Der Tyrann von Hades
bläulich schimmernden Roboter an Ancors Seite gerichtet; in ihnen glitzerten zugleich Angst und Faszination. »Wie, zum Teufel, hast du es angestellt, diese Blechmonster zu zähmen?«
»Sie wurden nicht als Killer, sondern als Haushaltshilfen gebaut. Aber der Tyrann riß die Herrschaft über sie an sich, genauso, wie er die Herrschaft über die Bevölkerung der Neptun-Schale an sich riß. Jetzt deutet alles darauf hin, daß der Tyrann am Ende ist.«
»Tot?«
»Für ein Wesen wie den Tyrannen gibt es keinen Tod.« Ancor schüttelte den Kopf und beendete damit das Gespräch. Der Roboter neben ihm hob einen der verletzten Männer mit verblüffender Präzision hoch, barg ihn vorsichtig in seinen Armen und trug ihn den Gang entlang zur Rampe. Als die Maschine sich umwandte, erkannte Ancor den Mann in ihren stählernen Armen: Es war Kyns Ala, dessen Traum eines eigenen Reiches ausgeträumt war; er würde zeitlebens ein Krüppel bleiben.
Die Geretteten wurden auf der Ebene um den zerstörten Terminal gesammelt; insgesamt hatten weniger als zweihundert der Auswanderer überlebt. Irgendwie hatte es Cherry unterdessen geschafft, mit Hilfe der Shellback einige der Shuttles aus den Ruinen zu befreien. Sie würden den Überlebenden als Unterkünfte dienen, bis sie etwas Besseres finden oder bauen konnten.
Ein Suchkommando wurde gebildet, das die ehemaligen Lagerräume des Terminals durchkämmte und immerhin mit einem kleinen Vorrat an Lebensmitteln und etwas Wasser zurückkehrte. Das ermutigendste Zeichen für die Zukunft war allerdings die Ankunft neuer Roboter. Diese hatten unaufgefordert damit begonnen, die Trümmer zu beseitigen und die Toten zu begraben. Weitere Roboter betätigten sich in der Umgebung des Terminals und schienen neue Felder zu markieren und zur Aussaat vorzubereiten. Plötzlich war das Überleben der Auswanderer nicht mehr völlig unmöglich.
Dann gab es jedoch eine Panik, als die roten Hüte eines Dutzend von Bewohnern der Neptun-Schale in Luftkissenfahrzeugen in Sicht kamen. Die Auswanderer befürchteten einen neuen Angriff, und die Shellback stieg auf, um die sich rasch nähernde Karawane ins Visier zu nehmen. Die Befürchtungen stellten sich allerdings als unbegründet heraus. Die Neuankömmlinge brachten Medikamente, Verbandsmaterial, Lebensmittel und Saatgut und sorgten sich um das Überleben der Auswandererkolonie. Ancor befragte sie eingehend und kam zu dem Schluß, daß sie nicht mehr durch EGS kontrolliert wurden – auch wenn das schwer zu beweisen war, denn sie waren sich selten einer äußeren Einmischung in ihre Gefühle bewußt gewesen. Für ihre Begriffe reagierten sie auf diesen Notfall genau so, wie sie auf jeden anderen in ihrer Nachbarschaft reagiert hätten, was bewies, wie subtil der Tyrann seine Herrschaft ausgeübt hatte. Doch jetzt handelten sie aus innerem Antrieb heraus, und der einzige Unterschied war, daß sie hin und wieder über ihre Vorgehensweise uneinig waren, anstatt wie früher in perfekter Koordination vorzugehen.
Schließlich mußte die Shellback aufbrechen. Die Kolonie der Auswanderer hatte zweifellos noch viele Schwierigkeiten vor sich, aber keine von der Art, bei der ihnen die Anwesenheit eines bewaffneten Schiffes weiterhelfen würde. Cherry und Tez hatten die Region aus der Luft vermessen und eine Karte mit allen Gebirgen, Flüssen und landschaftlichen Besonderheiten angefertigt. Sobald die Kolonie expandierte, was bald geschehen würde, würde sich die Karte als nützlich erweisen. Wenn die Kolonie dem üblichen solaren Muster folgte und ihre Bevölkerung sich alle dreißig Jahre verdoppelte, würden die überlebenden zweihundert Auswanderer die mächtige Neptun-Schale in ungefähr siebzig Generationen vollständig besiedelt haben. Und falls die übrigen Bewohner der Schale jetzt ihren Trieben ebenfalls freien Lauf ließen, würde das bereits in nur dreizehn Generationen geschehen.
Beim Start der Shellback war Ancors Miene ernst. Unter dem Joch des Tyrannen war die Bevölkerungszahl der Neptun-Schale stabil geblieben, und die Menschen waren einer Lebensweise gefolgt, die für die Ewigkeit gedacht war. Jetzt, da der Tyrann abgesetzt war, würden nicht einmal vierhundert Jahre vergehen, bis die Bewohner der mächtigsten Schale Solarias wieder nach Lebensraum schreien würden. Was war, wenn der Tyrann recht gehabt hatte? Was war, wenn es sinnvoller war, das unablässige Bevölkerungswachstum zu begrenzen, als zu versuchen, immer neuen Lebensraum für die
Weitere Kostenlose Bücher