Der Tuerke - Das Original
Fonds abgetaucht, gerät in ernsthafte Atemnot. Ihr Freund, der sich bis vor einer Minute noch köstlich auf ihre Kosten amüsierte, hat jetzt drei Handlungsalternativen:
Er verliert circa einen Liter Schweiß, seine Stimme zittert, er fährt seinen zukünftigen Schwager so schnell wie möglich nach Hause und hofft (vergebens), dass dieser die Person hinten nicht bemerkt.
Er bricht in Tränen aus, fleht um Gnade und beteuert, dass er nächste Woche seine Eltern losschicken wird, um die Heirat schnellstmöglich in die Wege zu leiten.
Er steigt sofort aus dem Auto aus und rennt so schnell er kann davon. Die Richtung ist ihm egal. Auch, dass er das Auto zurückgelassen hat. Dass er das Problem damit nicht gelöst hat, ist ihm in diesem Moment noch nicht bewusst.
Für alle Teilnehmer wäre es am besten, wenn Fall a) einträte. Aber wie gesagt, dies ist eher unwahrscheinlich. Die anderen beiden Optionen (auch beim Heiratsversprechen) laufen darauf hinaus, dass der neu zugestiegene Fahrgast seinen langjährigen Freund sofort an Ort und Stelle oder ein, zwei Stunden später verprügelt. Auch die Schwester wird nicht gerade glimpflich davonkommen. Entweder trennt sich das Paar für immer oder zwei Tage später findet die Verlobung statt.
Crashkurs: Fahren wie ein Türke
Sicher wünschen auch Sie sich, wie ein Türke fahren zu können. Das ist eigentlich gar nicht so schwer.
Setzen Sie sich ans Steuer. Krümmen Sie Ihre Halswirbelsäule so weit nach rechts, bis Ihr Kopf die linke Schulter berührt.
So! Jetzt müssen Sie genau aufpassen: Zwischen dem Lenkrad und dem Armaturenbrett ist ein Spalt – da können Sie durchgucken.
Sehen Sie! Klappt doch! Jetzt mit der linken Hand den Kopf stützen. Mit der rechten Handinnenfläche – die Finger dürfen das Lenkrad nicht berühren – lenken. Bei dem einen oder anderen Deutschen könnte es anfänglich Schwierigkeiten geben. Wenn die Handinnenfläche nicht haftet, greifen Sie am besten auf Saugnäpfe oder doppelseitige Klebebänder zurück.
Die Grillsaison ist eröffnet
Sobald die Temperatur über dem Gefrierpunkt liegt, freut sich der in Deutschland lebende Türke schon auf die Grillsaison. Und ist das Quecksilber im zweistelligen Bereich angekommen, geht es dann auch endlich los. Wenn Sie zwischen den Monaten März und Oktober während des Landeanflugs auf einen deutschen Flughafen bei einem Blick aus den Fenstern des Flugzeugs riesige Rauchwolken über der Stadt bemerken, erschrecken Sie bitte nicht. Es ist keine Raffinerie in die Luft gegangen. Auch ein Terroranschlag ist auszuschließen. Die Stadt muss nicht evakuiert werden.
Den Rauch erzeugen die Türken. Auf Balkonen, in Kleingärten und Parks, auf Weiden und Wiesen, an Seen und Stränden treffen sich türkische Familien – drei bis dreißig Personen, ausgestattet mit neuen Grillausrüstungen und mehreren Kilo Fleisch vom Rind, Lamm und Huhn – und gehen ihrer Lieblingsbeschäftigung nach. Unmengen von Brot und Salat, alle Ketchupsorten sowie türkische Musik aus den Lautsprechern des batteriebetriebenen Kassettenrekorders sind unverzichtbare Elemente der türkischen Grillorgien in Deutschland.
Für das Entfachen des Feuers sind natürlich die Männer zuständig, genauer derjenige, der an diesem Tag eingeladen hat. Nach einigen vergeblichen Versuchen, der Kopf hochrot, der Oberarm vom Wedeln mit der Pappe schmerzend, wagt er einen gequälten Blick in die Runde. Derjenige, derohnehin jedes Mal das Feuer anmacht, erlöst den erschöpften Gastgeber von seinen Qualen und sorgt schon bald (begleitet von klugen Sprüchen) für die richtige Glut. Die Männer spielen dann gerne Fußball oder Tavla (Backgammon), während die Frauen das Fleisch wenden und knusprig werden lassen.
Es gibt Türken, die jeden Tag nach Feierabend und am Wochenende sogar ganztägig auf dem Rasen vor ihrem Wohnblock sitzen und riesige Fleischteile verdrücken. Diese Plätze sind damit über die gesamte Grillsaison hinweg belegt. Wenn der Abend ausklingt, ist jeder der Meinung, er habe zu viel gegessen – eine Einsicht, die aber nicht zu einer gewissen Zurückhaltung am nächsten Tag führt. Das Grillen ist des Türken liebstes Hobby, ohne dieses wäre der Sommer nur die Hälfte wert. Vielleicht sogar noch weniger.
Nach dem dritten Tag in Folge fühlt sich der deutsche Nachbar allmählich gestört. Der Geruch, die Musik, der Lärmpegel allgemein bringen ihn auf die Palme. Er stellt den Fernseher lauter, um den türkischen Krach zu übertönen.
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