richter plötzlich mit sich überschlagender Stimme, »soll er jetzt hervorkommen!«
    Ich dachte: Wenn jetzt auch noch Hanns Altdorfer hinter einem Haufen Steine hervorkommt, fange ich an zu lachen. Aber es regte sich niemand mehr. Altdorfer wußte von nichts und war vernünftig genug gewesen, mir nicht hinterherzuschnuppern.
    Der Richter ließ die Schultern sinken und wandte sich an mich.
    »Mir liegt nichts daran, die Hochzeit scheitern zu lassen«, sagte er ernsthaft. »Was glaubt Ihr, warum ich in jener Nacht den Kanzler wegen der Gerichtsvollmachten ansprach? Ich wußte, daß die Dokumente im Rathaus waren; ich lockte den Kämmerer in die Kirche, damit er die Leiche fand. Ich hoffte allerdings, er würde sie ohne großes Aufhebens verschwinden lassen.«
    »Dazu ist Hanns Altdorfer zu ehrlich«, sagte ich. »Aber das konntet Ihr Euch nicht vorstellen. Jetzt weiß ich auch, warum Ihr nach unserem Gespräch vor der Kirche so darauf drängtet, noch einmal in die Grube hinabzusteigen. Ihr wolltet sichergehen, daß all Eure Spuren verwischt würden. Altdorfer hat Euch dabei sogar noch geholfen.«
    »Wenn es nach mir ginge, hätte sie niemals zu sterben brauchen. Sie zwang mich dazu.« Girigel sah Moniwid an und fuhr fort: »Ihr wißt jetzt, wer es getan hat. Für Euch liegt kein Grund mehr vor, die Hochzeit zum Scheitern zu bringen; Eure Wünsche sind erfüllt worden. Ihr laßt mich und meine Begleiter ziehen. Wenn wir weit genug entfernt sind von der Stadt, lassen wir den alten Mann und die Frau frei.«
    Ich hörte mich seufzen. Vorhin, als er jammernd versucht hatte, Reckeis Verständnis für seine Tat zu erringen, hatte ihn die Schwäche übermannt; jetzt war sein Selbstbewußtsein zurückgekehrt. Ich sah zu Reckel hinüber. Er gab meinen Blick zurück. Ich wußte, was er dachte: Nun wird sich zeigen, ob sich mein Vertrauen gelohnt hat. Ich wandte die Augen ab und sah zu Jana hinüber, die meinen Blick ebenso wie Reckel schweigend erwiderte. Ich dachte an Richter Girigels Verkrüppelung. Wir konnten noch gewinnen: Moniwid war trotz seiner Verletzung ein kampferprobter Mann, und Girigel war kein Gegner. Es stand zwei gegen zwei: Girigels Totschläger gegen Moniwid und mich. Ich war mir sicher, daß ihre Loyalität zu dem Richter nur so weit reichte, wie seine Geldbörse freigiebig gewesen war; wenn wir einen überwältigten, würde der andere Reißaus nehmen. Wir konnten es schaffen; aber Reckel und Jana würden danach mit durchschnittenen Kehlen auf dem Boden liegen.
    Ich sagte: »Herr Moniwid, er hat recht. Was Ihr von uns wolltet, haben wir vollbracht. Hier steht der Mörder vor Euch und hat gestanden. Laßt ihn

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