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Der Überraschungsmann

Titel: Der Überraschungsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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hatte. Ja, Volker HATTE vier Kinder von zwei Frauen – na und? Das war doch heutzutage völlig normal! Wir waren halt eine nette, große, wilde Patchworkfamilie. Klar ging es da turbulent zu!
    Fassen wir doch mal zusammen: ein toller, erfolgreicher, gut aussehender Ehemann, ein ARZT mit eigener Praxis, den jeder in der Stadt kennt und schätzt – was kann sich eine durchschnittlich begabte und durchschnittlich aussehende Frau wie ich da mehr vom Schicksal erhoffen? Auf der anderen Waagschale befanden sich eine herrische, geltungssüchtige Schwiegermutter, die ständig ihrer Operettenkarriere nachweinte. Ein arroganter, fauler Stiefsohn, der fast nie mit mir sprach. Noch ein wilder Stiefsohn, der keine Manieren hatte, aber wenigstens heimlich zu mir hielt. Eine Exfrau, die kein bisschen meine Freundin sein wollte (und ich ihre auch nicht!), mit der mich Leonore aber ständig verglich.
    Wenn es nach MIR ginge, wäre ich mit Volker und unseren beiden Töchtern vollauf zufrieden gewesen. Wir hätten es friedlich und gemütlich gehabt. Aber es mussten ja auch noch Nathan, Emil und Schwiegermonster Leonore jedes Wochenende bei uns sitzen. Und dabei von Wiebke schwärmen.
    So gesehen sehnte ich mich regelrecht nach netten Nachbarn. Was mir fehlte, war eine richtige Freundin, eine, mit der ich lästern und lachen konnte. Eine, die mal eben auf ein Schwätzchen zu mir kommt, »Hast du mal Zucker?« fragt und dann auf eine ganze Flasche Prosecco bleibt, um gemeinsam mit mir sämtliche Mitmenschen durchzuhecheln. So wie bei den Desperate Housewives .
    »Wir haben hier die älteren Rechte«, brummte Nathan, als wäre er der Hausbesitzer.
    »Aber wieso denn? Du bist doch nur am Wochenende hier!« Charlotte stemmte beide Hände in die Hüften und streckte die Brust raus.
    »Ja, kleine Prinzessin. Und du wohnst immer hier. Toll.« Emil zwickte seine Halbschwester liebevoll in ihren letzten Rest Babyspeck.
    »He! Das ist sexuelle Belästigung«, quietschte Charlotte und schlug nach ihm.
    »Also, dieses Vokabular bei Tisch!« Leonores Augen wurden schmal. »Volker, jetzt sag DU doch mal was!«
    »Kinder, BITTE .« Volker reckte misstrauisch den Hals und spähte hinüber.
    »Bestimmt blöde Spießer!« Nathan hatte sein Urteil bereits gefällt. »Wenn die nicht Bridge spielen, interessieren sie mich sowieso nicht.«
    »Boah, du Lackaffe! Andere Menschen haben auch noch eine Daseinsberechtigung!« Emil schnappte sich eine Semmel und schmierte sich fingerdick Leberwurst darauf. Ihm schien diese Unterhaltung Spaß zu machen. Mir gefiel, wie er da mit seiner Strickmütze am Tisch saß und seine Großmutter provozierte.
    »Ich finde, dass gerade Bridgespieler Spießer sind.«
    »Ach, du hast ja keine Ahnung, du Prolet! Bridgespieler sind die Denker-Elite. Bill Gates spielt leidenschaftlich Bridge!«
    »Aber zwischen dir und Bill Gates liegen Welten, Bruderherz.«
    »Kinder, BITTE !« Ich rutschte verlegen auf meinem Stuhl hin und her und sprang schließlich auf: »Volker, Liebster? Noch Kaffee?« Nicht dass mir Leonore wieder zuvorkam! Genau wie bei Hase und Igel. Eine grauenvolle Vorstellung, dass es noch einen KLON von Leonore geben könnte.
    Volker reichte mir schweigend seine Tasse. Seine Denkerstirn war in Falten gezogen. Ihm schien das mit den neuen Nachbarn ganz und gar nicht zu behagen. Die Streitereien seiner Söhne prallten völlig an ihm ab.
    »Und ich hätte gern noch Kakao«, rief Pauline.
    »Damit du noch mehr rumschlabbern kannst!«, ätzte Charlotte.
    »Barbara? Wo du gerade stehst …« Nathan reichte mir sein leeres Glas, ohne mich anzusehen. »Ist noch was frisch gepresster Orangensaft da?«
    Okay. Tief einatmen und ausatmen. Lächeln. Die Notausgänge befinden sich dort drüben und sind durch Leuchtstreifen kenntlich gemacht. Die Schwimmwesten befinden sich unter Ihrem Sitz.
    »Natürlich.« Ich eilte in die Küche und füllte die Tassen und Gläser, die man mir in Auftrag gegeben hatte. Leonore sollte keinerlei Anlass haben, sich zu beschweren. Ich WAR eine tolle Hausfrau und Mutter. Und ich OPFERTE mich auf, jawoll! Meine Karriere als Reiseleiterin HING an einem Nagel. Warum WOLLTE Leonore mich dann kein bisschen gern haben? Ich TAT doch alles für ihren einzigen Prachtsohn!
    Zum Glück waren Volkers Söhne aus erster Ehe nur am Wochenende da. Doch dann machte ich es mir zur Aufgabe, sie nach Strich und Faden zu verwöhnen. Volker hatte sich wiederholt beklagt, wie dröge und fantasielos ihre Mutter Wiebke war. An

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