Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Turm der Könige

Der Turm der Könige

Titel: Der Turm der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nerea Riesco
Vom Netzwerk:
Entdeckung der Neuen Welt bereits in der Bibel vorhergesagt worden war. Jedes einzelne dieser Bücher barg ein Geheimnis. Oft musste Abel sich selbst daran erinnern, dass sie eigentlich den Kodex der
Siete Partidas
suchten. Wenn er diese Bücher in Händen hielt, merkte er, wie seine Gedanken abschweiften und von ihren Seiten davongetragen wurden.
    Es war Abel, der den Kodex entdeckte, als sie schon beinahe die Hoffnung aufgegeben hatten, ihn jemals zu finden. Er verbarg sich unter einem Exemplar des Stundenbuchs Isabellas der Katholischen. Auf dem Einband waren das Wappen von Kastilien und León sowie der Titel zu sehen:
Las Siete Partidas.
Als er das las, rief er nach Bruder Dámaso und Monsieur Verdoux. Sie hockten sich auf den Boden und begannen, vorsichtig zu blättern. Auf den ersten Blick schien es genau das zu sein, was sie erwarteten: eine mittelalterliche Gesetzessammlung Alfons’ des Weisen. Abel kannte sich in der Druckereigeschichte Sevillas bestens aus. Er wusste, dass es im 16. Jahrhundert in der Stadt drei Druckereien gegeben hatte, unter anderem diejenige der Familie López de Haro. In den ersten zwei Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts wurden in dieser Werkstatt über dreihundert Werke gedruckt, sowohl geistliche als auch weltliche Bücher. So gaben die Franziskaner, bevor sie zu einer Expedition in die Neue Welt aufbrachen, zweitausend Exemplare einer Fibel in Auftrag, um den Indianern das Lesen beizubringen.
    »Diese Ausgabe ist nach 1490 entstanden«, erklärte Abel. »Seht ihr die Druckermarke? Sie ist so etwas Ähnliches wie das Brandzeichen, mit dem man die Kampfstiere kennzeichnet, damit man weiß, welchem Züchter sie gehören. Jedes Buch, das in jenen Jahren die Druckerei der Familie López de Haro verließ, trug diese Vignette: ein Baum, aus dessen Stamm zwei Äste emporwachsen. An jedem Ast hängt ein Wappen mit den Initialen L und H.«
    Darunter stand ein Satz, der im Laufe der Jahrhunderte fast vollständig verblichen war.
     
    Don Manuel López de Haro, Ritter des Ordens vom heiligen Johannes von Accra und Drucker in dieser Stadt, übereignet dieses Buch der Bibliothek der Kathedrale Santa María de la Sede zu Sevilla zum Nutzen und Vorteile aller Bürger. Betet für ihn bei Gott.
     
    »Damit ist jeder Zweifel ausgeschlossen. Don Manuel López de Haro, der Mann, der dem Orden versprach, die Spielregeln an einem sicheren Ort zu verstecken, derselbe, der den Schlussstein im Gewölbe der Kathedrale anbrachte und uns damit auf die Spur dieses Buches führte, hat dieses Exemplar gedruckt und der Bibliothek geschenkt.« Monsieur Verdoux’ Augen leuchteten.
    »Kann es sein, dass sich der Kapitulationsvertrag hier befindet? Haben wir ihn endlich gefunden?«, sagte Bruder Dámaso leise.
    Sie gingen eine Seite nach der anderen durch. Der Text war zweispaltig gesetzt, in gotischen Lettern in zwei Größen und zwei verschiedenen Druckfarben: Rot und Schwarz. Es gab geprägte Kolumnentitel am Anfang jeder Seite, und am Ende jeder Seite erschien die Druckermarke. Sie bestaunten die exzellente Qualität des Papiers, das die Vernachlässigung und die Zeit relativ unbeschadet überstanden hatte.
    »Es ist wirklich wunderschön«, murmelte Abel bewundernd. Er war mit Büchern aufgewachsen und wusste sie zu schätzen. »Die Lettern sind gestochen scharf. Der regelmäßige Satz, die perfekten Initialen – ich glaube, das ist eines der besten Druckwerke des 16. Jahrhunderts.«
    Doch in der zweiten Hälfte wurde der Zerfall des Buches offensichtlich. Sie stellten fest, dass sich die Seiten durch die Feuchtigkeit gewellt hatten. Je weiter sie kamen, desto brüchiger wurden sie, bis sie irgendwann aufpassen mussten, dass sie diese nicht zerrissen, weil sie zusammenklebten. Der letzte Teil war völlig zerstört. Stockflecken und die Patina der Zeit hatten aus der letzten Lage einen kompakten schwarzen Block gemacht.
    »Ich glaube, da sieht man etwas«, sagte Abel, während er die Seiten vorsichtig voneinander trennte.
    Schließlich waren einige undeutliche Buchstaben zu erkennen. Der Satz begann mit einem K, dann kam eine unleserliche Stelle, gefolgt von »und Verpflichtungen«, um dann mit »Sevilla« zu enden.
    »Vielleicht …«, murmelte Bruder Dámaso. Er starrte angestrengt auf das Papier, während er versuchte, mit dem Zeigefinger den Schimmel zu beseitigen, der auf der Schrift lag. »Ich glaube, das erste Wort heißt ›Kapitulationsbedingungen‹.«
    »›Kapitulationsbedingungen und

Weitere Kostenlose Bücher